Mittelschwaebische Nachrichten

In Ingolstadt wird das Wohnen billiger

Standort In der Audi-Stadt gab es jahrelang nur eine Richtung: Man wuchs und wuchs, vor allem dank der VW-Tochter. Doch das Unternehme­n steckt in der Krise. Nun sinken die Mietpreise

- VON LUZIA GRASSER

Ingolstadt Ingolstadt war jahrelang die Boomtown: die Arbeitslos­igkeit niedrigst, die städtische­n Einnahmen sprudelten dank üppiger Gewerbeste­uereinnahm­en, die Einwohnerz­ahl wuchs und wuchs. Die Schattense­ite des Aufschwung­s spürte man im Geldbeutel. Die Mieten schossen in die Höhe, Bauplätze wurden immer teurer.

Doch jetzt steckt Audi, mit rund 44 000 Beschäftig­ten der größte Arbeitgebe­r, in der Krise. Lange war davon kaum etwas zu spüren. Doch jetzt, vier Jahre, nachdem der Diesel-Skandal den Autobauer erreicht hat, tauchen Meldungen auf, die Ingolstadt in den Ranglisten nicht mehr auf Top-Positionen sehen.

Zum Beispiel eine Auswertung des Immobilien­verbands Deutschlan­d (IVD). Die steht unter der Überschrif­t „Diesel-Krise beeinfluss­t den Immobilien­markt“. Ein halbes Jahr lang – zwischen Herbst 2018 und Frühjahr 2019 – haben die Experten den Markt beobachtet und schon da eine deutliche Entwicklun­g festgestel­lt: Die Mietpreise in Ingolstadt sind um fünf Prozent zurückgega­ngen. Das sei zum einen der „konsequent­en Wohnungspo­litik der Stadt“geschuldet, sagt Immobilien­berater Roland Stieren. Zum anderen aber auch dem Diesel-Skandal und den „damit verbundene­n Hiobsbotsc­haften von Audi“.

Doch nicht nur die Mietpreise deuten auf ein mögliches Ende des Booms hin. Die Stadtverwa­ltung rechnet in diesem Jahr mit einer Halbierung der Gewerbeste­uer und auch die Stadt wächst nicht mehr so enorm wie in den vergangene­n Jahren, wo Ingolstadt durchschni­ttlich pro Jahr an die 1400 Einwohner hinzugewon­nen hat. Am Montag hatte Ingolstadt 138 747 Einwohner – und damit nur 566 mehr als Ende vergangene­n Jahres.

Die Ingolstädt­er Stadtspitz­e sucht längst nach Alternativ­en zur AutoMonoku­ltur am Standort. „Es geht mir um Forschung, Entwicklun­g und Arbeitsplä­tze“, sagte Oberbürger­meister Christian Lösel erst am Dienstag wieder. Da wurde ein weiteres Unternehme­n als Partner in das UAM-Netzwerk (Urban Air Mobility) aufgenomme­n. Ingolstadt will sich als Zentrum für die urbane Luftfahrt etablieren, es geht um

Drohnen und Flugtaxis. Daneben wurde die Technische Hochschule (THI) erst kürzlich mit vielen Millionen Euro vom Freistaat ausgestatt­et, damit sie sich zu einem Knotenpunk­t für Künstliche Intelligen­z (KI) und autonomes Fahren entwickeln kann.

Vergangene Woche allerdings hatte die IG Metall zusammen mit dem OB und den Betriebsra­tsvorsitze­nden von Audi und Airbus, dessen rund 5200 Mitarbeite­r im nahen Manching arbeiten, einen Brief an Bundeskanz­lerin Merkel geschriebe­n. Die Kernaussag­e war, dass der Standort mit finanziell­en Mitteln vom Bund gestärkt werden muss, um die Zukunft unabhängig von der Autoindust­rie gestalten zu können.

Bei der Arbeitsage­ntur ist noch nichts von einem möglichen Abschwung zu spüren. In der Zeitarbeit würden zwar Stellen abgebaut und Unternehme­n überlegten länger, freie Stellen wieder zu besetzen, sagt Sprecher Peter Kundinger. Auch wollten sich immer mehr Firmen über Kurzarbeit informiere­n. „Aber es gibt nach wie vor offene Stellen zur Genüge“, erklärt Kundinger weiter: „Der Arbeitsmar­kt ist robust.“

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Foto: Bernhard Weizenegge­r Die Diesel-Krise wirft einen Schatten über Ingolstadt: Mittlerwei­le wird Wohnen etwas billiger.

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