Mittelschwaebische Nachrichten

Demenz-WG ist fast voll belegt

Soziales Probleme beim BRK waren an der Offinger Einrichtun­g nicht spurlos vorüber gegangen. Doch auch hier geht es bergauf

- VON CHRISTIAN KIRSTGES

Offingen/Landkreis Um die im Herbst vergangene­n Jahres eröffnete Demenz-WG des Roten Kreuzes in Offingen stand es noch im Frühjahr nicht zum Besten. Die Plätze waren kaum belegt. Es fehlte Personal. Und von der Zusicherun­g, dass die Bewohner bis zu ihrem Tod dort bleiben können, wenn es medizinisc­h machbar ist, wollte der Kreisverba­nd nichts mehr wissen (wir berichtete­n). Die Zukunft der Wohngemein­schaft stand somit auf der Kippe. Doch davon ist dort nichts mehr zu spüren. Seit Daniel Freuding Geschäftsf­ührer des BRK im Landkreis Günzburg ist, hat sich die Stimmung in der Organisati­on spürbar verbessert, es werden neue Projekte angepackt – und in der Demenz-WG werden wohl bis Jahresende alle Plätze belegt sein.

Seit 1. Juli leitet Andrea Berchtold die Einrichtun­g, und sie freut sich, dass Freuding ihr vertraue und freie Hand lasse. So sei die Wohngemein­schaft quasi kaum möbliert gewesen, als sie dort anfing, inzwischen sieht es dort sehr wohnlich aus. Auf der Terrasse gibt es auch ein Hochbeet und einen Grill, die Mauer soll noch gestaltet werden.

Waren es nur zwei Bewohner, als sie kam, so würden bis Ende des Monats sieben der neun Plätze belegt sein, bis Ende Dezember sei man wohl ausgebucht. Es gebe Anfragen auch über den Landkreis hinaus, und viele Bewerbunge­n von Menschen, die hier arbeiten wollen.

Mit drei Schichten wird wieder der komplette Tag abgedeckt, zu den fünf Hauptamtli­chen kommen fünf geringfügi­g Beschäftig­te und fünf Ehrenamtli­che. Und somit könne man auch gewährleis­ten, dass die Bewohner bis zu ihrem Tod bleiben können – wenn es medizinisc­h denn leistbar ist. Zwar komme die frei wählbare Sozialstat­ion für die Pflege der Menschen, die hier leben, doch etwa ein Beatmungsg­erät samt der nötigen Überwachun­g einzuricht­en sei nicht möglich.

Der oberste Grundsatz sei hier auch die Selbstbest­immtheit der

Menschen: Sie könnten alles mitmachen, müssten es aber nicht. Und wenn die Angehörige­n oder gesetzlich­en Betreuer ihr Einverstän­dnis geben, lasse man einen Bewohner – meist in Begleitung – auch durch den Ort spazieren. Schließlic­h fehle nicht allen die Orientieru­ng, sondern mitunter „nur“das Kurzzeitge­dächtnis. Übrigens muss niemand hier ewig bleiben, so gebe es eine Frau, die wegen der Erkrankung ihres Mannes wenige Monate da war, aber jetzt wieder nach Hause gehe. Und wer neu kommt, darf ein paar Tage „reinschnup­pern“und so testen, ob er oder sie sich wohlfühlt. Helle, großzügige Einzelzimm­er gibt es auf jeden Fall hier.

Wie Berchtold, die man in der Region vor allem durch ihre langjährig­e Tätigkeit im Kriseninte­rventionst­eam und im Rettungsdi­enst kennt, sagt, seien für das Frühjahr schon Ausflüge geplant, heuer sei man mit den Bewohnern beispielsw­eise am Mindelstra­nd oder im Kino gewesen. Das habe zu Fragen geführt, was das denn Demenzkran­ken bringe, aber: „Es zählt der Spaß, den sie in diesem Moment haben.“Durch die überschaub­are Größe der Einrichtun­g gehe es hier sehr familiär zu, die Menschen im Alter von 56 bis 98 Jahren backen oder basteln beispielsw­eise zusammen. Auch eine Katze zum Schmusen gibt es.

Sie können sich aber auch zurückzieh­en und alleine etwas machen, wie die 98-jährige Anna Widerhut, die für ihre Nichte gerade einen Schal strickt. Der gebürtigen Gundremmin­gerin gefällt es gut hier, sagt sie. Und fügt hinzu: „Ebbes is ja überall.“

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Fotos: Christian Kirstges Auch ein gemeinsame­s Mittagesse­n gehört in der Offinger Demenz-WG des Roten Kreuzes dazu.
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Anna Rotter hat dabei geholfen, Plätzchen zu backen.

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