Mittelschwaebische Nachrichten
Krieg hinter den Kulissen
Waffen Heckler & Koch hat zwar massive Probleme, doch bisher zeigten sich die Eigentümer einig. Nun kracht es heftig – und im Zentrum des Konflikts steht ein Ex-Militär
Oberndorf Ein Machtkampf bei Heckler & Koch bringt den Aufsichtsratschef, den früheren Bundeswehr-Generalinspekteur Harald Kujat, unter Druck. Wie aus der Webseite des Bundesanzeigers hervorgeht, will ein Großaktionär der Waffenschmiede den 77-Jährigen aus dem Kontrollgremium abberufen lassen. Dies soll auf einer außerordentlichen Hauptversammlung am 19. Dezember geschehen. Der entsprechende Antrag wurde gestellt von einer Firma namens „Compagnie de Developpement de L’EUA S.A.“, kurz CDE. Gründe dafür nannte der Aktionär nicht.
Heckler & Koch ist in einer kritischen Phase. Nach tiefroten Zahlen im vergangenen Jahr steuert die Firma 2019 zwar wieder einen kleinen Gewinn an, bleibt aber hoch verschuldet. Der Großaktionär CDE ist für die Öffentlichkeit bisher ein unbeschriebenes Blatt. Er hält aber mindestens fünf Prozent des Stammkapitals. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus gut informierten Kreisen erfuhr, steht der französische Investor Nicolas Walewski hinter dem Unternehmen. Er ist schon seit geraumer Zeit bei H&K involviert, lange im Einklang mit Mehrheitsaktionär Andreas Heeschen. Offenbar kam es zum Bruch der beiden – warum, ist unklar.
Möglicherweise war die Personalie Kujat dem Franzosen von Beginn an ein Dorn im Auge. Auffällig war, dass Kujat bei seiner Wahl in den Aufsichtsrat im Juli 2019 nur 94,3 Prozent JaStimmen bekam. Was nach einer satten Mehrheit klingt, ist im H&K-Universum ein Denkzettel – sonst sackt die Firma bei Hauptversammlungen Zustimmungsquoten nahe 100 Prozent ein, nur einige Friedensaktivisten mit einem MiniAnteil von 0,03 Prozent am Stammkapital stimmen stets mit Nein.
Kujat kam auf Wunsch des Mehrheitsaktionärs Heeschen in den Aufsichtsrat – die 5,7 Prozent NeinStimmen dürften ein Warnschuss gegen Heeschen gewesen sein. Dieser wiederum meldete sich kurz nach Publikation des Abwahl-Antrags zu Wort – und stärkte Kujat demonstrativ den Rücken. Ungewöhnlich scharf erklärte Heeschen: „Als Inhaber der absoluten Mehrheit der Stimmrechte halte ich dieses Vorgehen für irritierend und nicht im Sinne des Unternehmens zielführend.“Der Antrag der CDE sei „ganz offensichtlich von sachfremden Erwägungen getragen und als Angriff auf die Integrität des Unternehmens zu verstehen“.
Kujat wiederum war überrascht. Er wisse nicht, wer sich hinter der Firma CDE verberge – mit ihm habe niemand von diesem Unternehmen gesprochen, sagte er der dpa. Der pensionierte General betonte, dass er sich weiterhin für Heckler & Koch einsetzen wolle. Die Firma sei für die Sicherheit Deutschlands sehr wichtig. Der renommierte Militär war bis 2002 Generalinspekteur der Bundeswehr und danach bis 2005
Vorsitzender des Nato-Militärausschusses. Seine Ernennung zum H&K-Aufsichtsratschef werteten Branchenkenner als klugen Schachzug – Kujat könnte für die Firma ein Aushängeschild sein, vor allem auch mit Blick auf die 250 Millionen Euro schwere Ausschreibung des Bundes für ein neues Bundeswehr-Sturmgewehr. Doch nun droht der General a.D. ein Opfer in einem internen Firmen-Machtkampf zu werden.
Heeschens Position ist geschwächt: Jüngst wurde bekannt, dass der Investor die Mehrheit von H&K abgeben möchte. Laut Focus handelt es sich um ein Konglomerat aus Firmen aus verschiedenen Weltregionen, etwa von der Karibikinsel Barbados. Ob Heeschen seine Anteile verkaufen darf, wird vom Bundeswirtschaftsministerium geprüft. Auch hierbei soll Walewski eine zentrale Figur sein – ob mit der CDE oder über andere Firmen, ist offen. Kujat dürfte das Votum zu seiner Abwahl vorerst überstehen. Der interne Machtkampf bei H&K geht aber wohl gerade erst los.