Mittelschwaebische Nachrichten
Tonne raus und Bühne frei
Es ist wieder so weit: Die Müllabfuhr kommt. Eine willkommene Gelegenheit, trotz Ausgangsbeschränkung, wieder mal rauszugehen. Doch halt, der Auftritt will gut vorbereitet sein. Was soll ich tragen, wenn die Nachbarn, die ja auch auf Abwechslung in Corona-Zeiten aus sind, von allen Seiten zusehen. Ganz ohne Vorhang auf: Die Bühne ist für mich eröffnet. Trage ich das kleine Schwarze mit der schlichten Perlenkette und den Lackstilettos? Lieber nicht. Neben der Mülltonne gäbe das zu wenig Kontrast her. Also lieber zu Weiß greifen, das sich farblich gut absetzt? Hm ... . Fürs Strandkleid ist es noch etwas zu kühl. Eine Glitzerstola würde gegen die Kälte helfen, doch die Gefahr, dass sie von den Schultern rutscht und sich in den Rädchen der rollenden Mülltonne verwickelt, bis ich die Strecke aus der Hofeinfahrt bis zum Straßenrand geschafft habe, ist zu groß. Aus dem gleichen Grund kann ich auch die schwarz-rote Federboa vergessen, die garantiert die Blicke auf sich ziehen würde. Außerdem ist Fasching ja noch nicht so lange vorbei. Das Ballett-Tütü wäre spektakulär, doch die Speckröllchen sprengen inzwischen das lange nicht mehr genutzte Kleidungsstück. Ich hab’s: Die Festival-Klamotten sind gerade recht. Die Lederkluft mit Hose und Jacke ist zwar schwarz wie die Tonne, aber warm genug. Und die unzähligen glänzenden Nieten sorgen dann doch für Kontrast zum Müllgefäß. Und damit es auch kein Nachbar verpasst, nehme ich die drahtlose Boombox mit und lasse Hard-Rock laufen. Also schnell umziehen und für die nächste Leerung nehme ich dann das Bauchtanzkostüm mit dem klirrenden Münzgürtel. In der Boom-Box wird es dann ein Trommelsolo gegeben. Ach und dann kommen ja noch die Leerungen der gelben Verpackungsmülltonne und die der blauen Altpapiertonne. Da tun sich dann diverse Möglichkeiten von Komplementärfarbenoutfits auf. Herrliche Modeaussichten und der Kleiderschrank wird mal wieder von oben bis unten durchwühlt. Also dann: Los geht’s – Bühne frei!