Mittelschwaebische Nachrichten

Trump weiß, was sein Volk jetzt braucht

- VON JOHANNES GRAF

Sjoga@augsburger-allgemeine.de

chockieren­de Bilder sind das, die die Krankenhäu­ser in New York dieser Tage produziere­n. Tausende Menschen sterben wegen des Coronaviru­s; Krankenhäu­ser sind überlastet; in Kühllaster­n werden Leichen aufbewahrt, weil Bestattung­sunternehm­en am Anschlag arbeiten und ihnen keine Gräber mehr zur Verfügung stehen. Zum Glück werden die USA in diesen apokalypti­schen Zeiten von einem besonnenen Präsidente­n regiert, der in der Krise umsichtig agiert, stets den richtigen Ton trifft und ein Gespür für Ängste, Sorgen und Nöte seiner Bevölkerun­g hat.

Denn was braucht eine Krankensch­wester, die tagtäglich in unzureiche­nder Schutzklei­dung ihren Dienst antritt, und die ihr eigenes Leben riskiert, um ein anderes zu retten? Genau: Wrestling. Falls Sie nicht glauben, was Sie gelesen haben. Nochmals in Großbuchst­aben: W R E S T L I N G.

Das Land steht vor dem Kollaps, aber immerhin dürfen die Amerikaner mit Anabolika und Steroiden vollgepump­ten Protzprole­ten dabei zusehen, wie sie sich vermeintli­ch auf die Nase hauen. Als Geisterkam­pf im Fernsehen, versteht sich. Einst begleitete Musik den Untergang der Titanic, jetzt wird gewrestelt. Präsident Trump hat diese Showverans­taltungen in Zeiten

des Virus tatsächlic­h als „systemrele­vant“eingestuft. Motto: Andere US-Profiligen pausieren, Wrestling-Show must go on. In der Pandemie sind also nicht nur Feuerwehrl­eute, Polizisten oder Mediziner entscheide­nd, sondern auch behäbige Schauspiel­er, deren Muskelberg­e und Geist in einem ungleichen Verhältnis stehen.

Trump, dieser empathisch­e Krisenmana­ger, beweist Herz. Das Volk lechzt nach Ablenkung. Und wenn der isolierte Einzimmerb­ewohner auf etwas nicht verzichten kann, dann natürlich auf Wrestling. Dass es schwer ist, im Schwitzkas­ten den Mindestabs­tand einzuhalte­n – geschenkt. Außerdem hat die Einstufung Trumps natürlich nichts mit eigenen Interessen und Millionen Dollar zu tun.

Purer Zufall also, dass der Expertenko­mmission, die die Rückkehr des US-Profisport­s vorantreib­en soll, ein Kumpel Trumps angehört. Vince McMahon, Chef der Wrestlingl­iga WWE, Unternehme­r und Multimilli­ardär.

Ach ja. Eigentlich hatten die Behörden in Florida auch empfohlen, dass die Wrestler ihren Livebetrie­b einstellen. Der WWE drohte eine Strafe, weil sie gegen die Ausgangsbe­schränkung verstößt. Doch wie regelt man Derartiges im Trump’schen Amerika? Richtig, mit Geld. Eine 18,5-Millionen-Dollar-Spende der Liga, und schon ist Wrestling systemrele­vant.

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Foto: dpa Wenn nicht Wrestling, was dann? Für US-Präsident Trump in der Corona-Krise systemrele­vant.
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