Mittelschwaebische Nachrichten
Flucht ins Museum
Australien Die Auswirkungen der Feuer-Katastrophe auf Kunst und Kultur
Canberra Die Oper in Sydney hat gerade gezeigt, wem die Australier besonders zu danken haben: Auf den berühmten Segeln leuchteten Bilder von Feuerwehrleuten. Seit Monaten wüten schwere Brände auf dem Kontinent. Auch die Kunst- und Kulturszene spürt das. In den Städten schlossen Unis, Museen und Galerien, als die Luft draußen schlecht und knapp wurde. In einem Dorf an der Südostküste ging Kunst der Ureinwohner in Flammen auf – sicher nicht der einzige Verlust für die Aborigines.
Ärger zog sich im Januar die französische Schauspielerin Isabelle Adjani zu, als sie wegen des Rauchs, der bis nach Sydney zog, ihren Auftritt beim dortigen Filmfest absagte. Festivalchef Wesley Enoch war ungehalten: Das sei „unglaublich enttäuschend“und „sehr demoralisierend“. So behandle man die Stadt nicht. Laut Sydney Morning Herald sagte Adjani aus medizinischen Gründen ab: Sie habe Atemwegsprobleme,
ihre Gesundheit würde durch eine Reise in die australische Metropole ernsthaft gefährdet. Später schob Adjani nach, dass sie aus Respekt vor den Opfern der Katastrophe abgesagt habe. Es schicke sich nicht, jetzt mit dem Flugzeug nach Australien zu fliegen und die gefilterte Kinoluft zu atmen.
Andere Sorgen hat man im Kunstzentrum des „Bundanon Trust“im australischen Busch südlich Sydney. „Bis auf Weiteres geschlossen“, heißt es auf der Homepage. Dort mussten mehr als 3800 Kunstwerke vor den Flammen gerettet werden. Zur Sammlung (Schätzwert: 27 Millionen Euro) gehören Werke führender australischer Künstler wie Arthur Boyd, Sidney Nolan, Charles Blackman. Boyd (1920 – 1999) ist in seiner Heimat als Landschaftsmaler eine Ikone. Boyd sei in Sachen Umwelt der heutigen Gesellschaft deutlich voraus gewesen. „Er wäre schockiert gewesen, die Art und Weise zu sehen, wie wir die Zeichen des Klimawandels nicht beachtet haben“, sagt die Chefin der Boyd-Stiftung, Deborah Ely.
Anfang Januar kam das Feuer so dicht an das Stiftungsgelände heran, dass über Nacht die Evakuierung begann. Eine logistische Herausforderung, die fünf Lastwagen brauchte. Mithilfe von Kunsttransport-Experten wurden die Schätze in ein Lager von Sydney gebracht. Das Gelände brannte dann nieder.
Das historische Verhältnis der Australier zu den Buschbränden war schon Gegenstand einer Ausstellung gewesen, bevor die aktuelle Katastrophe kam. „Feuer sind seit Jahrtausenden ein wichtiger Teil der australischen Geschichte“, sagt Martha Sear vom Nationalmuseum Canberra. Die Ausstellung zeigte, welche Kulturtechniken die Aborigines nutzten, sowie die Überbleibsel nach Feuern – wie geschmolzene Kaffeetassen. „Feuer war schon immer eine Quelle großer Angst, aber auch etwas, von dem die Australier wissen, dass sie damit leben müssen“, so Sear. Sie meint: Vielleicht kommen daher der Gemeinsinn und der sehr verbreitete freiwillige Einsatz bei der Feuerwehr.
So üblich die Feuer sind, diesmal sind sie laut Sear anders. In einer neuen Dauerstellung „Leben in Australien“soll es auch um den Klimawandel, Buschbrände und die Herausforderungen für Umweltschutz gehen. Die Museumsexpertin ahnt, dass sich der Lebensstil der Australier verändern könnte. Etwa beim Urlaub, wenn die Menschen im australischen Sommer über Weihnachten mit dem Auto ans Meer fahren. „Das könnte in Zukunft der gefährlichste Zeitpunkt sein.“Wie Sear erzählt, musste das Museum wegen seiner guten Filteranlagen nicht schließen, als die Luft in Canberra schlecht wurde. Viele Leute hätten dort Schutz vor der Hitze und dem Rauch gesucht. Die Besucherzahlen stiegen.