Mittelschwaebische Nachrichten
Spanier stinksauer auf Altkönig
Nur Corona-Krise verhindert Staatsaffäre
Madrid Erst gab es am Mittwochabend an Fenstern und von Balkonen minutenlangen Applaus für das medizinische Personal, das in Spaniens Krankenhäusern gegen das Coronavirus kämpft. Dann, eine Stunde später, als König Felipe, 52, sich mit einer TV-Ansprache zur Virus-Krise an die Nation wandte, folgte eine lautstarke Unmutsbekundung: Mit Töpfen, Pfannen und Kochlöffeln veranstalteten hunderttausende Menschen in vielen Städten ein Lärmkonzert und protestierten gegen einen neuen Korruptionsskandal, in dessen Mittelpunkt Felipes Vater Juan Carlos, 82, steht.
Das Vermögen, das Altkönig Juan Carlos auf Schweizer Konten versteckt habe, solle er den Krankenhäusern spenden, heißt es in einer öffentlichen Petition auf der Internetplattform Change.org. Mehr als 200000 Menschen unterschrieben bereits.
Die in ganz Spanien geltende Ausgangssperre verhinderte vermutlich, dass der Protest nicht in Großkundgebungen auf der Straße mündete. So wie 2014, nach der Abdankung von Juan Carlos, als in vielen Städten Zehntausende gegen die Monarchie protestierten. Damals standen Juan Carlos’ Tochter Cristina und ihr inzwischen verurteilter Ehemann im Mittelpunkt einer Affäre, in der es um die Erschleichung von Millionensummen ging.
Nun steht Juan Carlos selbst unter Verdacht, Schmiergelder kassiert und diese auf Schweizer Konten verborgen zu haben. Dieser Vorwurf kommt einem Erdbeben gleich, das alle bisherigen Krisen des Königshauses in den Schatten stellt. Nur die weltweite Virus-Krise sorgte bisher dafür, dass der tiefe Fall von Juan Carlos, der nach der Franco-Diktatur als Vater der spanischen Demokratie gefeiert worden war, noch keine größere Staatskrise heraufbeschwor.
Staatsanwälte in der Schweiz und in Spanien ermitteln derzeit wegen des Verdachts der Korruption. Dabei geht es vor allem um 100 Millionen US-Dollar, die 2008 aus SaudiArabien auf Juan Carlos’ Schweizer Konten landeten. Möglicherweise, um ihn dafür zu belohnen, dass er ein milliardenschweres Eisenbahngeschäft mit einem spanischen Konsortium vermittelte. Bald könnte noch mehr herauskommen. Denn Juan Carlos’ jahrelange Geliebte Corinna zu Sayn-Wittgenstein, aus deren Umfeld immer neue Details lanciert werden, hat offenbar brisante Dokumente, die sie zurückhält. Wie lange noch, ist die Frage?
Auch auf König Felipe fallen Schatten: Als er vergangenes Wochenende öffentlich verkündete, dass er wegen der zweifelhaften Herkunft des väterlichen Vermögens auf alle Erbansprüche verzichte, rutschte ihm ein peinliches Geständnis heraus: Er wusste bereits seit einem Jahr von den geheimen Schweizer Konten. Doch erst, als die Medien dieser Tage über die königliche Schwarzgeldkasse im Ausland berichteten, vollzog er den Bruch mit seinem Vater.