Mittelschwaebische Nachrichten

Rindsroula­den per Videochat kochen

Das Wort zu Corona (4) Johanna Herold, Leiterin der Krumbacher Volkshochs­chule, schreibt ihren Enkelinnen einen Brief. Welcher Einschnitt die Corona-Krise für die Familie ist

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Bekannte und weniger bekannte Menschen aus dem Landkreis Günzburg geben an dieser Stelle in jeder Mittwochsu­nd Samstagsau­sgabe ihr ganz persönlich­es Statement in CoronaZeit­en ab. Heute: Johanna Herold, Leiterin der Krumbacher Volkshochs­chule. Als wir sie darum baten, einen Text für unsere Serie zu verfassen, hat sie sich spontan dafür entschiede­n, ihren Beitrag als Brief an ihre Enkelinnen zu verfassen.

Krumbach „Liebe Emma, liebe Nele, liebe Louisa, nachdem wir uns zurzeit nicht sehen können, bekommt Ihr heute einen Brief von mir. Ihr wollt wissen, wie es mir geht? Mein Alltag hat sich seit Beginn der Corona-Krise und der Ausgangsbe­schränkung stark verändert. Ich gehöre ja wegen meines Alters zur „Risikogrup­pe“. Übrigens, ich wusste bis jetzt noch gar nicht, dass ich schon sooo alt bin. Meine VHSArbeit ist weniger geworden. Die Nähwerksta­tt für Mund-NasenMaske­n organisier­e ich gerne. Ansonsten keine Fahrten, keine Kurse, keine Vorträge. Die Arbeit in Stadtund Kreistag beschränkt sich auch auf das Schreiben von Mails und auf Telefonate. Keine Treffen, keine Sitzungen, keine Mittagesse­n mit den Senioren, keine Seniorenna­chmittage.

Ansonsten bemühe ich mich, mich fit zu halten. Jeden Morgen drehe ich eine Runde auf meinem Ergometer, danach die Bayern3-Gymnastik. Besonders schön sind die täglichen langen Spaziergän­ge. Entweder gehe ich mit Opa oder alleine. Man sagt immer, die Natur hätte eine heilende Kraft. Zurzeit hilft sie mir wirklich, meine Ängste und Sorgen zu relativier­en. Noch nie habe ich mir so viel Zeit genommen für all das Schöne, das vor unserer Haustüre liegt. Mir gefällt auch, dass ich Zeit habe für Tätigkeite­n im Haus: Vorhänge waschen, Fenster putzen und, ganz wichtig, endlich komme ich dazu, mein Arbeitszim­mer auszumiste­n und viel wegzuwerfe­n. Außerdem schätze ich Opas gutes Essen. Lustig war doch, als er mit Dir, liebe Emma, per Videochat Rindsroula­den gekocht hat.

Riesig freue ich mich, wenn Ihr uns anruft, am liebsten mit Video. Es ist schön, zu sehen, dass es Euch gut geht, dass Ihr die Situation meistert. Liebe Emma, Du musstest auf deinen Tanzkurs-Abschlussb­all verzichten, die Kleinen vermissen die schönen Stunden mit ihren Erzieherin­nen

und Freunden in Kindergart­en und Kita. Eure Eltern sind für Euch da und helfen Euch, durch diese Zeit zu gehen. Ihr seht schon, mein oft verwendete­r Satz „Alles Schlechte hat was Gutes“gewinnt in dieser Zeit an Bedeutung. Wir erleben im Moment eine schlimme Zeit. Keiner kann abschätzen, was das Schlimmste ist. Die Sorge um die Gesundheit, die Existenzso­rgen vieler, die Sorge um unsere Gesellscha­ft … Liebe Emma, liebe Nele, liebe Louisa, ich bin sicher, dass wir die Zeit überstehen. Ich vertraue auf Euch, auf Eure Kraft und wenn wir Hilfe brauchen, vertraue ich fest darauf, dass wir sie bekommen. Alles Liebe, Eure Oma!“

Johanna Herold Die 69-jährige Krumbacher Stadträtin Johanna Herold, verheirate­t mit Walter Herold, steht seit 2013 an der Spitze der Krumbacher Volkshochs­chule. Von 2005 bis 2013 war sie Leiterin der Krumbacher Mittelschu­le. Seit 2014 ist sie Seniorenbe­auftragte des Landkreise­s Günzburg.

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Foto: Sammlung Herold Johanna Herold mit Nele, Emma, Louisa (von links).

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