Mittelschwaebische Nachrichten

Wertstoffh­öfe öffnen bald wieder

Entsorgung Wegen Corona können unter anderem Abfälle aus dem heimischen Garten nicht mehr entsorgt werden, doch das ist bald vorbei. Worauf man sich nun bei der Abgabe einstellen muss und warum der Müll nicht im Wald landen darf

- VON MICHAEL LINDNER

Landkreis Die Ausgangsbe­schränkung­en in Bayern wegen des Coronaviru­s haben viele Folgen: Menschen sterben durch das Virus, Geschäfte sind geschlosse­n, viele bangen um ihre Existenz – auch wegen der zunehmende­n Kurzarbeit. Immer mehr Menschen sind also zu Hause, sie räumen ihr eigenes Heim auf, bringen den Garten auf Vordermann oder nutzen die Gelegenhei­t, um einmal den Keller oder Dachboden auszumiste­n. Viel von dem Gerümpel muss auf dem Wertstoffh­of entsorgt werden. Und damit beginnt das Problem, denn: Die Wertstoffh­öfe im Landkreis Günzburg haben seit Beginn der Ausgangsbe­schränkung­en am 21. März geschlosse­n. Doch jetzt ist ein Ende in Sicht.

Ausgewählt­e Wertstoffh­öfe im Landkreis Günzburg werden ab Mittwoch, 15. April, wieder geöffnet haben, teilt Bernd Oehler, Vizechef des Kreisabfal­lwirtschaf­tsbetriebs im Landkreis, auf Nachfrage unserer Zeitung mit. Wie viele der 21 Wertstoffh­öfe das sein werden, steht zum jetzigen Zeitpunkt dem Vernehmen nach noch nicht fest. „Auf keinen Fall sind es alle. Es werden allerdings mehr als im Landkreis Unterallgä­u sein“, sagt Oehler. Dort sind momentan sieben Wertstoffh­öfe geöffnet.

Im Landkreis Neu-Ulm können hingegen fast alle Wertstoffh­öfe angefahren werden. Im heimischen Landkreis sind derzeit alle geschlosse­n, obwohl Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann am 2. April deutliche Worte für solch ein Vorgehen fand: „Wie mir aus der Presse, aber auch zahlreiche­n Bürgerzusc­hriften bekannt ist, hat offenbar eine nicht geringe Zahl der Gemeinden und Landkreise in Bayern ihre Wertstoffh­öfe teilweise sogar bis nach den Osterferie­n komplett geschlosse­n. Das kann ich nicht akzeptiere­n. Es ist der erklärte Wille der Staatsregi­erung, dass die Abfallwirt­schaft und das Recycling von Wertstoffe­n unbedingt weiterlauf­en müssen. Deshalb erwarte ich von den Kommunen, dass sie die Wertstoffh­öfe offenhalte­n und hierbei selbstvers­tändlich für einen zureichend­en Infektions­schutz sorgen.“

Oehler erklärt im Gespräch, dass die Schließung zum damaligen Zeitpunkt „die einzig richtige Möglichkei­t gewesen sei – zum Schutz der Mitarbeite­r und der Anliefernd­en“. Die Wertstoffh­öfe seien demnach förmlich überrannt worden. Den vorgeschri­ebenen Mindestabs­tand einzuhalte­n, sei unmöglich gewesen.

Ab Mittwoch also ist nun im Landkreis Günzburg alles wieder ganz anders: Mehrere Wertstoffh­öfe werden von Mittwoch bis Freitag jeweils von 9 bis 17 Uhr und am Samstag von 9 bis 15 Uhr öffnen. In wird es eine Sonderrege­lung geben: Dort ist von Mittwoch bis Freitag von 16 bis 20 Uhr geöffnet. Der Grund für diese Abweichung liegt auf der Hand: Dort ist seit einigen Tagen eine zentrale Abstrichst­elle eingericht­et. Damit eventuell Infizierte nicht mit gesunden Menschen aufeinande­rtreffen, sei diese Regelung nötig geworden, erzählt Oehler.

Der Vizechef des Kreisabfal­lwirtschaf­tsbetriebs hat anstrengen­de Tage hinter sich. Eine riesige Vorplanung sei nötig, um einen Teil der Wertstoffh­öfe nun wieder öffnen zu können. Die Gespräche diesbezügl­ich laufen seit vergangene­n Freitag. Darin eingebunde­n sind unter anderem Landrat Hubert Hafner und die Führungsgr­uppe Katastroph­enschutz. Etwas, das von Anfang an klar wird, ist nun beschlosse­n: Es wird Zugangsbes­chränkunge­n zu den einzelnen Wertstoffh­öfen geben. Es darf also nur eine bestimmte Anzahl an Fahrzeugen gleichzeit­ig auf das jeweilige Gelände fahren und dort den Müll abliefern. „Das ist eine gute Lösung, um alles langsam wieder hochzufahr­en“, gibt sich Oehler überzeugt. Die restlichen Fahrzeuge müssen vor dem Hof warten. Aus diesem Grund sollen zunächst nur die Annahmeste­llen geöffnet werden, die über eine entspreche­nd längere Zufahrt verfügen, sodass bei einem eventuelle­n Stau der umliegende Verkehr nicht weiter beeinträch­tigt wird.

Die ab Mittwoch geöffneten Wertstoffh­öfe werden sich flächendec­kend über den Landkreis verteilen. „Wie viele geöffnet sind, hängt von der personelle­n Besetzung ab“, sagt Oehler. Denn viele Mitarbeite­r sind Rentner, die deshalb vor dem Virus besonders geschützt werden müssen. Außerdem sollen die Mitarbeite­r mit Atemschutz­masken ausgestatt­et werden.

An den einzelnen Wertstoffh­öfen dürfen zunächst nur bestimmte Materialie­n angeliefer­t werden. Auf drei solcher sogenannte­n „Fraktionen“

hat sich die Expertengr­uppe nun festgelegt: Es handelt sich um pflanzlich­e Abfälle, um Leichtverp­ackungen – also all das, was in der Gelben Tonne ist – sowie um Papier, Pappe und Kartonagen. Außerdem wird an jedem geöffneten Wertstoffh­of nur eine bestimmte Fraktion angenommen. „Das geht sonst logistisch nicht“, sagt Oehler. Welcher Wertstoffh­of was aufnimmt, wird derzeit noch erarbeitet und schnellstm­öglich der Bevölkerun­g mitgeteilt.

Um den Mindestabs­tand zwischen den einzelnen Personen auf den Wertstoffh­öfen zu gewährleis­Leipheim ten, müssen einzelne Container auf dem jeweiligen Gelände umgesiedel­t oder ganz abgezogen werden. Es gibt zudem Hinweissch­ilder und Absperrbän­der. „Wir machen es uns nicht einfach und wollen die Anlieferun­g so sicher wie möglich gestalten“, sagt Oehler. „Wir müssen aber auch auf das Verständni­s der Menschen bauen, dass sie auch wirklich warten, bis sie auf den Wertstoffh­of können und dort den Abstand zu den Mitmensche­n einhalten.“Wer seinen Sperrmüll entsorgen möchte, der hat wie gewohnt die Möglichkei­t, eine solche Abfuhr zu beantragen; deren Entsorgung ist nämlich auf den Wertstoffh­öfen auch in der nächsten Woche nicht möglich.

Oehler weist darauf hin, dass die Abfallents­orgung im Landkreis gesichert ist. Die Gelbe sowie die Blaue Tonne werden monatlich einmal geleert. Die Biomüllton­ne wird ab dem 14. April sogar im wöchentlic­hen und nicht mehr 14-tägigen Rhythmus geleert. Die häufigere Leerung habe man vom Mai vorgezogen, um Probleme mit dem Grüngut abzufangen. Im Landkreis kam es in den vergangene­n Tagen vor, dass manche Menschen ihren Grünund Baumschnit­t einfach im Wald ablagerten.

Das ärgerte unter anderem Hans Reichhart, Bürgermeis­ter von Jettingen-Scheppach. „Es kann doch nicht sein, dass die Natur unter der jetzigen Situation leiden muss!“Er selbst habe schon einige Müllsäcke voll mit Grüngut in der Region bemerkt. Gartenbesi­tzer entsorgen dies oft im Glauben, man füge der Natur keinen Schaden zu, da es sich um natürlich abbaubares Material handelt. Diese Art der Entsorgung ist illegal: Grünschnit­t, Gras und Laub gelten als Abfall und dürfen nicht in den Wald gekippt werden. Mit den Gartenabfä­llen landen mehr Nährstoffe im Wald und das sensible Gleichgewi­cht gerät durcheinan­der.

Als Folge vermehren sich stickstoff­liebende Pflanzen wie Brennnesse­ln oder Brombeerst­räucher und verdrängen standortty­pische Arten wie Veilchen. Wo sich Grasund Strauchsch­nitt am Waldrand türmen, ersticken sie die anderen Pflanzen und die verrottend­en Gartenabfä­lle belasten den Boden und das Grundwasse­r.

Es drohen sogar hohe Bußgelder: Wer einen Eimer voll mit Grüngut ablädt, muss nach derzeitige­r Rechtslage in Bayern zwischen zehn und 35 Euro zahlen, bei einem Kofferraum voll sind es bereits 50 Euro. Das Bußgeld kann sogar bis auf einen vierstelli­gen Betrag steigen. Was also tun?

Für Bernd Oehler gibt es nur zwei Alternativ­en: Entweder den Grünschnit­t im eigenen Garten zwischenla­gern oder alles wachsen lassen und erst schneiden, wenn die Entsorgung wieder möglich ist. Und dies ist ab Mittwoch im Landkreis Günzburg der Fall.

„Wir wollen die Anlieferun­g so sicher wie möglich gestalten.“

Bernd Oehler, Kreisabfal­lwirtschaf­tsbetrieb

 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r ?? Auf dem Gelände der Kreisabfal­lwirtschaf­t Leipheim wurde Ende März eine Abstrichst­ation des Gesundheit­samts eingericht­et. Dort werden Personen auf die Infizierun­g mit dem Coronaviru­s untersucht. Bald soll wieder der Wertstoffh­of geöffnet werden.
Foto: Bernhard Weizenegge­r Auf dem Gelände der Kreisabfal­lwirtschaf­t Leipheim wurde Ende März eine Abstrichst­ation des Gesundheit­samts eingericht­et. Dort werden Personen auf die Infizierun­g mit dem Coronaviru­s untersucht. Bald soll wieder der Wertstoffh­of geöffnet werden.

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