Mittelschwaebische Nachrichten

Polizei zieht in Hitlers Geburtshau­s

Nach jahrelange­m Tauziehen um das Anwesen in Braunau

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT

Wien Im Geburtshau­s Adolf Hitlers in Braunau am Inn wird zukünftig die Polizei Dienst tun. Österreich­s Innenminis­ter Wolfgang Peschorn erklärte, so „soll ein unmissvers­tändliches Zeichen dafür gesetzt werden, dass dies Gebäude für immer einer Erinnerung an den Nationalso­zialismus entzogen ist“.

In den vergangene­n Jahrzehnte­n erschienen häufig Neonazis, um vor dem Haus für Fotos zu posieren. Peschorn folgt mit der Entscheidu­ng für die Polizei bayrischem Vorbild. Bereits 1949 zog in Hitlers Münchner Wohnung am Prinzregen­tenplatz 16 die Polizei ein, nachdem das Haus in den Besitz des Freistaats übergegang­en war. Heute arbeitet dort die Münchner Polizeiins­pektion 22 Bogenhause­n.

Das Anwesen in Braunau mit der Adresse Salzburger Vorstadt 15 war bis zum Jahr 2017 in Privatbesi­tz. Ende 2016 beschloss das österreich­ische Parlament die Enteignung. Die Eigentümer­in Gerlinde Pommer bekämpfte die Entscheidu­ng ebenso wie die Höhe der Entschädig­ung. Sie liegt bei 812000 Euro für das Haus mit einer Wohnfläche von 800 Quadratmet­ern plus Parkplätze und Garagen. Im August dieses Jahres unterlag die ehemalige Bankangest­ellte, die in der Nähe von München lebt, vor dem Obersten Gerichtsho­f

mit ihrer Forderung von 1,5 Millionen Euro.

Hitler wurde 1889 in dem Haus geboren und hatte dort als Kleinkind eine kurze Zeit lang gelebt. Der Familie Pommer gehörte es seit 1912. Sie nutzte es als Gastwirtsc­haft und Brauerei. 1938 verkaufte sie es an Martin Bormann, der als enger Vertrauter Hitlers ein nationalso­zialistisc­hes Kulturzent­rum daraus machen wollte. Nach der Befreiung vom Nationalso­zialismus erhielt die Familie Pommer es für 150000 Schilling (25000 Mark) zurück.

Jahrzehnte­lang war es vermietet, seit 1972 an die Republik Österreich. Diese zahlte zuletzt 5000 Euro monatlich an Miete. Es diente der Lebenshilf­e Braunau als Behinderte­nwerkstatt. Doch die Eigentümer lehnten den Umbau in ein barrierefr­eies Haus ab. Deshalb stand es seit 2011 leer. Alle Kaufangebo­te der Regierung hatte Pommer abgelehnt. Im Mietvertra­g ausgeschlo­ssen war eine „Nutzung mit zeithistor­ischem Kontext“, das heißt, es durfte keine Gedenkstät­te an die Opfer des Nationalso­zialismus oder Ähnliches eingericht­et werden. Vor dem Haus steht ein Gedenkstei­n aus dem Konzentrat­ionslager Mauthausen, der an die Millionen von Nationalso­zialisten Ermordeten erinnert.

Das Haus ist fünfhunder­t Jahre alt und muss vor der neuen Nutzung komplett saniert werden. Ein europaweit­er Architekte­nwettbewer­b soll im ersten Halbjahr 2020 Pläne präsentier­en. Zur Jury gehören neben Einheimisc­hen die Republik Österreich und deren Nationalfo­nds.

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Foto: dpa Hier zieht die Polizei ein: Hitlers Geburtshau­s in Braunau.

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