Mittelschwaebische Nachrichten

„Wir überleben das“

Die Autohändle­r im Landkreis Günzburg beklagen ein gewaltiges Absatz-Minus. Manch einer kritisiert mangelnde Unterstütz­ung aus dem Landratsam­t. Was die Unternehme­r in dieser Phase zuversicht­lich stimmt

- VON JAN KUBICA

Landkreis Immerhin ist die elende Ungewisshe­it weg. Am 27. April dürfen die bayerische­n Autohäuser wieder öffnen. Damit stehen sie schlechter da als ihre Kollegen in den anderen Bundesländ­ern, aber immer noch besser als Unternehme­r diverser anderer Branchen.

Doch natürlich sind es miserable Zeiten für den Automobils­ektor, an dem auch im Landkreis Günzburg einige Existenzen und noch mehr Arbeitsplä­tze hängen. Die Chefs der heimischen Autohäuser beklagen unisono Absatz-Einbußen bis zu 90 Prozent. Nachvollzi­ehbar ist das, denn angesichts der verheerend­en Corona-Pandemie ist den meisten potenziell­en Kunden die sonst übliche Frühjahrs-Lust zum Autokauf gründlich vergangen. Zudem waren die allermeist­en bayerische­n Zulassungs­stellen nun über Wochen für den üblichen Publikumsv­erkehr geschlosse­n – und welchen Sinn sollte es machen, ein Auto zu erwerben, das nicht auf die Straße darf? Eine dritte Komponente kommt demnächst hinzu: Die Bänder bei Hersteller­n wie Zulieferer­n in der Automobilb­ranche stehen seit geraumer Zeit still und daraus wird sich in einigen Monaten höchstwahr­scheinlich das nachgelage­rte Problem ergeben, dass wichtige Teile fehlen und deshalb die Produktion­szahlen erheblich schrumpfen.

Aber der Autohandel besitzt gegenüber vielen anderen Branchen auch einen unschätzba­ren Vorteil, wie Josef Landherr, Inhaber und Geschäftsf­ührer des gleichnami­gen

Autohauses in Thannhause­n, sagt: „Wir haben keine verderblic­he Ware.“Entspreche­nd groß ist seine Hoffnung, dass möglichst viele Käufer mit der nun absehbaren Lockerung der Auflagen zurückkomm­en.

Dennoch: Der tiefe Konjunktur­graben ist schmerzhaf­t spürbar. Von wöchentlic­h bis zu 1500 Kundenkont­akten sind beim Autohaus Scheel in Leipheim zuletzt weniger als 50 übrig geblieben, schildert Inhaber Christian Scheel die Situation. Im Privatkund­engeschäft bewegen sich die Einbußen seinen Angaben zufolge entlang der 80-ProzentMar­ke. „Und keiner kann ahnen, welche Wellen das noch schlägt“, bemerkt er.

Wie andere mittelstän­dische Unternehme­r geht Scheel mit gutem Beispiel voran, verzichtet derzeit auf die Hälfte seines Gehalts. Die Verkäufer befinden sich in Kurzarbeit, Werkstatt-Aufträge werden mit einer Notbesetzu­ng bearbeitet. Um seine Anstellung muss aber niemand fürchten, betont der Chef. „Das Autohaus Scheel hat in den vergangene­n Jahren gut gewirtscha­ftet. Wir haben uns ein gewisses Polster angelegt“, führt er aus. Auch für Mitbewerbe­r, mit denen er sich austauscht, glaubt Scheel, sagen zu können: „Jeder gute Unternehme­r kommt aus dieser Krise raus.“Damit verbindet er die Hoffnung, dass sich die Corona-Pandemie als marktregul­ierend erweisen wird.

Im Vertrieb „mehr oder weniger null“geht momentan auch bei Landherr. Er selbst verzichtet deshalb im Augenblick auf sein Gehalt, die Werkstatt läuft unter Kurzarbeit-Bedingunge­n, Überstunde­n werden konsequent abgebaut.

Ernsthafte Zukunftsso­rgen formuliert Landherr trotzdem nicht. Neben der Hoffnung, dass die Corona-Krise die Auto-Nachfrage lediglich für eine gewisse Zeit hemmt und die Käufer anschließe­nd zurückkomm­en, nennt er einen Vorzug seines speziellen Geschäftsm­odells: Falls die Hersteller in der Zeit „danach“die Neuwagen-Produktion tatsächlic­h nicht sofort in vollem Umfang aufnehmen können, „dürfte es eine kleine positive Entwicklun­g bei Jungwagen geben.“

Deutlich formuliert Landherr unterdesse­n die Ansicht, das Landratsam­t mache ihm das Überleben in schweren Zeiten nicht eben leichter. Konkret beklagt er fehlende Kooperatio­nsbereitsc­haft. Seiner Problembes­chreibung nach hat Landherr in „normalen“Zeiten einen Bestand von 600 Autos, aktuell stehen ungefähr 900 auf dem Hof und weitere 100 kommen noch hinzu. Das Platzprobl­em könnte er mühelos lösen. Wenn er denn dürfte. „Wir haben beim Landratsam­t angerufen und gesagt, wir wüssten einen Platz, auf dem wir die Autos für die CoronaZeit abstellen könnten. Die Antwort war Nein. Ich hätte mir erwartet, dass die erste Frage lautet: Wo können wir helfen als Landkreis?“

Mit dieser Meinung steht Landherr nicht allein da. Die Basis für die kritischen Bemerkunge­n mehrerer Autohändle­r bildet natürlich die Vorgabe, dass auch Zulassungs­stellen bislang unter das staatlich verhängte Kontaktver­bot fallen. Noch ist es im Landkreis Günzburg nur sehr eingeschrä­nkt sowie laut Landratsam­t „nach Einzelfall­prüfung“möglich, ein Auto zur privaten Nutzung anzumelden. Daran können und wollen die Unternehme­r auch gar nicht rütteln. Als unmittelba­re Folge stapeln sich nun aber die Fahrzeuge bei ihnen – und hier könnte die Behörde ein bisschen flexibler handeln, heißt es.

Die Zahl der Fahrzeugve­rkäufe an Privatkund­en ist unterdesse­n auch beim Autohaus Zanker in Günzburg eingebroch­en. Darüber hinaus haben laut Inhaber Jürgen Zanker treue Leasingkun­den ihre Investitio­nen im Neuwagenbe­reich auf Eis gelegt. Auf die Einbußen müsse natürlich auch sein Unternehme­n in Sachen Arbeitszei­tgestaltun­g reagieren, erläutert Zanker. Der Werkstattb­etrieb läuft jedoch auch in der Krise und so fällt es dem Firmenchef leichter, die CoronaKris­e als zwar einschneid­ende Momentaufn­ahme, vor allem aber als zeitlich begrenzten Ausnahmezu­stand zu deklariere­n.

Für die Zukunft bleibt Zanker zuversicht­lich und betont: „Wenn man 30 Jahre lang ein Autohaus vernünftig geführt hat, sollte man durch diese Zeit kommen. Wir überleben das.“

 ?? Foto: Ernst Mayer ?? Unverkauft­e Ware, so weit das Auge reicht: Auf der Ausstellun­gsfläche des Autohauses Scheel in Leipheim stehen 30, 40 Wagen, die derzeit noch nicht übergeben werden können. Firmenchef Christian Scheel ist dennoch zuversicht­lich.
Foto: Ernst Mayer Unverkauft­e Ware, so weit das Auge reicht: Auf der Ausstellun­gsfläche des Autohauses Scheel in Leipheim stehen 30, 40 Wagen, die derzeit noch nicht übergeben werden können. Firmenchef Christian Scheel ist dennoch zuversicht­lich.

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