Mittelschwaebische Nachrichten
Dänischer Schutzwall
Seuche Das Nachbarland im Norden hat einen Zaun errichtet, um die Afrikanische Schweinepest abzuhalten. Doch diese breitet sich womöglich nicht nur über Land aus
Flensburg/Kopenhagen Es ist ruhig an diesem trüben Vormittag an der deutsch-dänischen Grenze nahe Flensburg. Nur wenige Menschen sind an der Flensburger Förde und im angrenzenden Kollunder Wald zu sehen. Ein älterer Spaziergänger aus dem nahen dänischen Krusau ist häufig hier unterwegs. „Heute wollte ich das hier anschauen“, sagt er und weist hinter sich. Dort, wenige Meter neben dem Wanderweg, stehen Arbeiter im Wald. Sie setzen Zaunpfähle in den Waldboden – einige der letzten für Dänemarks umstrittenen Grenzzaun.
Die Dänen bauen den Zaun von der Nord- bis zur Ostsee. Er soll ein 70 Kilometer langes und 1,50 Meter hohes Bollwerk zum Schutz der heimischen Schweinezucht vor der Afrikanischen Schweinepest (ASP) werden. Am Montag werden nach zehn Monaten Bauzeit die letzten Elemente gesetzt.
Für viele in der Region ist der Zaun ein Ärgernis. „Das passt mir gar nicht“, sagt der Spaziergänger und er ist damit nicht allein. Flensburgs Stadtsprecher Clemens Teschendorf sagt: „Wir wollen den Zaun am liebsten wieder entfernt sehen.“Für einen wirksamen Schutz gegen die Schweinepest hält er ihn – wie viele andere – ohnehin nicht.
Denn: Ausgerechnet in Dänemark war man bei einer ASP-Überprüfung zuletzt sehr inkonsequent. Auf der Insel AErø knapp 50 Kilometer östlich von Flensburg wurden Ende Oktober innerhalb weniger Tage sieben tote Wildschweine angespült – normalerweise sind es nur ein oder zwei pro Jahr. Die Behörden vermuteten, dass sie aus Deutschland oder Polen stammten. Aber: Auf Afrikanische Schweinepest wurden sie gar nicht getestet. Dazu muss man wissen: Ein Fund der Schweinepest auf dänischem Boden würde einen sofortigen Exportstopp für dänische Schweineprodukte in Nicht-EU-Länder bedeuten – und die Ausfuhren haben einen Wert von rund elf Milliarden dänischen Kronen (rund 1,5 Milliarden Euro) pro Jahr. Ein sehr großer Wirtschaftsfaktor für das Nachbarland im Norden.
In Deutschland mehren sich derzeit ebenso die Sorgen um die Afrikanische Schweinepest – aber aus einer anderen Richtung. In einer polnischen Region nahe der deutschen Grenze wurde der Erreger kürzlich bei toten Wildschweinen nachgewiesen. Mittlerweile gibt es dort etwa zwei Dutzend ASP-Fälle – in Deutschland bisher noch keinen. In allen deutschen Bundesländern gilt nun erhöhte Wachsamkeit. Auch der Deutsche Jagdverband (DJV) rief zu höchster Wachsamkeit auf. „Es ist extrem wichtig, dass Landwirte, Forstwirte, Jäger und Spaziergänger verdächtige Kadaver sowie Tiere mit Blut an Haut oder Schnauze sofort melden“, betont DJV-Sprecher Torsten Reinwald.
Es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis die für Schweine meist tödlich verlaufende Krankheit auch in Deutschland ausbreche. Paradoxerweise profitiert die dänische Schweinezucht derzeit von der ASP: Weil diese auch in China ausgebrochen ist, steigen die Preise für Schweinefleisch – und damit die Nachfrage bei dänischen Produzenten. Der Virus-Erreger stellt nach Angaben des Deutschen Bauernverbandes übrigens für Menschen und andere Tiere keine Gefahr dar.