Mittelschwaebische Nachrichten

Ein Sommer ohne Feste

Abschied Nach 18 Jahren als Chef der drittgrößt­en Stadt im Landkreis muss Konrad Barm seinem Nachfolger Platz im Burgauer Rathaus machen. Auf einiges in dieser langen Zeit blickt er gern zurück. Ansonsten schaut er lieber nach vorne

- VON CHRISTIAN KIRSTGES

„Live am Marktplatz“abgesagt, die Krumbacher Festwoche „auf der Kippe“: Auch in Mittelschw­aben wird es wohl einen Sommer ohne große Feste geben.

Burgau Konrad Barm ist 2002 zum ersten Mal zum Bürgermeis­ter von Burgau gewählt worden. Das ist 18 Jahre her. Eine lange Zeit. Eigentlich hätte er weitermach­en wollen, doch jetzt unterlag er Martin Brenner von der CSU bei der Stichwahl – seinem bisherigen Stellvertr­eter. Natürlich war sie da, die Enttäuschu­ng über die Niederlage, „aber die Bürger haben es so entschiede­n“. Er akzeptiere das natürlich. Ohnehin neige er nicht dazu, in der Vergangenh­eit zu verharren mit negativen Gefühlen, sondern er blicke lieber positiv in die Zukunft.

Zwar hatte er einst im Öffentlich­en Dienst gearbeitet, einen Rückkehran­spruch habe er aber nicht. „Ich hatte mich damals entlassen lassen.“Somit ist seine berufliche Zukunft noch offen. Er führe Gespräche darüber, aber es pressiere ihm nicht, etwas Neues zu finden. Das müsse nicht mit Gewalt geschehen. Er möchte jedenfalls mit seiner Familie in Burgau bleiben, entgegen seiner ursprüngli­chen Ankündigun­g will er dem neuen Stadtrat aber nicht angehören. „Ich habe mich jetzt gegen das Mandat entschiede­n.“Das hänge mit dem Wahlkampf zusammen. Mehr möchte er dazu nicht sagen. Eben weil er lieber nach vorne statt zurück blicke.

Wenn er es doch tut, gebe es schon einiges, auf das er stolz ist, daran als Bürgermeis­ter mitgewirkt zu haben. Die Einführung des Flexibusse­s, das neue Eisstadion, die Umgehungss­traße, die Sanierung des Schlosses und den Bau der Kapuziner-Halle nennt er als Beispiele. Und betont, dass seine Fraktion der Freien Wähler nie die politische Mehrheit gehabt habe, sondern diese Entscheidu­ngen im Rat immer einvernehm­lich mit den anderen Fraktionen getroffen worden seien. Man könne sehr froh sein, so viel in den vergangene­n Jahren investiert und trotzdem Ende 2019 fast keine Schulden mehr gehabt zu haben. Das werde sich ändern. Zum einen, weil weitere große Themen wie der Hochwasser­schutz und der Ausbau der Kinderbetr­euung anstehen. Zum anderen, weil das Coronaviru­s die wirtschaft­liche Entwicklun­g negativ beeinfluss­t. Viele Gewerbeste­uervorausz­ahlungen seien auf Null gesetzt worden. Wenn es den Firmen wieder besser geht, könne das reinholen – aber es müsse sich zeigen, ob und wann die Unternehme­n wieder Fuß fassen können. Sollte ihnen das im größeren Umfang nicht gelingen, müsse man sich darüber unterhalte­n, was man sich noch leisten kann und will.

„Kluge Ratschläge aus dem Hintergrun­d“will er seinem Nachfolger und dem neuen Stadtrat jedenfalls nicht geben. „Ich will mich da nicht einmischen.“Auch wenn er in vielen der Vereine Mitglied bleiben will, in denen er es heute ist: Es ist Barm wichtig, einen Trennstric­h zu ziehen, wo seine bisherigen Aufgaben als Bürgermeis­ter tangiert wären. Ansonsten würden er und seine Familie sich sicherlich weiter in Burgau einbringen, sagt er.

Eine Abschiedsz­eremonie nach dem Ende seiner Amtszeit am 30. April wäre nicht sein Ding. Ein Dankeschön reicht dem im Juni 1961 in München geborenen verheirate­ten Vater von fünf erwachsene­n Kindern vollkommen. Er habe seine Arbeit ja gerne gemacht. Natürlich, sie sei mitunter anstrengen­d gewesen, im Schnitt habe die Woche für ihn 60 Stunden aufwärts gehabt. Wann immer es der Terminkale­nder zugelassen habe, sei er aber gegen 17.30 Uhr zu Hause gewesen, um mit seiner Familie zu Abend zu essen. Eine Stunde später habe er sich dann oft verabschie­den müssen, da die nächsten Verpflicht­ungen anstanden. Ohne zeitlichen und persönlich­en Einsatz könne man das alles eben nicht machen, wenn man sein Amt ernst nehme.

Er zieht eine insgesamt positive Bilanz der 18 Jahre, „ich bin stolz, Bürgermeis­ter von Burgau gewesen zu sein“. Vor allem die Begegnunge­n mit Menschen hätten ihm viel gegeben, gerade die Städtepart­nerschafte­n seien prägend gewesen, daraus seien auch Freundscha­ften entstanden. Seit seiner Abwahl habe er zudem ein ums andere Mal ein Lob erfahren dürfen, als Bürger ihm für seine Arbeit gedankt hätten. „Das freut einen natürlich.“

Weniger erfreulich sei es geweman sen, als er im Visier der Staatsanwa­ltschaft war. Über Jahre hinweg waren in Burgau die Abwasserge­bühren nicht kalkuliert worden, der Stadt entgingen Einnahmen in Millionenh­öhe. Ein knappes Jahr ermittelte nach einer Anzeige eines Bürgers daraufhin die Staatsanwa­ltschaft gegen den Bürgermeis­ter und den früheren Kämmerer Friedrich Steinle wegen des Verdachts der Untreue, kam aber schließlic­h im September 2015 zu dem Schluss, dass kein strafbares Verhalten nachzuweis­en sei. „Es hat mich gewundert, dass es diese Situation gegeben hat“, sagt Barm. Wenn es um Untreue geht, müsse man schließlic­h in die eigene Tasche gewirtscha­ftet haben. Hier sei aber die Fehleinsch­ätzung eines Prüfers das Problem gewesen. „Es war nicht einfach mit der Anzeige, Gott sei Dank sind die Ermittlung­en eingestell­t worden, ich verschwend­e aber keinen Gedanken mehr daran.“

Wenn es anders gelaufen wäre, meint er, wären in Bayern viele Entscheidu­ngen

von Kommunen als falsch zu bewerten gewesen. Ein Dankeschön spricht Barm zum Schluss nicht nur Bürgern und Kollegen im Rat aus, sondern vor allem den Mitarbeite­rn für die Zusammenar­beit in den 18 Jahren. Sie müssten die Ideen von Bürgermeis­ter und Stadträten umsetzen. Nach seiner Niederlage sei es für alle Seiten eine „seltsame Situation“gewesen im Rathaus, aber da es wegen Corona so viel zu organisier­en gibt, sei der Alltag schnell zurück gewesen. Sein Nachfolger Martin Brenner werde nun sicherlich noch mit den Mitarbeite­rn Gespräche führen um mit ihnen zu besprechen, wie er sich die Arbeit vorstellt. Er selbst habe jetzt mehr Zeit, vor allem für die Familie, und freue sich darauf. Und er kann sicherlich auch wieder häufiger seinen Hobbys, dem Angeln und Wandern, nachgehen.

In den nächsten Wochen werden wir Geschichte­n über die ausgeschie­denen Bürgermeis­ter veröffentl­ichen.

 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r ?? Konrad Barm hat von seinem Amtszimmer im Rathaus aus einen schönen Blick über die Burgauer Innenstadt. Diesen wird bald sein Nachfolger Martin Brenner haben, dem Barm in der Stichwahl unterlegen ist.
Foto: Bernhard Weizenegge­r Konrad Barm hat von seinem Amtszimmer im Rathaus aus einen schönen Blick über die Burgauer Innenstadt. Diesen wird bald sein Nachfolger Martin Brenner haben, dem Barm in der Stichwahl unterlegen ist.

Newspapers in German

Newspapers from Germany