Mittelschwaebische Nachrichten
Heuer läuft nichts auf dem Günzburger Volksfest
Freizeit Es ist nicht das erste Mal in der Geschichte, dass die Veranstaltung nicht stattfinden kann. Auch andere Feste wird es in Günzburg dieses Jahr nicht geben. Wie Oberbürgermeister Gerhard Jauernig mit der Corona-Krise umgeht
Günzburg Der Maimarkt findet dieses Jahr nicht statt. Auch die beliebten Maifeste können nicht stattfinden. Selbst das zweitägige Guntiafest fällt der Corona-Pandemie zum Opfer. Und nun auch noch das: Das Volksfest ist ebenfalls abgesagt. Die am Mittwoch getroffene Entscheidung ist endgültig und sie fällt Günzburgs Oberbürgermeister Gerhard Jauernig hörbar schwer – auch, wenn sie sich angedeutet hat.
Am Dienstag wurde bekannt, dass das Münchner Oktoberfest ausfällt. Am selben Nachmittag erklärte Jauernig im Gespräch mit unserer Zeitung, dass er es sich „nur schwer vorstellen“kann, das beliebte Volksfest vom 7. bis 16. August in der Großen Kreisstadt durchzuführen. Jauernig bezeichnet die Volksfestzeit gar als fünfte Jahreszeit. „Es ist etwas ganz Außergewöhnliches. Und dieses Jahr hätte das Volksfest zum 70. Mal stattgefunden“, sagte der Oberbürgermeister.
In seiner langen Geschichte hat die Veranstaltung schon so manche Hürden überwinden müssen. 2002 beispielsweise wurde das Fest zwei lang unterbrochen – Schuld war das Wetter. Der Pegelstand an der Donau stieg rapide an und zwang die Helfer dazu, SandsackBarrieren zu errichten, Kanalschächte abzudichten und Hochleistungspumpen anzufordern, um den Volksfestplatz trocken zu halten. Nach der dramatischen Hochwasser-Lage und der zweitägigen Zwangspause konnte das „Hochwasser-Volksfest“weitergehen. Eine komplette Absage gab es ebenfalls – und zwar 1955. Die Behörden verboten alle öffentlichen Versammlungen wegen der grassierenden Kinderlähmung. 65 Jahre später ist das Coronavirus schuld.
Um die vorgeschriebenen Schutzmaßnahmen einzuhalten sowie die weitere Ausbreitung des Virus zu verlangsamen, sagt die Stadtverwaltung noch weitere anstehende Großveranstaltungen ab. Das betrifft den für 3. Mai geplanten Maimarkt einschließlich des verkaufsoffenen Sonntags sowie alle Maibaumfeste. Ende Juni darf zudem das zweitägige Guntiafest nicht stattfinden.
Der Saisonstart für die öffentlichen Stadtführungen wird auf einen unbestimmten Zeitpunkt verscho
Die Mitarbeiter der TouristInformation Günzburg-Leipheim stehen für Informationen telefonisch und per E-Mail von Montag bis Freitag von 9 bis 14 Uhr unter 08221/200444 oder per E-Mail unter info@tourismus.guenzburg.de zur Verfügung.
Alle Einrichtungen des Kulturamtes schließen vorerst bis zum 4. Mai. Betroffen sind das Museum, die Tourist-Information sowie das Forum am Hofgarten. Auch die städtische Bücherei bleibt geschlossen, da bisher nur staatlichen Bibliotheken die Wiedereröffnung gestattet ist. Der Kartenverkauf im Forum am Hofgarten ist bis zum 4. Mai telefonisch unter 08221/3663-20 und per E-Mail an kartenverkauf@forum.guenzburg.de zu den Öffnungszeiten des Kulturzentrums erreichbar. Die Mitarbeiter der Stadtbücherei sind telefonisch unter der 08221/38801 erreichbar.
Jauernig bedauert, das öffentliche Leben so einschränken zu müssen. „Alle Feste stehen auf dem Prüfstand. Wir prüfen jeden einzelnen Termin und jedes Fest. Jede Absage ist eine bittere Pille für mich, denn ich weiß, was das für jeden bedeuTage tet.“Für einige Geschäftsleute sind die Feste von existenzieller Bedeutung. Für viele Menschen machen gerade solche Veranstaltung eine lebensund liebenswerte Stadt aus.
Das Virus hat auch Auswirkungen auf die Arbeit der Stadtverwaltung und des Oberbürgermeisters. So trifft sich seit einigen Wochen jeden Morgen das sogenannte „Corona-Team“, geht die aktuellsten Entwicklungen durch, bewertet die Lage neu. Wie kommt man an gute Schutzausrüstung heran? Wie könnte man den Handel steuerlich entlasten? Wie können Alleinerziehende unterstützt werden? Das ist nur ein Bruchteil der Fragen, auf die eine Antwort gefunden werden muss. Erschwerend kommt hinzu, dass beinahe täglich Schreiben vom Innenministerium mit neuen Anweisungen und Vorgaben kommen. Daneben läuft das „normale“Alltagsgeschäft weiter. Es geht um Neubaugebiete, die Erweiterung des Altenheims oder den Umbau des Friedhofs – die Zeit steht nicht still und Entscheidungen müssen getroffen werden.
Die Stadt Günzburg hat vor längerer Zeit bereits auf einen Schichtben. betrieb umgestellt. Das bedeutet, dass alle persönlichen Kontakte auf das zwingend Notwendige reduziert wurde und viele im Homeoffice arbeiten – das gilt auch für den Oberbürgermeister. Jauernig arbeitet beispielsweise zu gleichen Teilen zu Hause und im Rathaus. Er hat Videokonferenzen neu für sich entdeckt, auch ein Headset erleichtert ihm inzwischen die Arbeit. „Dadurch, dass die Anfahrten wegfallen, spare ich mir viel Zeit“, sagt Jauernig. „Vielleicht können wir dem Virus auch etwas Positives abgewinnen: Beispielsweise die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch eine Ausweitung des Homeoffice.
Trotz aller technischen Möglichkeiten vermisst Jauernig die persönlichen Kontakte: „Der Mensch ist ein Herdentier und wir brauchen unsere Streicheleinheiten.“Und der Oberbürgermeister führt weiter aus: „Wenn wir Menschen mögen, müssen wir uns in diesen Wochen von Herzlichkeiten wie Umarmungen abwenden. Mit Corona zu leben heißt, anders zu leben. Mit Corona zu leben heißt auch, vorsichtig zu leben.“»Kommentar