Mittelschwaebische Nachrichten
Ein Exempel
Tipp des Tages Das Drama befasst sich mit der Ermordung eines Juden in der Schweiz
Zu den Bildern der schrecklichen Zeit des Zweiten Weltkrieges können die meisten Menschen heute nur noch über alte, unscharfe Filme und SchwarzWeiß-Fotos eine Brücke herstellen. Doch noch immer leben Menschen, die als Kind dabei waren, als Städte in Schutt und Asche verwandelt wurden, die Menschlichkeit verloren ging, jüdische Bürger verfolgt und abgeholt wurden.
Manch einen aus der Kriegsgeneration lässt die Erinnerung nie los. Wie für diese Menschen die alte und die moderne Welt verschwimmen, zeigt eindrucksvoll der Schweizer Spielfilm „Ein Jude als Exempel“, den 3sat an diesem Donnerstag um 22.25 Uhr zeigt.
Er ist die doppelbödige Verfilmung eines Romans des Schriftstellers Jacques Chessex nach wahren Begebenheiten: In der Schweizer
Kleinstadt Payerne ermorden NaziSympathisanten im Jahr 1942 einen Viehhändler – als „Geschenk“zu Hitlers 53. Geburtstag. Bruno Ganz spielt das arglose Opfer des grausigen Verbrechens in der offiziell neutralen Schweiz.
Dann jedoch macht das Drama den Sprung in die Gegenwart. In seiner zweiten Hälfte erfährt der Zuschauer, was die Veröffentlichung von Chessex’ Kindheitserlebnis 2009 in der Schweizer Öffentlichkeit und ganz konkret im Leben von Chessex angerichtet hat. Der Autor kommt in „Ein Jude als Exempel“gleich zwei Mal vor – als achtjähriges Ich (Mathias Svimbersky) und als Erfolgsschriftsteller Anfang 70 (André Wilms). Die Zeiten verschwimmen. Und plötzlich ist es der alte Mann, der den Mord im Stall beobachtet. Ein aufwühlender Film.