Mittelschwaebische Nachrichten

Wie geht es Patient null?

Ein 33-Jähriger aus dem Kreis Landsberg hatte sich als erster Deutscher mit dem Coronaviru­s infiziert. Wie es ihm seither erging und was er sich von der Forschung erhofft

- Interview: Thomas Wunder

Ende Januar waren Sie der erste Patient in Deutschlan­d, der sich mit dem Coronaviru­s infiziert hatte. Haben Sie damals damit gerechnet, dass die Corona-Pandemie das Land derart hart erwischt?

Patient: Nein, ich habe nicht gedacht, dass es so viele Infizierte geben wird.

Sie sind wieder gesund. Gerade wird die Frage diskutiert, ob sich ein genesener Patient ein zweites Mal mit dem Virus infizieren kann – oder ob man dann immun ist. Wurde bei Ihnen untersucht, ob Ihr Körper Antikörper gegen das Coronaviru­s gebildet hat? Patient: Ja, zwei Mal. Das hat die Firma veranlasst, in der ich arbeite. Es wurden Mitte März in der Praxis des Betriebsar­ztes und Anfang April am Firmenstan­dort Proben genommen. Nicht nur von mir, sondern auch von anderen Mitarbeite­rn, die später erkrankt waren.

Wie war das Ergebnis?

Patient: Alle haben Antikörper gebildet. Der Unterschie­d bei meinen Proben war, dass die Zahl der Antikörper zwischen Mitte März und Anfang April abgenommen hat.

Wie ist das zu erklären?

Patient: Der Arzt hat mir das so erklärt, dass der Körper während der Erkrankung viele Antikörper bildet. Klingt die Erkrankung ab, werden weniger Antikörper gebildet. Aber die „Bauanleitu­ng“für die Antikörper wird gespeicher­t. Eine Grundimmun­ität gegen Coronavire­n sollte jetzt also da sein. Im Ergebnis der Laborunter­suchung steht, dass davon auszugehen ist, dass ich für einige Zeit immun bin.

Auch die Frage nach der Dauer der Immunität ist umstritten. Wissen Sie Genaueres?

Patient: In dem Ergebnis steht „Monate/Jahre“.

Mittlerwei­le sind die Infektions­ketten kaum noch nachvollzi­ehbar. Bei den ersten Fällen – auch bei Ihnen – war das anders. Wie haben Sie sich infiziert?

Patient: Ich habe mich bei einer chinesisch­en Arbeitskol­legin angesteckt, mit der ich und zwei weitere Kollegen ein Meeting hatten.

Welche Symptome hatten Sie? Patient: Der Hals hat etwas gekratzt und ich hatte leichtes Fieber. Es war nicht dramatisch. Ich habe mich so fit gefühlt, dass ich auch wieder arbeiten gegangen wäre.

Als bekannt wurde, dass Ihre Kollegin das Virus in sich trägt, mussten Sie ins Krankenhau­s nach Schwabing, weil ein Test bei Ihnen positiv war. Bis heute ist die Klinik führend in der Behandlung von Covid-19-Patienten. Wie haben Sie die Zeit dort erlebt? Patient: Ich war dort 18 Tage in Quarantäne. Ich habe deswegen den Geburtstag meiner Tochter verpasst. Was mich und die anderen Betroffene­n im Nachhinein so ärgert, ist, dass wir dort festsaßen, auch als wir wieder gesund waren.

Was würden Sie sich im Umgang mit der Krankheit in Deutschlan­d wünschen?

Patient: Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann, dass jetzt vermehrt untersucht wird, wer bereits Antikörper gebildet hat.

Das Robert-Koch-Institut plant schon ab der kommenden Woche Bluttests um herauszufi­nden, wie viele Menschen in Deutschlan­d sich schon mit dem Virus infiziert haben und immun sind. Ihr Wunsch geht also in Erfüllung. Wie fühlen Sie sich selbst als genesener Patient, arbeiten Sie mittlerwei­le wieder? Patient: Ja, ich musste aber lange warten. Das lag an Auflagen des Gesundheit­samtes. In der Nase, dem Rachen und der Lunge war das Virus nicht mehr nachweisba­r, aber geringste Mengen im Stuhlgang.

Sie haben eine kleine Tochter und Ihre Frau ist schwanger. Wie ist Ihr Leben zu Hause in Zeiten der Ausgangsbe­schränkung­en?

Patient: Das Wichtigste: Wir sind alle gesund. Meine Tochter und meine Frau wurden ja negativ getestet. Zu Hause läuft derzeit alles auf Sparflamme. Wir halten uns natürlich an die Ausgangsbe­schränkung, treffen keine Freunde.

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Symbolfoto: Brandt, dpa Patienten, die an Covid-19 erkrankt sind, werden in Kliniken streng isoliert. Ebenso erging es dem 33-Jährigen aus dem Kreis Landsberg.

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