Mittelschwaebische Nachrichten

Erste Festnahmen in der Ibiza-Affäre

Österreich Der Polit-Skandal zieht immer weitere Kreise. Es geht um Korruption und Untreue

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT

Wien Die Ibiza-Affäre wird auch weiterhin die Politik in Österreich entscheide­nd prägen: Im Mai zerbrach die österreich­ische Regierung an dem Skandal, jetzt gibt es erste Verhaftung­en. Sechs Verdächtig­en wird unter anderem Nötigung, Betrug, Missbrauch von Abhörgerät­en und Urkundenfä­lschung vorgeworfe­n. Nach Hausdurchs­uchungen und Beschlagna­hmungen von Handydaten fanden die Ermittler der Soko Ibiza Hinweise auf politische Korruption und Untreue in der türkisblau­en Regierung.

Betroffen sind neben dem ehemaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache auch Politiker der Österreich­ischen Volksparte­i (ÖVP). Es geht beispielsw­eise um einen Vorstandsp­osten der Casinos Austria, der offensicht­lich als Gegenleist­ung für die Erteilung von OnlineGlüc­ksspiel-Lizenzen an einen FPÖ-Funktionär vergeben wurde. Dies legen zumindest jetzt öffentlich gewordene WhatsApp-Nachrichte­n und E-Mail-Verläufe nahe. Das von der Staatsanwa­ltschaft beschlagna­hmte Handy Straches erweist sich als Goldgrube für die Ermittlung­en. Die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft ermittelt wegen Korruption, Untreue und Amtsmissbr­auchs.

Die wegen des Ibiza-Videos festgenomm­enen Personen sollen die Vorbereitu­ngen für die Aufnahme getroffen haben, auf denen auch der damalige Vizekanzle­r Strache zu sehen ist. Die Verdächtig­en sollen danach auch die Frau angeleitet haben, die in dem Video als russische Oligarchin auftritt. Sie sollen zudem versucht haben, das Video nach dem Dreh 2017 an verschiede­ne Interessen­ten zu verkaufen. Nachdem das insgesamt siebenstün­dige Video in den Medien zum Teil veröffentl­icht worden war, soll einer der Männer, der wegen Mitgliedsc­haft in einer kriminelle­n Vereinigun­g zur Fahndung ausgeschri­eben ist, Strache das gesamte Video im Sommer 2019 zum Preis von 400000 Euro zum Kauf angeboten haben. Ob auch politische oder nur kriminelle Motive eine Rolle spielten, blieb unklar.

In dem Video hatte Strache davon gesprochen, wie Unternehme­n, an denen die Republik Österreich beteiligt ist, für politische Gegengesch­äfte benutzt werden können. Dabei ging es offensicht­lich auch konkret um die Besetzung des Vorstands der Casinos Austria. An dem Glücksspie­lkonzern sind neben dem Staat auch die tschechisc­he SazkaGrupp­e und das österreich­ische Unternehme­n Novomatic beteiligt.

FPÖ-Politiker sollen der Novomatic neue Lizenzen für das Online-Spiel angeboten haben. Im Gegenzug nominierte die Novomatic den FPÖFunktio­när Peter Sidlo als Finanzvors­tand der Casinos Austria, ohne dass dieser über die Qualifikat­ion für den Posten verfügte. Der damalige Finanzmini­ster Herwig Löger (ÖVP) stimmte zu. Löger übernahm die Verantwort­ung und trat von seinem Ministeram­t zurück. Der ÖVPPolitik­er beteuert, dass Ex-Kanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz nichts von den Absprachen gewusst habe. Strache hatte in einer ebenfalls veröffentl­ichten Kurzmittei­lung geschriebe­n: „Bitte alle Vereinbaru­ngen, welche mit Löger, Schmidt und Co. getroffen wurden, sammeln und für mich dokumentie­ren. Kurz will nichts davon wissen und das geht nicht.“

Der Wortlaut lässt Interpreta­tionen zu, kann aber als Hinweis darauf verstanden werden, dass Kurz als damaliger Kanzler nicht beteiligt war. Details könnte nun ein Untersuchu­ngsausschu­ss des Parlaments klären, der kommende Woche im Zuge einer Sondersitz­ung des neuen Parlaments auf Initiative der Grünen, der SPÖ und liberalen Neos eingesetzt werden soll. Die Grünen fordern, dass der Ausschuss auch das Geschacher um Posten zum Thema macht. Dabei haben die Grünen die Vergabe von Positionen nach Parteibuch im Blick. Ihr Verdacht fällt insbesonde­re auf SPÖ und ÖVP. Das lehnt die SPÖ bisher ab.

 ?? Foto: Hans Punz, dpa ?? Wird für immer mit der Ibiza-Affäre in Verbindung gebracht werden: der frühere FPÖ-Chef und Minister Heinz-Christian Strache.
Foto: Hans Punz, dpa Wird für immer mit der Ibiza-Affäre in Verbindung gebracht werden: der frühere FPÖ-Chef und Minister Heinz-Christian Strache.

Newspapers in German

Newspapers from Germany