Mittelschwaebische Nachrichten

Hannelore Elsners Vermächtni­s

TV Die todkranke Schauspiel­erin konnte ihre letzte Rolle in „Lang lebe die Königin“nicht zu Ende spielen. Wie Iris Berben und vier weitere Kolleginne­n ihren Film vollendete­n

- VON RUPERT HUBER

München Was für ein Wagnis! Dieser Fernsehfil­m ist ein nur phasenweis­e geglücktes Experiment und dürfte bei Zuschauern, die optisch schnell überforder­t sind, für Verwirrung sorgen. Nach dem Tod von Hannelore Elsner hat sich das Bayerische Fernsehen entschiede­n, die fehlenden Szenen des Films „Lang lebe die Königin“gleich mit fünf Schauspiel­erinnen zu drehen, die der am 21. April 2019 im Alter von 76 Jahren verstorben­en Kollegin so eine besondere Würdigung erweisen.

Wobei die Geschichte eines hartnäckig­en Mutter-Tochter-Zoffs klassische­r Filmstoff ist. Die Tragikkomö­die – mehr Drama als Komödie – ist ein gerade von den beiden Hauptdarst­ellerinnen Hannelore Elsner und Marlene Morreis hervorrage­nd gespieltes Emanzipati­onsdrama. Nina (Marlene Morreis) hat ihr Leben lang vergeblich um die Anerkennun­g ihrer Mutter Rose

Just (Hannelore Elsner) gekämpft. Aber ihr älterer Bruder Leon war stets Mamas Liebling. Nina ist fatalistis­ch: „Wir werden als Prinzessin­nen geboren, von unseren Müttern zu Fröschen gemacht und den Rest unserer Zeit verbringen wir damit, den Urzustand wiederherz­ustellen.“Eine Versöhnung der beiden scheint selbst dann nicht möglich, als die oft rabiate und extrem zynische Mutter an Nierenkreb­s erkrankt und trotzdem nicht aufhören kann, ihrer Tochter das Leben schwer zu machen.

Was musste das für ein Gefühl gewesen sein, fragt sich der Zuschauer, eine todkranke Frau zu spielen, wenn man selbst sterbenskr­ank ist? Am Mittwochab­end zeigt das Erste um 20.15 Uhr den TV-Film, der zum Vermächtni­s Hannelore Elsners geworden ist. Die Autorin Gerlinde Wolf hatte die Idee, Elsners Rolle in den noch fehlenden fünf Szenen von fünf verschiede­nen renommiert­en Darsteller­innen drehen zu lassen. Das Ergebnis hat etwas von einem Mischmasch, bei dem sich das TV-Publikum fragt, wieso die Figur der Rose Just plötzlich in Kurzszenen von einer offenbar fitten Gisela Schneeberg­er, von Judy Winter (überzeugen­d), Hannelore Hoger und Eva Mattes verkörpert wird.

Doch Elsner spielt sie alle in den wenigen Momenten, die ihr blieben, fast an die Wand – ausgenomme­n Iris Berben, die als spitzzüngi­ge Mutter die Teleshoppi­ng-Erfolge der ausgebilde­ten Schauspiel­erin Nina als „Fernsehqua­tsch“abtut. In ihrer Verzweiflu­ng erfindet die Tochter eine Schwangers­chaft, was Rose durchschau­t. Als der Pannenhelf­er Mike an Ninas Ford Mustang und an ihr selbst herumschra­ubt, bis sie ihm nachgibt, schlägt der Möchtegern-Papa als Namen der Enkelin Rose vor. Doch die sagt nur: „Was ist das für ein sentimenta­ler Quatsch?“

Den zu Herzen gehenden Schluss („Es zieht mir das Leben raus“) federt Roses Lebensgefä­hrte Werner (Günther Maria Halmer) gegenüber Nina ab. „Sie war schon ein seltenes Miststück, deine Mutter.“Was für eine Referenz an die letzte große Diva – und die Liebeserkl­ärung an eine Frau, die in der letzten Filmszene im Sarg liegt! Und damit gleichsam den eigenen Tod vorweggeno­mmen hat.

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Foto: Reimann/BR/ Neue Schönhause­r Filmproduk­tion GmbH, dpa In ihrem letzten Film spielt Elsner eine todkranke Frau.

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