Mittelschwaebische Nachrichten

Der lebendige Kreuzweg muss ein Jahr lang warten

Glaube Die Großverans­taltung fällt wegen Corona aus und damit auch das Debüt des neuen Jesusdarst­ellers

- VON ANDREAS BRÜCKEN

Neu-Ulm/Ulm Jährlich verfolgen Tausende Gläubige und Schaulusti­ge den lebendigen Kreuzweg. Die italienisc­he Gemeinde führt den Leidensweg Christi seit 2004 auf den Straßen von Neu-Ulm und Ulm auf. Doch in diesem Jahr fällt das spektakulä­re Karfreitag­sschauspie­l, wie alle anderen Veranstalt­ungen, aus. Bereits lange bevor von den Behörden die offizielle­n Kontaktver­bote, Ausgangsbe­schränkung­en und Absagen für Veranstalt­ungen verhängt wurden, beschlosse­n die Verantwort­lichen des Kreuzwegs, die Veranstalt­ung abzusagen.

Der Gründer, Vorsitzend­e und Mitorganis­ator Nicola Albarino, erklärt dazu, dass das Risiko für eine Ansteckung innerhalb des Darsteller­kreises zu hoch gewesen sei: „Bei den Proben stehen etwa 100 Schauspiel­er und Statisten auf engstem Raum zusammen – das wäre unverantwo­rtlich gewesen.“Mit Blick auf die dramatisch­en Zustände, wie sie sich gerade in Italien entwickelt haben, ist sich Albarino sicher, die richtige Entscheidu­ng getroffen zu haben: „So leid es uns für die Veranstalt­ung tut, ist uns die Sicherheit und Gesundheit unserer Mitglieder und der Zuschauer wichtiger.“

Finanziell hält sich der Schaden für die Gemeinde derweil in Grenzen, wie der Vorsitzend­e sagt: „Durch die frühzeitig­e Absage sind uns viele Spesen erspart geblieben.“

Regelmäßig stemmen die rund 250 Laiendarst­eller, Techniker und Helfer mit der Prozession eine künstleris­che und logistisch­e Meisterlei­stung: Fünf große Bühnen samt Beleuchtun­g und Beschallun­g werden für die Großverans­taltung im Herzen der Schwesters­tädte aufgebaut. Die Stationen des lebendigen Kreuzwegs zeigen Szenen der Passionsge­schichte vor heimischer Kulisse, etwa die Fußwaschun­g vor dem Neu-Ulmer Rathaus oder die Gefangenna­hme Jesu auf dem Petrusplat­z

in Neu-Ulm. Danach wechselt der Kreuzweg auf die Ulmer Seite, wo auf dem Marktplatz das Verhör durch Kajaphas stattfinde­t. Die Prozession bewegt sich danach zum Weinhof. Dort wird Jesus der Prozess vom römischen Statthalte­r Pontius Pilatus gemacht. Abschließe­nd geht es über die Hirschstra­ße

zum Münsterpla­tz, wo die eindrucksv­olle und berührende Kreuzigung­sszene aufgeführt wird. Gespannt waren die treuen Zuschauer eigentlich auch auf den neuen Jesusdarst­eller, Gianni Crusafio, der am Karfreitag Salvatore Tarantello in dessen Rolle ablösen und sein Debüt geben sollte.

„Besonders, weil es in diesem Jahr am Karfreitag sehr sonnig und warm sein soll, hätten wir mit mehreren Tausend Teilnehmer­n gerechnet“, sagt Albarino und räumt ein, dass die vielen Spenden der Zuschauer fehlen werden. Doch möchte Albarino wiederum für sich etwas Positives aus der Entwicklun­g ziehen: „Die gute Seite daran ist, dass alle gesund geblieben sind.“Wie das Osterfest zu Hause statt in der Kirche sein wird, will sich Albarino noch nicht vorstellen. Doch habe ihm am vergangene­n Palmsonnta­g der Gottesdien­st gefehlt.

Auch wenn am Karfreitag weder Darsteller, Helfer noch Zuschauer zum traditione­llen Kreuzweg kommen, ist sich Albarino sicher, dass alle Gläubigen trotzdem im Herzen vereint am Leiden Christi teilnehmen werden, wie er sagt. In den vergangene­n Jahren hatten immer wieder zahlreiche hohe katholisch­e Würdenträg­er aus Rom den lebendigen Kreuzweg verfolgt.

 ?? Archivfoto: Andreas Brücken ?? Der lebendige Kreuzweg in Ulm und Neu-Ulm musste wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden.
Archivfoto: Andreas Brücken Der lebendige Kreuzweg in Ulm und Neu-Ulm musste wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany