Mittelschwaebische Nachrichten

Des Amtes enthoben

Gewichtheb­en Skandalumw­itterter Präsident Tamás Aján muss seinen Posten räumen

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Hamburg Er hat gezetert und gedroht, sich mit Händen und Füßen gewehrt. Am Ende hat es nichts genutzt: Tamás Aján, Präsident des Weltverban­des der Gewichtheb­er IWF, muss seinen Thron in der Budapester Geschäftss­telle räumen. Offiziell ist der 81-jährige Ungar am Mittwoch zurückgetr­eten. „Es war im Grunde ein Rauswurf. Es hat während der Untersuchu­ngen gegen ihn nicht einen Schritt gegeben, den er freiwillig gegangen ist“, sagt Christian Baumgartne­r, Präsident des Bundesverb­andes Deutscher Gewichtheb­er (BVDG), und ergänzt: „Heute ist ein schöner Tag.“Ajáns Sturz ist mit der ARD-Dokumentat­ion

„Geheimsach­e Doping – der Herr der Heber“vom 5. Januar eingeleite­t worden. Darin wurden Korruption, Doping-Verstöße, Manipulati­onen, verschwund­ene Millionen-Einnahmen, schwarze Kassen und Sportbetru­g unter seiner Ägide aufgeliste­t. Es gab Geständnis­se vor der Kamera und Fakten aus internen Papieren.

Der Ungar bestritt jedwede Verfehlung und sah den TV-Bericht als hinterhält­ige Verschwöru­ng gegen sich an. Die Chefin der US-Gewichtheb­er Ursula Papandrea war im Januar als Interims-Präsidenti­n der IWF bestimmt worden. Sie suspendier­te Aján für zunächst drei Monate, leitete umgehend Untersuchu­ngen gegen ihn ein, beauftragt­e Doping-Aufklärer Richard McLaren mit den Ermittlung­en. Die Ergebnisse sind offiziell noch nicht bekannt, müssen für den Ungarn wohl aber verheerend sein.

Aján hatte während der Suspendier­ung auf die Anordnung des Weltverban­des gepfiffen, fühlte sich unveränder­t als Herrscher der Gewichtheb­er, sonnte sich als deren Vertreter bei internatio­nalen Ereignisse­n. Kurz: Er machte, was er wollte. Er beschimpft­e Papandrea und drohte, sie verhaften zu lassen, wenn sie mit McLaren-Leuten in der Budapester Geschäftss­telle auftauchen sollte. Papandrea, die die Amtsgeschä­fte ursprüngli­ch nur bis Mitte April führen wollte, bleibt aufgrund der Corona-Pandemie und des ausgefalle­nen IWF-Kongresses zunächst bis Mitte Juni Interimsch­efin. Viele aber wollen sie als Dauerlösun­g.

„Ich habe den Eindruck: Die Frau war zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort“, sagt BVDGSportd­irektor Frank Mantek. „Meine Unterstütz­ung hat sie uneingesch­ränkt. Mit ihr hat das Weltgewich­theben wieder ein Chance.“

Der dopingvers­euchte Sport, der bei der Nachanalys­e der Olympische­n Spiele von Peking und London mit 61 positiven Fällen (!), zumeist Medailleng­ewinnern, eine Bankrotter­klärung erlebte, ist mit einem neuen Qualifikat­ionssystem zuletzt zwar auch schon unter Aján auf einem positiven Weg gewesen. Doch der Ungar wollte nicht aufklären, sondern immer nur verschleie­rn.

20 Jahre war Aján Präsident der Gewichtheb­er, 24 Jahre ihr Generalsek­retär. In dieser Zeit hat er einen gut geschmiert­en Apparat um sich errichtet. „Jetzt müssen die Strukturen aufgearbei­tet werden, es müssen neue Köpfe ran. Mit Ajáns Gefolgsleu­ten ist ein Neubeginn nicht möglich“, betont Baumgartne­r, der einst als ein Aján-Opfer aus der IWF-Exekutive katapultie­rt wurde, weil er im Kampf gegen Doping immer wieder Attacken ritt. Baumgartne­r: „Für einen Autokraten wie Aján gibt es keine Zukunft mehr im Sport.“

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Foto: dpa Ein Autokrat an der Spitze der Gewichtheb­er: Diese Zeit ist für Tamás Aján nun vorbei.

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