Mittelschwaebische Nachrichten
Handke über Serbien
Nobelpreis Erklärende Worte des kritisierten Schriftstellers vor der Verleihung
Hamburg/Stockholm Drei Wochen vor der Verleihung des Literaturnobelpreises hat sich der österreichische Schriftsteller Peter Handke, 76, ausführlich zu seiner umstrittenen proserbischen Haltung während der Kriege im ehemaligen Jugoslawien geäußert. Es sei um „Gerechtigkeit für Serbien“gegangen, sagte er gegenüber der Wochenzeitung Die Zeit. „Kein Wort von dem, was ich über Jugoslawien geschrieben habe, ist denunzierbar, kein einziges. Das ist Literatur“, so Handke.
Handke hatte sich 1996 stark mit Serbien solidarisiert und laut Kritikern die von Serben begangenen Kriegsverbrechen bagatellisiert oder geleugnet. 2006 hielt er bei der Beerdigung des 2000 gestürzten serbischen Führers Milosevic eine Rede. Jetzt erklärt Handke, die Berichterstattung über Serbien sei seinerzeit einseitig gewesen. Und er kritisiert auch das damalige deutsche Vorgehen: „Wie konnte Deutschland Kroatien, Slowenien und Bosnien-Herzegowina anerkennen, wenn auf dem Gebiet mehr als ein Drittel orthodoxe und muslimische Serben lebten? So entstand ein Bruderkrieg, und es gibt keine schlimmeren Kriege als Bruderkriege.“Handke ergänzt, er habe nie Sympathien für Milosevic geäußert: „Ich habe mich keinen Augenblick verbeugt, weder innerlich noch äußerlich.“Er habe Milosevic nur ein einziges Mal gesehen, als Gefangenen in Den Haag, wo Milosevic vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal angeklagt war. „Ich wollte ihn anhören. (…) Ich habe mir angehört, was er zu sagen hatte.“
Zur späteren Teilnahme an Milosevics Beerdigung sagt Handke: „Natürlich war ich da. Er hat bei einer der letzten Abstimmungen dafür votiert, Jugoslawien nicht aufzulösen. Sein Begräbnis war auch das Begräbnis von Jugoslawien. Hat man vergessen, dass dieser Staat gegen das Hitler-Reich gegründet worden ist?“Handke weiter: „Ich bin Jugoslawe von meiner Mutter her und vom Bruder meiner Mutter, der in Maribor studiert hatte. Der Großvater hat bei der Volksabstimmung in Kärnten für den Anschluss an Jugoslawien votiert. Jugoslawien hat für mich etwas bedeutet. Und wenn man mir jetzt mit Serbien kommt, ist man unredlich. Ich bin wegen Jugoslawien hin.“