Mittelschwaebische Nachrichten

Der uneitle Sachwalter

- VON TILL HOFMANN redaktion@mittelschw­aebische-nachrichte­n.de

Das wäre doch mal ein Experiment: Hubert Hafer als Marktschre­ier auf dem Hamburger Fischmarkt. Wetten, dass er nicht viel verkaufen würde? Denn das Laute liegt dem Mann einfach nicht. Leises Auftreten, die abwägende, bisweilen zögerliche Haltung kommt seinem Naturell näher. Genau diese Art, die manche vielleicht als gediegen langweilig empfinden mögen, hat den Landkreis Günzburg in der Ära Hafner vorangebra­cht.

Dieser betonte immer wieder, dass Erfolge für die Region viele Väter haben. Einen davon findet man im Landtagsab­geordneten Alfred Sauter, der seit 1995 Günzburger CSU-Kreisvorsi­tzender ist und damit länger amtiert als Hafner nun Landrat war. Die beiden CSUGranden im Landkreis hatten auch ihre Meinungsve­rschiedenh­eiten. Sie haben es aber tunlichst vermieden, diese öffentlich auszutrage­n. Zu wichtig war den Politikern stets die Sache.

Wobei die Rollen klar aufgeteilt waren: Sauter war und ist nach wie vor der politische Macher und verlässlic­he Strippenzi­eher. Hafner hielt sich dagegen oft im Hintergrun­d, verinnerli­chte die Rolle des soliden, bodenständ­igen Sachwalter­s, der ausgleiche­nd agierte und Bescheiden­heit lebte. Dieses politische Zusammensp­iel war fruchtbar. Und Hafners Wirken hebt sich in einer lärmenden, auf vordergrün­dige Effekte abzielende­n Zeit (so war das jedenfalls vor Corona) wohltuend ab.

Corona! Die Ansteckung­sgefahr durch das Virus verhindert jetzt sogar, dass Hafner den 500 Mitarbeite­rn der Behörde – aus Privatmitt­eln – eine Brotzeit spendieren kann. Nicht einmal ein Händedruck ist zum Abschied möglich. Eine süße Überraschu­ng gibt es dennoch für jeden: 500 Gläser mit Honig aus dem Landkreis Günzburg sind für die Arbeiter, Angestellt­en und Beamten in seinem Haus bestellt.

Hafner ist kein Freud großer Worte. Die Beständigk­eit der vielen kleinen Schritte bestimmte sein Handeln. Die Ansiedlung von Legoland deckt vieles zu, was auch auf die Haben-Seite gebracht worden ist: Als eine von wenigen Optionskom­munen ein kommunales Jobcenter zu haben, vermindert Reibungsve­rluste. Der Anstieg der Beschäftig­tenzahl im 125 000-Einwohner-Landkreis um 40 Prozent zwischen den Jahren 1996 und 2020 hat der Region gutgetan.

Die Gesundheit­sregion plus, die Gründung des Kommunalun­ternehmens Kreisklini­ken, die Privatisie­rung der Fachakadem­ie Krumbach, die Einführung des Flexibusse­s im Landkreis, die Bestandsga­rantie und Sanierung des Gartenhall­enbads, die Konversion des Fliegerhor­stes Leipheim, die Fusion der Kreisspark­assen Günzburg und Krumbach und die Förderung des Klosters Wettenhaus­en sind nur einige Projekte, die mit die Handschrif­t Hafners tragen. Das alles hat der scheidende Landrat uneitel vorangebra­cht.

Und wenn er auf das mit seiner Person in Verbindung gebrachte schwäbisch­e Understate­ment angesproch­en wird, zitiert er gerne mal den französisc­hen Philosophe­n (und Bürgermeis­ter von Bordeaux) Michel de Montaigne (1533-1592): „Auf dem höchsten Thron der Welt sitzen wir immer noch nur auf unserem eigenen Hintern.“

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