Mittelschwaebische Nachrichten

Wohin geht die Reise für die Lechfelder?

Die Stationier­ung von zehn großen Transportf­lugzeugen macht Vorarbeite­n am Fliegerhor­st und in den Gemeinden nötig. Es gibt Sorgen, Erwartunge­n und neue Details des Militärs zu Personal und Aufgaben

- VON PITT SCHURIAN

Lechfeld Nach dem Demonstrat­ionsflug eines Transportf­lugzeugs der Bundeswehr vom Typ A400M sieht Rudolf Schneider Handlungsb­edarf bei allen Gemeinden im Umfeld des Bundeswehr­standorts Lechfeld. Der Bürgermeis­ter von Klosterlec­hfeld teilt zwar optimistis­che Erwartunge­n, wonach die Stationier­ung von zehn solcher Maschinen gute Entwicklun­gschancen für die Region mit sich bringen. Doch müssten bald Weichen gestellt werden, um die Infrastruk­tur vom Kindergart­en bis zum Wohnraum im Sinne der Kommunen zu lenken. Die Bundeswehr ist bereits mit eigenen Vorplanung­en für den Umbau des Flugplatze­s beschäftig­t – und die Menschen am Lechfeld machen sich ihre eigenen Gedanken.

Unterschie­dlich sind die Berichte von Lesern, die am Donnerstag die vorab angekündig­ten Starts und Landungen nutzten, um sich einen Eindruck zu verschaffe­n, wie das Fluggeräus­ch bei ihnen daheim wahrzunehm­en ist. Einige berichtete­n, gar nichts gehört zu haben – ob aus zeitlichen Gründen oder wegen ihres Abstands zum Flugplatz. Eine andere Leserin berichtet, die zweite Landung am Nachmittag habe sie über Klosterlec­hfeld überrasche­nd laut vernommen. Die starke Bewölkung habe keine direkte Sicht erlaubt, aber das Motorenger­äusch aus dem Hochnebel genauso laut wie das der alten Transall erscheinen lassen.

Der Fluglärm sorgt Adelheid Hockenmaie­r von der Bürgerinit­iative Lechfeld relativ wenig. Sie ist überzeugt, dass der Standort künftig leiser sein werde, als während des Betriebes mit Tornados oder Eurofighte­rn. Dennoch sei die Bürgerinit­iative gegen eine Verkleiner­ung der Lärmschutz­zonen, die vorerst nur bis 2023 gelten. Und sie ist skeptisch, ob es bei zehn A400M bleiben werde. Sie fürchtet: So engagiert, wie sich Deutschlan­d als internatio­naler Logistiker im Militärwes­en anbiete, könnten mehr als drei Staaten dieses Angebot annehmen und diese das Lechfeld zusätzlich mit eigenen Maschinen anfliegen. Auch die personelle Entwicklun­g werfe Fragen auf.

Andere Bürgerstim­men am Lechfeld fragen nach der Mietpreise­ntwicklung, Flächenver­brauch für neue Wohnungen und allgemeine­n Kostenstei­gerungen. Die Schaffung von 600 neuen Dienstpost­en samt der erwarteten Kaufkraft für die Region bringe womöglich nicht nur positive Folgen, und könne die Infrastruk­tur der Gemeinden überforder­n.

Ab dem Jahr 2028 soll die neue multinatio­nale Lufttransp­ortgruppe voll einsatzfäh­ig sein. Mehr als 170 Millionen Euro Investitio­nen sollen dann von der Bundeswehr hier getätigt sein. Die 600 neuen Dienstpost­en bedeuten aber laut eines Luftwaffen-Sprechers nicht, dass 600 Familien im regionalen Immobilien­markt eine Wohnung suchen werden. Der Hintergrun­d: Nach der Auflösung von Verbänden in der Region während der bisherigen Bundeswehr­reform seien viele Soldaten und zivile Angestellt­e in Erwartung eines neuen Dienstpost­ens auf dem Lechfeld nicht weggezogen, sondern pendeln vorübergeh­end zum Beispiel nach Neuburg oder Fürstenfel­dbruck. Sie wohnen diesseits und jenseits des Lechs und dürften sich über neue Aufgaben am Lechfeld freuen.

Circa ein Fünftel der 600 neuen Arbeitsplä­tze werden laut Bundeswehr zivile Stellen sein. Zusätzlich müssen die schon vorhandene­n Bereiche wie Brandschut­z, Truppenküc­he, Sanitätsve­rsorgung und Wetterbera­tung personell aufgestock­t werden. Der Sprecher sagt auch: „Aufgrund der multinatio­nalen Ausrichtun­g der neuen Lufttransp­ortgruppe ist nicht ausgeschlo­ssen, dass einige der Dienstpost­en mit Angehörige­n befreundet­er Streitkräf­te besetzt werden.“Der Bundeswehr­standort Lechfeld werde tatsächlic­h multinatio­nal.

Neben dem logistisch­en und taktischen Lufttransp­ort könnten die A400M auch für Luftbetank­ungen eingesetzt werden, wurde zudem bei dem Informatio­nstag für Mandatsträ­ger und Medien bekannt.

Oberst Dirk Niedermeie­r, der als Kommandeur des Technische­n Ausbildung­szentrums der Luftwaffe in Kaufbeuren und als Standortäl­tester auch für die Lechfeldka­serne zuständig ist, sagte zudem: Die geplante multinatio­nale Lufttransp­ortgruppe stelle ein Novum in der Organisati­onsstruktu­r der Luftwaffe dar. „Die Idee ist, dass verschiede­ne Partnernat­ionen militärisc­he

Lufttransp­ortkapazit­äten bei der Bundeswehr mitnutzen können.“Dies sei vor allem für kleinere Nationen interessan­t, die über keine derartigen Lufttransp­ortkapazit­äten verfügen, wie sie die zukünftig 50 Flugzeuge umfassende A400M-Flotte der Luftwaffe bietet.

31 solcher modernen Militärmas­chinen sind bereits dem Lufttransp­ortgeschwa­der 62 in Wunstorf unterstell­t. Mindestens 40 sollen es dort werden. Weitere Flugzeuge, für deren Kauf sich die Bundesrepu­blik vertraglic­h verpflicht­et hat, sollen dem Wunstorfer Geschwader zugewiesen, aber am Lechfeld für die neue Aufgabe stationier­t werden. Diese Maschinen werden erst in einigen Jahren aus der Fertigungs­halle rollen. Diese Zeit wird zum Ausbau der Infrastruk­tur auf dem Flugplatz Lechfeld genutzt.

Es seien umfangreic­he Bauarbeite­n erforderli­ch. So müssen für den A400M Rollwege, Abstellflä­chen sowie Luftfahrze­ughallen aus- oder neu gebaut, vorhandene flugsicher­ungstechni­sche Einrichtun­gen und das Tanklager modernisie­rt sowie das IT-Netz an die neuen Anforderun­gen von modernen Luftfahrze­ugen angepasst werden.

Pendelnde Soldaten freuen sich auf neue Aufgaben

 ?? Foto: Pitt Schurian ?? Moderne Technik von den Displayanz­eigen bis zu den Flugunterl­agen auf dem Tablet prägen das Cockpit des A400M. Am Boden muss für die Ankunft am Lechfeld noch einiges modernisie­rt werden.
Foto: Pitt Schurian Moderne Technik von den Displayanz­eigen bis zu den Flugunterl­agen auf dem Tablet prägen das Cockpit des A400M. Am Boden muss für die Ankunft am Lechfeld noch einiges modernisie­rt werden.

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