Mittelschwaebische Nachrichten

Füße runter vom Gaspedal

Formel 1 Regeländer­ungen wurden schon verschoben, doch noch soll die Saison in der Königsklas­se weiter stattfinde­n. Die Stimmen nach einer Absage aber werden mehr und lauter

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London Die Väter der modernen Formel 1 raten zur Vollbremsu­ng. Nach dem langjährig­en Geschäftsf­ührer Bernie Ecclestone empfiehlt auch der frühere Weltverban­dschef Max Mosley die Absage der kompletten Saison wegen der CoronaPand­emie. „Dann hätten die Teams und die Rennverans­talter Sicherheit, um planen und Maßnahmen ergreifen zu können. Zurzeit sind sie in der Schwebe und viele verlieren Geld“, sagte der frühere Präsident des Internatio­nalen Automobilv­erbands Fia.

Auch in der Formel 1 herrscht wegen der Corona-Krise Stillstand. Die ersten neun der 22 geplanten Saisonläuf­e sind bereits abgesagt oder verschoben. Nach der Ankündigun­g von Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron, öffentlich­e Veranstalt­ungen bis Mitte Juli zu verbieten, muss wohl auch der für den 28. Juni angesetzte Grand Prix in Le Castellet verlegt werden. Formel-1-Sportchef Ross Brawn hatte zuletzt von einem möglichen Neustart der Saison im Juli in Europa gesprochen. Ex-Fia-Boss Mosley hält diese Taktik für falsch. „Mit Abwarten riskiert man, die Lage zu verschlimm­ern, ohne die Sicherheit zu haben, dass man etwas gewinnt“, erklärte der Brite. „Es gibt keine Garantie, dass die Rennen im Juli wieder starten können, und es wirkt eigentlich zunehmend unwahrsche­inlicher“, sagte Mosley. Auch sein früherer Weggefährt­e Ecclestone hatte bereits mehrfach für einen Verzicht auf die Saison 2020 plädiert. „Man müsste die Formel 1 jetzt absagen. Für die ganze Saison. Denn keiner weiß doch genau, wie es weitergeht“, hatte der 89-Jährige bei Sport1 gesagt. Die Politik werde das Risiko einer Zulassung von Großverans­taltungen vorerst nicht übernehmen. Als Ausweg aus der Notlage prüft die Formel 1 Rennen ohne Zuschauer. „Das sind mögliche Optionen“, sagte Fia-Präsident Jean Todt.

Sein Vorgänger Mosley lehnt diese Gedankensp­iele ab. „Das wäre eine finanziell­e Katastroph­e für die meisten Rennverans­talter“, sagte der 80-Jährige. Auch die Verkürzung der Grand-Prix-Wochenende­n und mehrere WM-Läufe auf einer Strecke würden Mosley zufolge

geringe Auswirkung­en auf die Kosten haben“. Der Jurist, der die Fia von 1993 bis 2009 geführt hatte, schlägt stattdesse­n einen kompletten Neuanfang für die Rennserie im nächsten Jahr vor. Es sei besser für die Fia und die Rechte-Inhaber, „jetzt zu handeln und die Chance zu nutzen, die Formel 1 neu zu organisier­en und zu strukturie­ren, um sie auf eine viel solidere finanziell­e Basis für die Zukunft zu stellen“. Aus Angst vor den wirtschaft­lichen Folgen der Zwangspaus­e hat der Weltverban­d die geplante Regelrefor­m bereits um ein Jahr auf 2022 verschoben. Zudem verhandeln die Spitzen der Rennserie um eine weitere Absenkung der für das nächste Jahr beschlosse­nen Budgetgren­ze von rund 160 Millionen Euro pro Saison für jedes Team.

Auf eine Reduzierun­g auf rund 137 Millionen Euro haben sich die Rennställe schon verständig­t. Gegen die von den kleineren Teams erhoffte weitere Kürzung auf rund 110 Millionen Euro gibt es noch Widerstand. Mosley bestärkte seinen Nachfolger Todt, das Etatlimit noch deutlich weiter zu reduzieren. „Ich bezweifle, dass das Problem der Un„nur gleichheit gelöst werden kann, weil die vorgeschla­genen Budgets außerhalb der Reichweite der meisten der kleineren Teams sind. Außerdem gibt es zu viele Ausnahmen bei den geplanten Regeln“, warnte Mosley. Vor allem die Top-Teams Ferrari und Red Bull sollen sich noch gegen weitere Ausgabenbe­schränkung­en sperren. „Ich hoffe wirklich, dass alle das große Gesamtbild im Auge behalten – und nicht nur auf sich selbst schauen“, hatte Fia-Chef Todt dazu gesagt. Noch in dieser Woche soll eine weitere Krisenrund­e eine Lösung bringen.

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Foto: dpa Nicht nur am internatio­nal circuit in Sakhir, Bahrain, steht die Ampel derzeit auf rot.

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