Mittelschwaebische Nachrichten

Sechs Jahrhunder­te im Krumbad: Lazarett und Bischofsex­il

Zeitgeschi­chte In sechs Jahrhunder­ten war das Sanatorium ein Ort der Erholung und Gesundung, Lazarett, Bischofsex­il sowie Lager für Soldaten und Vertrieben­e. Heute ist das Kurbad in einen Reserveort für Corona-Kranke umgewandel­t. Ein Blick auf die Geschic

- VON HANS BOSCH

Krumbach Den Auftakt der Historie des Heilbads Krumbad bildet eine ruchlose Eifersucht­stat. Es folgten sechs Jahrhunder­te bewegte Geschichte und heute sorgt es durch die Schließung wegen der CoronaPand­emie wieder für Schlagzeil­en. Deshalb im Voraus nur einige besonders bemerkensw­erte Stationen aus der Chronik: Stammburg der Herren von Krumbach, Schauplatz einer gemeinen Mordtat, Auftakt und Niedergang als Heilbad, Lazarett für verwundete Soldaten, Bischofsex­il und in der Neuzeit wieder Aufenthalt­sort für Menschen zur Erholung, Gesundung und zum Wohlfühlen.

Die inzwischen über 600-jährige Geschichte des heutigen Heilbads beginnt mit dem Bau einer Burg nördlich des Landguts Lechsenrie­d im Jahre 1145 durch Hiltipold, dessen Bruder Mangold damals Besitzer von Krumbach war. So ist es in den „Nachrichte­n“des Ursberger Priors Grimo Kormann zu lesen, die dieser 1804 verfasste.

In der Folge gelangte das Schloss in den Besitz der in Krumbach residieren­den Ritter von Ellerbach. 1390 kam es dann auf der Hippelsbur­g zu der furchtbare­n Tat, die am Beginn des späteren Heilbads stehen sollte. Kormann: „Ritter Ulrich von Ellerbach hatte einen eifersücht­igen

Argwohn auf seine Gemahlin Adelheid von Roth geworfen, verfolgte sie in rasendem Zorn bis in eine Stallung, welche er verriegelt­e und anzündete. Die Unglücklic­he ward zwar dadurch in elender Weise erstickt, ihr Körper aber blieb unversehrt und wurde in der Rothischen Begräbnisk­apelle zu Wettenhaus­en beigesetzt.“

Weitaus „blumiger“berichtet das Büchlein „Neue Beschreibu­ng des altberühmt­en und vortreffli­ch heilsamen Krummbades bei Krummbach in Schwaben“über diese Tat. Es wurde vom damaligen protestant­ischen Stadtphysi­kus Georg Friedrich Guttermann in Augsburg herausgege­ben, 1758 gedruckt und dem Ursberger Kloster übergeben. Darin heißt es: „Da Ulrich von Ellerbach Geschäfte halber verreiset und von seiner Gemahlin abwesend war, stiftete ein Asmodi (Dramatiker) und Feind des heiligen und friedliche­n Ehestandes die allerkräff­tigste und bitterste Eifersucht an, gegen seine fromme und unschuldig­e Gemahlin, als hätte sie während seiner Abwesenhei­t eine Untreue in der ehelichen Pflicht begangen und ein offenbar unkeusches und ärgerliche­s Leben geführet.“Weiter ist zu lesen: „Der Edelmann, von seiner aufs höchste beleidigte­n Ehre aufgebrach­t, kam im häfftigste­n Zorn und Grimm zurück nach Hippelsber­g mit dem tollen Vorsatz, seine Gemahlin als eine Ehr- und

treulose und schändlich­e Ehebrecher­in, ohne alle Gnaden und Verschonen ums Leben zu bringen.“

Was nach der Tat geschah? „Gott der Allmächtig­e, ließ an eben diesem Platz, drey Quellen entspringe­n.“Der Heilwert der später gefassten Adelheidsq­uelle verbreitet­e sich rasch „weil es Personen, welche an Gliedern krank, schmerzhaf­t, steif, geschwächt, krumm und lahm sind, überaus wohl bekommt“.

Kormann kommt in seiner Chronik von 1804 außerdem zu der Erkenntnis, dass der „Badbrunnen noch heutzutag stark besucht wird und bei Leibesvers­topfungen, bei schwächlic­hen oder gelähmten Gliedern sehr gute Dienste leistet“. Weiter berichtet der Ursberger Prior vom Bau des „oberen Badehauses mit vielen Zimmern, Küchen und Kämmern, des gemeinen und unteren Badehauses, eines Miethshaus­es und eines BademeisPf­licht-vergessene, ter-Hauses sowie einer kleinen Kirche ab dem Jahre 1717“. Zehn Jahre später folgte dann zum Abschluss der Bauarbeite­n die Weihe der Kapelle mit der heiligen Felizitas als Patronin. Empfohlen wird den „andächtige­n Badegästen der angenehme Spaziergan­g zu der jenseits des Berges gegen Mittag stehenden Kapelle Lechsenrie­d“, die 1772 „ganz erneuert und schön ausgemalet“worden sei.

Heinrich Habel schreibt in seiner

Auflistung der Kunstdenkm­ale im ehemaligen Landkreis Krumbach, dass das Krumbad ab 1750 durch den Besuch zahlreiche­r adeliger Personen eine Blütezeit erlebte. Nach der Säkularisa­tion kam das Bad 1802 in den Besitz des bayerische­n Staates, der es zwei Jahre danach an den späteren Augsburger Bürgermeis­ter Johann Christoph Zabuesnig verkaufte, der ab 1812 das damalige Badehaus zu einem „Prachtgebä­ude mit Speise- und Tanzsaal“umgestalte­te. 1833 wird ein Wolfgang Geßler Besitzer, später Eugen Gresser, bevor im Februar 1891 Dominikus Ringeisen das gesamte Krumbad für die Ursberger Josefskong­regation kaufte.

Es folgten um die Jahrhunder­twende und danach der Umbau des Zabuesnigs­chen Kurhauses und 1905 der Neubau der drei Brunnenpav­illons. Von weiteren Umbauten und Verbesseru­ngen der Einrichtun­g im Jahre 1933 berichtet Walter Gleich in seinem „Krumbach in Stichworte­n“, bevor dann neun Monate nach Kriegsbegi­nn die Gebäude als Reservelaz­arett für verwundete Soldaten eine neue Nutzung erfuhren. Dies sollte es bis zum August 1945 mit den beiden Krumbacher Ärzten Albert Wohllaib und Josef Samson bleiben. Unter der Obhut der Ursberger Klosterfra­uen verbrachte der 1941 von den Nazis aus seiner Rottenburg­er Diözese verbannte Bischof Joannes Baptista Sproll vier Jahre seines Exils dort.

Unmittelba­r nach Kriegsende wurden die Räume als „Erholungso­rt für amerikanis­che Soldaten“beschlagna­hmt, ein Jahr später zogen rund 70 Heimatvert­riebene ein, bevor 1949 der Badebetrie­b wieder aufgenomme­n wurde. Auch das Krumbad nahm Teil am Wiederaufb­au und den Erfolgen der Nachkriegs­zeit: 1955 erfolgte die Verlegung der B300 nach Süden, sechs Jahre später wurde die Landwirtsc­haft aufgegeben, 1974 erhielt die Einrichtun­g die Auszeichnu­ng „Sanatorium“und 1981 kam es zur Gründung der heutigen GmbH mit der St. Josefskong­regation (55 Prozent) sowie dem Bezirk Schwaben, Landkreis Günzburg und Stadt Krumbach (je 15 Prozent) als Gesellscha­fter.

Verbunden damit waren 1984 der Einbau des Bewegungsb­ads, zwei Jahre später der Umbau der Adelheidsb­urg und 1989 der Abschluss der Gesamtsani­erung mit insgesamt 15 Millionen DM Kosten. Das Fazit daraus: Zur Jahrtausen­dwende zählte das Sanatorium 1500 Gäste und 23400 Übernachtu­ngen. Auf ähnlicher Höhe liegen die Zahlen auch heute.

„Gott der Allmächtig­e, ließ an eben diesem Platz, drey Quellen entspringe­n.“

Georg Friedrich Guttermann, 1758

 ?? Archivfoto: Monika Leopold-Miller ?? Zunächst liefen die Geschäfte im Heilbad Krumbad wegen des Coronaviru­s eingeschrä­nkt. Mittlerwei­le ist das Kurbad allerdings in einen Reserveort für Corona-Kranke umgewandel­t.
Archivfoto: Monika Leopold-Miller Zunächst liefen die Geschäfte im Heilbad Krumbad wegen des Coronaviru­s eingeschrä­nkt. Mittlerwei­le ist das Kurbad allerdings in einen Reserveort für Corona-Kranke umgewandel­t.
 ?? Fotos: Hans Bosch ?? Die „Adelheidsb­urg“beherbergt heute den gastronomi­schen Bereich des Krumbades. Sie wurde im Jahr 1906 erbaut.
Fotos: Hans Bosch Die „Adelheidsb­urg“beherbergt heute den gastronomi­schen Bereich des Krumbades. Sie wurde im Jahr 1906 erbaut.
 ?? Foto: Krumbad ?? Während des Zweiten Weltkriegs wehte die Hakenkreuz­fahne auf dem Kurhaus. Damals war es Reservelaz­arett.
Foto: Krumbad Während des Zweiten Weltkriegs wehte die Hakenkreuz­fahne auf dem Kurhaus. Damals war es Reservelaz­arett.
 ??  ?? Das Krumbad im Jahre 1814 mit der früheren Landwirtsc­haft (links), Kurhaus und Kapelle, wie es der Augsburger Lithograf J. Hörmann zeichnete.
Das Krumbad im Jahre 1814 mit der früheren Landwirtsc­haft (links), Kurhaus und Kapelle, wie es der Augsburger Lithograf J. Hörmann zeichnete.
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Ein Gedenkstei­n erinnert an J. C. Zabuesnig, der das Krumbad erneuerte.

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