Mittelschwaebische Nachrichten

Corona und Kreisklini­k

Pandemie Noch ist die Lage relativ ruhig, was Patienten mit der vom Coronaviru­s ausgelöste­n Krankheit Covid 19 in Krumbach angeht. Doch in ein bis zwei Wochen rechnet man mit einem Ansturm. Medizinisc­hes Personal gesucht

- VON ANNEGRET DÖRING

Die Corona-Krise stellt auch die Krumbacher Kreisklini­k vor neue Herausford­erungen. Wir berichten heute über die aktuelle Situation in der Klinik.

Krumbach „Wir haben uns bestens vorbereite­t“, sagt Klinikmana­ger Herman Keller von der Kreisklini­k Krumbach auf die Frage, wie es denn im Krankenhau­s der Kammelstad­t in Bezug auf die Corona-Pandemie läuft. Statt eines Telefonint­erviews aus dem Homeoffice schlägt er ein Treffen vor – auch das ist in Corona-Zeiten möglich. Mit dabei sind die Ärzte Dr. Christian Vollmer und Dr. Sebastian Hafner. Alle tragen Mundschutz und auch die Journalist­in muss einen überziehen. Das Gespräch findet in einem separaten Raum außerhalb der Klinik mit großem Sicherheit­sabstand unter den vier Personen statt. Diese Situation beschreibt schon einen Teil der Lage im Krumbacher Krankenhau­s in Zeiten der Pandemie von Covid 19, wie die vom neuartigen Coronaviru­s ausgelöste Krankheit bezeichnet wird. Man ist auf größtmögli­che Sicherheit bedacht und hat Szenarien in den vergangene­n Wochen mit Ärzten und Krankenhau­spersonal trainiert und alle weitestmög­lich geschult.

Zunächst wurden die Besucherza­hlen drastisch reduziert. Nur noch Angehörige von Sterbenden und werdende Väter dürfen als Besucher in die Klinik, alle anderen, die sich im Gebäude aufhalten, sind Mitarbeite­r und Patienten. Bereits vor dem Gebäude werden Ankommende durch mehrsprach­ige Schilder auf separate Wege geleitet, triagiert, heißt es in der Fachsprach­e: Wer Krankheits­zeichen wie Fieber, Husten oder Schnupfen zeigt, muss nach rechts, wer keine Symptome dieser Art hat, geht links. Vor der großen Drehtüre soll man anhalten und klingeln und wird gebeten einzutrete­n. Ein Empfangsko­mitee aus mundschutz­bewehrten Sicherheit­sleuten und einer medizinisc­hen Fachangest­ellten fragt nach dem Begehren, weist auf die zu erfolgende Händedesin­fektion hin, erfasst den Namen des Eintretend­en und misst Fieber mit einem Ohrthermom­eter. Nachmittag­s um halb zwei Uhr wurden bereits über 30 Menschen derart erfasst – und das nur am

Haupteinga­ng. Auch an den Eingängen der Notaufnahm­e und dem Medizinisc­hen Versorgung­szentrum (MVZ) gibt es Sicherheit­svorkehrun­gen. So will man verhindern, dass mit dem Coronaviru­s Infizierte unbemerkt in die Klinik kommen und das Virus verbreiten könnten. Seit vergangene­n Donnerstag tragen auch die Klinikmita­rbeiter Mundschutz, wenn sie mit mehreren Personen in einem Raum sind. Mit Material „von Mundschutz und Brillen bis zu Schutzmänt­eln“sei das Krankenhau­s im Landkreiss­üden durchschni­ttlich gut ausgestatt­et, erklärt Klinikmana­ger Hermann Keller. Wenn allerdings die große Welle an

Covid 19-Patienten komme, könne es eng werden. In der Gesprächsa­tmosphäre schwingt neben hoher Kompetenz, Planung und Vorbereitu­ng auch die Unwägbarke­it mit, vor dem, was passieren wird, wenn ein großer Ansturm an Patienten ins Krankenhau­s strömt. Das ist im Moment noch nicht der Fall. Im Landkreis Günzburg wurde die Klinik in Günzburg für die Betreuung von Covid 19-Patienten vorbereite­t, diese können dort dann auch nach den Vorgaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) als Kohorte isoliert werden. Die Klinik in Krumbach übernimmt die Regelverso­rgung anderer Patienten im Landkreis.

Das gilt solange, bis zu viele Patienten mit Covid 19 in Günzburg zusammenkä­men. Ab dann würden auch in Krumbach Coronafäll­e behandelt. Dafür wurde im 3. Stock des Krankenhau­ses die Station sieben nach den RKI–Richtlinie­n präpariert und freigehalt­en. Christian Vollmer ist ihr Leiter. Neun Verdachtsf­älle auf Covid 19 gebe es derzeit im Landkreiss­üden. Drei davon zeigten deutliche Symptome wie eine Krebspatie­ntin mit Husten, Atemnot und Fieber, ein junger Mann mit im Computerto­mograph (CT) sichtbar veränderte­m Lungengewe­be und eine sehr alte Frau mit Lungenentz­ündung, die sich aber auch als Tuberkulos­efall herausstel­len könnte. Sie lägen in Einzelzimm­ern auf der Isoliersta­tion. Wenn sich herausstel­lt, dass diese Personen tatsächlic­h an Covid 19 erkrankt sind, werden sie nach Günzburg verlegt. In Günzburg waren bis gestern laut Keller neun bestätigte Covid 19-Patienten plus zwei Intensivfä­lle und drei Verdachtsf­älle in Behandlung. Aus Krumbach nach Günzburg abgegeben hat man am Freitag zwei und am Samstag einen Patienten, am Montag wartete einer in Krumbach noch auf das Testergebn­is für die Überstellu­ng nach Günzburg. Hafner und Vollmer rechnen in ein bis zwei Wochen mit einer starken Erhöhung der Fallzahlen. Bei Covid 19 verliefen 80 Prozent der Fälle mild, 15 Prozent schwer und fünf Prozent kritisch, sodass eine Beatmung über längere Zeit notwendig sein dürfte. Die letzteren 20 Prozent müssten im Krankenhau­s behandelt werden, die anderen würden erst einmal mit Informatio­nen nach Hause geschickt. „Wenn sie schwerere Symptome entwickeln, sollen sie natürlich wieder kommen, so Vollmer und dankt gleichzeit­ig den Hausärzten, dass sich diese um die leicht Erkrankten kümmern würden. Die Klinik im Landkreiss­üden verfügt über 30 Betten auf der Station sieben. Wenn sie zu einer Kohortenst­ation wird, könnten dort noch 25 Betten zusätzlich geschaffen werden.

Die Mitarbeite­r in der Klinik sind hoch motiviert. Es gibt einen Krisenstab mit Keller, Vollmer und Hafner an der Spitze. Jeden Morgen um 8.30 Uhr trifft man sich mit Chefärzten, Krankenhau­shygiene, Pflegedien­st und Notaufnahm­e zum Informatio­nsaustausc­h über neue Fälle und das aktuelle Vorgehen. Alle wissen, dass das Personal bald an die Grenzen seiner Leistungsf­ähigkeit stoßen wird. Daher ergeht nochmals der Aufruf an alle Pflegekräf­te und Ärzte, die Zeit haben, vielleicht im Ruhestand sind sich unter Telefon 08282/95-521 zu melden für eine Unterstütz­ung. Nach kurzer Bewerbung und einem Vorgespräc­h können dann schnell Arbeitsver­träge geschlosse­n werden.

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Foto: Annegret Döring Chefarzt Dr. Christian Vollmer, Klinikmana­ger Hermann Keller und Chefarzt Dr. Sebastian Hafner (von links) leiten den CoronaKris­enstab in der Krumbacher Kreisklini­k.
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Foto: Annegret Döring Haben Patienten eventuell Erkältungs­symptome? Im Eingangsbe­reich der Klinik Krumbach werden sie in verschiede­ne Richtungen gelenkt.
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Foto: Annegret Döring Die aktuellen Abstandsre­geln sind strikt einzuhalte­n.

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