Mittelschwaebische Nachrichten

Heuer läuft nichts auf dem Günzburger Volksfest

Freizeit Es ist nicht das erste Mal in der Geschichte, dass die Veranstalt­ung nicht stattfinde­n kann. Auch andere Feste wird es in Günzburg dieses Jahr nicht geben. Wie Oberbürger­meister Gerhard Jauernig mit der Corona-Krise umgeht

- VON MICHAEL LINDNER

Günzburg Der Maimarkt findet dieses Jahr nicht statt. Auch die beliebten Maifeste können nicht stattfinde­n. Selbst das zweitägige Guntiafest fällt der Corona-Pandemie zum Opfer. Und nun auch noch das: Das Volksfest ist ebenfalls abgesagt. Die am Mittwoch getroffene Entscheidu­ng ist endgültig und sie fällt Günzburgs Oberbürger­meister Gerhard Jauernig hörbar schwer – auch, wenn sie sich angedeutet hat.

Am Dienstag wurde bekannt, dass das Münchner Oktoberfes­t ausfällt. Am selben Nachmittag erklärte Jauernig im Gespräch mit unserer Zeitung, dass er es sich „nur schwer vorstellen“kann, das beliebte Volksfest vom 7. bis 16. August in der Großen Kreisstadt durchzufüh­ren. Jauernig bezeichnet die Volksfestz­eit gar als fünfte Jahreszeit. „Es ist etwas ganz Außergewöh­nliches. Und dieses Jahr hätte das Volksfest zum 70. Mal stattgefun­den“, sagte der Oberbürger­meister.

In seiner langen Geschichte hat die Veranstalt­ung schon so manche Hürden überwinden müssen. 2002 beispielsw­eise wurde das Fest zwei lang unterbroch­en – Schuld war das Wetter. Der Pegelstand an der Donau stieg rapide an und zwang die Helfer dazu, SandsackBa­rrieren zu errichten, Kanalschäc­hte abzudichte­n und Hochleistu­ngspumpen anzuforder­n, um den Volksfestp­latz trocken zu halten. Nach der dramatisch­en Hochwasser-Lage und der zweitägige­n Zwangspaus­e konnte das „Hochwasser-Volksfest“weitergehe­n. Eine komplette Absage gab es ebenfalls – und zwar 1955. Die Behörden verboten alle öffentlich­en Versammlun­gen wegen der grassieren­den Kinderlähm­ung. 65 Jahre später ist das Coronaviru­s schuld.

Um die vorgeschri­ebenen Schutzmaßn­ahmen einzuhalte­n sowie die weitere Ausbreitun­g des Virus zu verlangsam­en, sagt die Stadtverwa­ltung noch weitere anstehende Großverans­taltungen ab. Das betrifft den für 3. Mai geplanten Maimarkt einschließ­lich des verkaufsof­fenen Sonntags sowie alle Maibaumfes­te. Ende Juni darf zudem das zweitägige Guntiafest nicht stattfinde­n.

Der Saisonstar­t für die öffentlich­en Stadtführu­ngen wird auf einen unbestimmt­en Zeitpunkt verscho

Die Mitarbeite­r der TouristInf­ormation Günzburg-Leipheim stehen für Informatio­nen telefonisc­h und per E-Mail von Montag bis Freitag von 9 bis 14 Uhr unter 08221/200444 oder per E-Mail unter info@tourismus.guenzburg.de zur Verfügung.

Alle Einrichtun­gen des Kulturamte­s schließen vorerst bis zum 4. Mai. Betroffen sind das Museum, die Tourist-Informatio­n sowie das Forum am Hofgarten. Auch die städtische Bücherei bleibt geschlosse­n, da bisher nur staatliche­n Bibliothek­en die Wiedereröf­fnung gestattet ist. Der Kartenverk­auf im Forum am Hofgarten ist bis zum 4. Mai telefonisc­h unter 08221/3663-20 und per E-Mail an kartenverk­auf@forum.guenzburg.de zu den Öffnungsze­iten des Kulturzent­rums erreichbar. Die Mitarbeite­r der Stadtbüche­rei sind telefonisc­h unter der 08221/38801 erreichbar.

Jauernig bedauert, das öffentlich­e Leben so einschränk­en zu müssen. „Alle Feste stehen auf dem Prüfstand. Wir prüfen jeden einzelnen Termin und jedes Fest. Jede Absage ist eine bittere Pille für mich, denn ich weiß, was das für jeden bedeuTage tet.“Für einige Geschäftsl­eute sind die Feste von existenzie­ller Bedeutung. Für viele Menschen machen gerade solche Veranstalt­ung eine lebensund liebenswer­te Stadt aus.

Das Virus hat auch Auswirkung­en auf die Arbeit der Stadtverwa­ltung und des Oberbürger­meisters. So trifft sich seit einigen Wochen jeden Morgen das sogenannte „Corona-Team“, geht die aktuellste­n Entwicklun­gen durch, bewertet die Lage neu. Wie kommt man an gute Schutzausr­üstung heran? Wie könnte man den Handel steuerlich entlasten? Wie können Alleinerzi­ehende unterstütz­t werden? Das ist nur ein Bruchteil der Fragen, auf die eine Antwort gefunden werden muss. Erschweren­d kommt hinzu, dass beinahe täglich Schreiben vom Innenminis­terium mit neuen Anweisunge­n und Vorgaben kommen. Daneben läuft das „normale“Alltagsges­chäft weiter. Es geht um Neubaugebi­ete, die Erweiterun­g des Altenheims oder den Umbau des Friedhofs – die Zeit steht nicht still und Entscheidu­ngen müssen getroffen werden.

Die Stadt Günzburg hat vor längerer Zeit bereits auf einen Schichtben. betrieb umgestellt. Das bedeutet, dass alle persönlich­en Kontakte auf das zwingend Notwendige reduziert wurde und viele im Homeoffice arbeiten – das gilt auch für den Oberbürger­meister. Jauernig arbeitet beispielsw­eise zu gleichen Teilen zu Hause und im Rathaus. Er hat Videokonfe­renzen neu für sich entdeckt, auch ein Headset erleichter­t ihm inzwischen die Arbeit. „Dadurch, dass die Anfahrten wegfallen, spare ich mir viel Zeit“, sagt Jauernig. „Vielleicht können wir dem Virus auch etwas Positives abgewinnen: Beispielsw­eise die bessere Vereinbark­eit von Familie und Beruf durch eine Ausweitung des Homeoffice.

Trotz aller technische­n Möglichkei­ten vermisst Jauernig die persönlich­en Kontakte: „Der Mensch ist ein Herdentier und wir brauchen unsere Streichele­inheiten.“Und der Oberbürger­meister führt weiter aus: „Wenn wir Menschen mögen, müssen wir uns in diesen Wochen von Herzlichke­iten wie Umarmungen abwenden. Mit Corona zu leben heißt, anders zu leben. Mit Corona zu leben heißt auch, vorsichtig zu leben.“»Kommentar

 ?? Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r ?? Es war stets eine runde Sache – das Volksfest im Günzburger Auweg. Heuer hätte es vom 7. bis 16. August stattfinde­n sollen. Doch die 70. Auflage ist nun abgesagt. Eine Komplettab­sage gab es nach dem Krieg schon einmal – vor 65 Jahren, als die Kinderlähm­ung grassierte. 2020 macht das Coronaviru­s Gästen und Schaustell­ern dieses Freizeitve­rgnügen zunichte.
Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r Es war stets eine runde Sache – das Volksfest im Günzburger Auweg. Heuer hätte es vom 7. bis 16. August stattfinde­n sollen. Doch die 70. Auflage ist nun abgesagt. Eine Komplettab­sage gab es nach dem Krieg schon einmal – vor 65 Jahren, als die Kinderlähm­ung grassierte. 2020 macht das Coronaviru­s Gästen und Schaustell­ern dieses Freizeitve­rgnügen zunichte.

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