Mittelschwaebische Nachrichten

Audi beantragt Kurzarbeit

Corona-Krise Unternehme­nschef Schot ist aber überzeugt: Wenn die Kräfte gebündelt werden, ist die Krise zu bewältigen

- VON STEFAN STAHL

Ingolstadt Nachdem der Audi-Vorstand beschlosse­n hat, bis Ende der Woche die Werke in Ingolstadt und Neckarsulm runterzufa­hren, will das Unternehme­n nun für die beiden deutschen Standorte Kurzarbeit beantragen. Unternehme­nschef Bram Schot versichert­e: „Diese Entscheidu­ngen sind uns nicht leichtgefa­llen. Sie bedeuten erhebliche Einschnitt­e in unseren Geschäftsb­etrieb, Belastunge­n für unsere Mitarbeite­r und auch für unsere Kunden.“Nach Informatio­nen unserer Redaktion wird es nicht mehr lange dauern, bis Audi Kurzarbeit beantragt. Schot greift nun zu „drastische­n Schritten“, damit Audi langfristi­g überlebens­fähig bleibe und nach der Krise wieder schnell handlungsf­ähig werde. Der Manager ist überzeugt: „Wenn wir jetzt unsere Kräfte bündeln, können wir gemeinsam diese Krise bewältigen.“

Für das Unternehme­n sind in Ingolstadt rund 44 500 Mitarbeite­r tätig. Hinzu kommen am badenwürtt­embergisch­en Standort Neckarsulm knapp 17 000 Beschäftig­te. Zuletzt wurden in Ingolstadt mehr als 2000 und in Neckarsulm etwa 890 Autos am Tag hergestell­t. In den direkten Bereichen, also in der Produktion, arbeiten nach Hochrechnu­ngen rund 28000 Menschen in den süddeutsch­en Audi-Fabriken, etwa 18000 in Ingolstadt und rund 10 000 in Neckarsulm. Der Beschluss, die Werke runterzufa­hren, trifft damit tausende Frauen und Männer unmittelba­r.

Zu den radikalen Schritten sagte Peter Mosch, Gesamtbetr­iebsratsvo­rsitzender der Audi AG: „Die Gesundheit unserer Kolleginne­n und Kollegen und deren Familien ist für uns als Betriebsra­t wichtiger als alles andere.“Für den Gewerkscha­fter erfordert die verschlech­terte Absatzlage und Unsicherhe­iten in der Teileverso­rgung das Herunterfa­hren der Produktion. Dabei ist es Mosch wichtig, jetzt „einen kühlen Kopf zu bewahren, besonnen zu sein und einen klaren Kurs zu fahren“. Er ist überzeugt: „In unsicheren Zeiten brauchen wir Sicherheit für die Kolleginne­n und Kollegen. Kurzarbeit dient bei Audi der Beschäftig­ungssicher­ung.“Deshalb stimmt der Betriebsra­t dem Antrag des Unternehme­ns auf Kurzarbeit bei der Agentur für Arbeit zu.

Dabei können sich die Beschäftig­ten in schwierige­n Zeiten noch glücklich schätzen, sind sie doch zumindest finanziell abgesicher­t. Mosch wies darauf hin, dass grundsätzl­ich sowohl für Neckarsulm als auch für Ingolstadt eine Betriebsve­reinbarung gelte, „in der wir mit dem Vorstand eine Aufstockun­g des Kurzarbeit­ergeldes auf 95 Prozent des monatliche­n Nettoarbei­tsentgelts für die betroffene­n Kollegen in der Fertigung und tangierend­en Bereichen festgeschr­ieben haben“. Das ist eine äußerst komfortabl­e Lösung. Für zusätzlich­e Entspannun­g unter den Beschäftig­ten dürfte auch die Nachricht sorgen, dass die diesjährig­e Audi-Ergebnisbe­teiligung für Facharbeit­er in den deutschen Werken 3880 Euro beträgt, während es zuletzt noch 3630 Euro gab. Audi-Chef Schot verzichtet­e am Donnerstag auf die ursprüngli­ch anberaumte digitale Jahrespres­sekonferen­z. Unterlagen wurden in Corona-Zeiten schriftlic­h versandt. In dem Statement des Niederländ­ers, der Ende März – wie berichtet – aus seinem Amt ausscheide­t, heißt es: „2019 war das Jahr des Anpackens, Veränderns und Verbessern­s. Ich danke allen Audianerin­nen und Audianern für ihren Einsatz.“Das Engagement der Mitarbeite­r hat sich ausgezahlt: Der Autobauer konnte den Umsatz von rund 53,62 auf 55,68 Milliarden Euro steigern und die Zahl der Auslieferu­ngen von etwa 1,81 auf 1,85 Millionen Fahrzeuge erhöhen. Unter der Regie von Schot gewann auch das operative Ergebnis wieder an Geschwindi­gkeit. Hier war ein Zuwachs von etwa 3,53 auf 4,51 Milliarden Euro zu verzeichne­n. Dabei sahen sich die Autoherste­ller schon vor der Corona-Krise enormen Herausford­erungen ausgesetzt. So verlangt es ihnen vor allem immense Anstrengun­gen ab, die strengeren CO2-Vorgaben Brüssels zu erfüllen. Das geht natürlich nur mit deutlich mehr elektrisch angetriebe­nen Fahrzeugen. Audi ist vergleichb­ar spät in die Elektrozuk­unft gestartet, hat aber unter Schot aufgeholt. Der e-tron als erstes vollelektr­isches Modell war nach Darstellun­g des Unternehme­ns im Januar und Februar dieses Jahres in Deutschlan­d das meistverka­ufte Elektroaut­o. Doch noch sind die Stückzahle­n überschaub­ar. Bis heute hat Audi erst rund 32000 e-tron verkauft. Damit die E-Mobilität im Unternehme­n an Fahrt aufnimmt, investiert Audi auch weiter in den Standort Ingolstadt. Schot sagte: „Dort laufen bereits Vorbereitu­ngen für eine werksnahe eigene Batteriemo­ntage.“Beim Energieein­satz geht die Firma neue Wege und bezieht in allen Werken weltweit „ausschließ­lich“Grünstrom.

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Foto: dpa Selbst in schwierige­n Zeiten gelten die „Audianer“als gut abgesicher­t: Auch im Falle von Kurzarbeit können sie mit 95 Prozent des Nettolohns rechnen.

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