Mittelschwaebische Nachrichten
Negativzinsen: Neukunden ab dem ersten Euro betroffen
Geld Wer bei der Volksbank Fürstenfeldbruck ein Tagesgeldkonto eröffnet, zahlt. Was dahintersteckt
München/Berlin Die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank hat nach Einschätzung des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB) paradoxe Folgen: Banken versuchen mithilfe von Negativzinsen neue Kunden abzuwehren, die Geld anlegen wollen. GVB-Präsident Jürgen Gros nimmt seine Kollegen bei den Volks- und Raiffeisenbanken in Schutz: „Faktisch aber geht es darum, gegenüber Neukunden ein Signal zu setzen, deren Einlagen Kosten verursachen würden.“
Der aktuelle Anlass: Die Volksund Raiffeisenbank im oberbayerischen Fürstenfeldbruck hat bundesweit Schlagzeilen gemacht, weil sie seit 1. Oktober Negativzinsen auf Tagesgeldkonten neuer Kunden erhebt, und zwar vom ersten Euro an.
Nach Gros’ Angaben sollen damit keinesfalls die existierenden Kunden bestraft werden, im Gegenteil. „Unserem Kollegen in Fürstenfeldbruck ist wichtig, dass sie einen Schutz für die Bestandskunden erreichen“, sagte der GVB-Präsident.
Denn diese müssen keine Strafzinsen auf Tagesgeldkonten berappen. Üblich waren derlei Negativzinsen bisher nur bei größeren Sparguthaben über 100000 Euro, hauptsächlich bei Geschäftskunden.
Gros erläuterte den Mechanismus, der hinter den Negativzinsen steht. „Volks- und Raiffeisenbanken verzeichnen in den vergangenen Jahren ein sehr großes Einlagenwachstum“, sagte der Verbandschef. „Wir haben einen massiven Passivüberhang. Wenn eine Bank dieses Geld nicht in Krediten wieder ausreichen kann, muss sie es anlegen.“Die Anlagemöglichkeiten sind aber für Banken wegen der Niedrigzinspolitik ebenso wenig attraktiv wie für Privatkunden: „Die Anlagemöglichkeiten sind großteils negativ verzinst, ob es Staatsanleihen sind, Unternehmensanleihen oder Einlagen bei der Europäischen Zentralbank zu einem Zinssatz von minus 0,5 Prozent, wenn sie die Freibeträge überschreiten. Sie haben als Bank lediglich die Wahl zwischen negativen Rentierlichkeiten.“Und deswegen haben Banken kein Interesse an Kunden, die Einlagen bringen: „Es geht darum, Geld von Neukunden abzuwehren und ausdrücklich die Bestandskunden zu schützen.“Laut Gros sind die Fürstenfeldbrucker Volksbanker sehr wahrscheinlich nicht die Ersten, die bei neuen Tagesgeldkonten Negativzins auf kleine Guthaben verlangen: „Es gibt schon einige Banken, die das im Preis-Leistungs-Verzeichnis stehen haben.“