Mittelschwaebische Nachrichten
Altersversorgung: AKW muss aufkommen
Landesarbeitsgericht München gibt einer Angestellten in Gundremmingen erneut recht
München/Gundremmingen Zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres hat das Landesarbeitsgericht (LAG) München einer Frau recht gegeben, die seit inzwischen 35 Jahren im Atomkraftwerk Gundremmingen (AKW) arbeitet. Strittig ist im seit etwa zwei Jahren andauernden Verfahren die Frage, ob für das Beschäftigungsverhältnis die Regeln eines Werkvertrags oder einer sogenannten Arbeitnehmerüberlassung anzuwenden sind.
Es geht unter anderem um Bezüge aus der betrieblichen Altersversorgung oder aus Programmen für einen sozial verträglichen Personalabbau. Wegen eines seitens der Kraftwerk-Betreibergesellschaft initiierten und vom LAG während des Prozesses abgelehnten Befangenheitsantrags war das Verfahren zwischenzeitlich zum Bundesarbeitsgericht gewandert. In Erfurt wurde das im April 2019 in München ergangene Urteil vor wenigen Monaten wieder kassiert, da das LAG zum Zeitpunkt des Spruches tatsächlich nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei. In der Neuauflage kam das LAG inhaltlich allerdings zum selben Ergebnis wie bereits vor einem Jahr: In einer schriftlichen Erklärung formulierte die Vorsitzende Richterin Christiane Nollert-Borasio dieser Tage, es sei rückwirkend zum 15. April 1985 festzustellen, „dass kraft gesetzlicher Fiktion ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zustande gekommen ist und der Klägerin die damit zusammenhängenden Rechte zustehen“. Allerdings wurden die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Jubiläumszuwendungen als verjährt zurückgewiesen. Das LAG stellte demnach fest, „dass es sich bei dem Vertrag entgegen dessen Ausgestaltung tatsächlich nicht um einen Werkvertrag, sondern um Arbeitnehmerüberlassung gehandelt hat“. Genau das sei der Fall, wenn Arbeitskräfte in den Betrieb des Entleihers eingegliedert seien und ihre Arbeit nach dessen Weisungen ausführten. Anders bei einem Werkvertrag: Hier verpflichte sich der Vertragspartner, einen bestimmten Erfolg herbeizuführen. Maßgeblich für die Einordnung sei, wie der Vertrag „gelebt“wird. Im vorliegenden Fall war die Frau nach Darstellung der Vorsitzenden Richterin dem Kraftwerksbetreiber zur Arbeitsleistung überlassen.
Mit ihrer Klage war die Frau 2018 vor der Neu-Ulmer Kammer des Arbeitsgerichts Augsburg gescheitert. Das Landesarbeitsgericht hatte ihr dann recht gegeben und diese Ansicht nun ein zweites Mal begründet. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Eine Revision ist nicht zugelassen.