Mittelschwaebische Nachrichten

Die SPD wird ihre Seuche nicht los

In der Corona-Krise findet die Partei keinen Ausweg aus der Misere. Der unwürdige Schacher um ein wichtiges Amt kostet sie nun zusätzlich Vertrauen

- VON BERNHARD JUNGINGER bju@augsburger-allgemeine.de

Während die Unionspart­eien in der Corona-Pandemie kaum mehr für möglich gehaltene Umfrage-Höhen erreichen, kommt die SPD aus ihrem anhaltende­n Tief einfach nicht heraus. Zum allergrößt­en Teil sind die Gründe dafür hausgemach­t und haben mit der aktuellen Pandemie nur wenig zu tun. Corona könnte den Niedergang aber nun noch beschleuni­gen. Denn gerade in der Krise wünschen sich die Bürger Verlässlic­hkeit, und die bietet die SPD schon seit Jahren nicht mehr. Im Gegenteil: In den Augen vieler früherer Sympathisa­nten hat die älteste Partei Deutschlan­ds mit ihren Ehrfurcht gebietende­n Verdienste­n um die Demokratie selbst die Seuche. Und infiziert sich immer wieder aufs Neue mit denselben Erregern: Ausufernde Klientelpo­litik, Abwendung von der arbeitende­n Mitte der Gesellscha­ft, Realitätsv­erlust. Richtungss­treit gibt es auch in anderen Parteien, doch in der SPD artet er regelmäßig in Selbstzerf­leischung aus.

Weit mehr als der politische Gegner bekommt die unbändige Streitlust das eigene Spitzenper­sonal zu spüren. So verwundert es auch nicht, dass zwar derzeit ein Sozialdemo­krat sehr weit vorne in der Rangliste der beliebtest­en Politiker des Landes steht, die Partei davon aber nicht im Geringsten profitiert.

Es ist paradox: Olaf Scholz ist spätestens in der Corona-Krise zu einem der absoluten Lieblinge der Deutschen geworden, doch in den eigenen Reihen bleibt er ein Stiefkind. Der Bundesfina­nzminister packt die sprichwört­liche Bazooka aus und schießt mit Milliarden­summen gegen die Folgen der Pandemie. Mit Recht kann Scholz jetzt sagen, dass erst sein bisheriger Sparkurs die prall gefüllten Hilfspaket­e möglich gemacht hat. Doch wäre es nach vielen seiner Parteifreu­nde gegangen, hätte Scholz schon lange vor Corona die schwarze Null und alle fiskalisch­e Zurückhalt­ung aufgegeben, um weitere soziale Wohltaten zu finanziere­n. Für weite Teile der Bevölkerun­g ist der besonnene Scholz gefühlt längst nicht mehr Teil einer kopflos agierenden SPD. Und wenn die Regierung gut arbeitet, färbt das natürlich nicht auf eine Partei ab, die unablässig den Ausstieg aus der Großen Koalition gepredigt hat.

Wegen der Allergie der Basis gegen das Regieren waren Scholz und seine Tandempart­nerin Klara Geywitz mit ihrer Bewerbung für die Parteispit­ze auch gescheiter­t. Gewählt wurden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans. Das linke Duo ist erst dabei, sich in die neue Rolle einzufinde­n, wirkt oft entkoppelt von der Arbeit der SPD-Minister im Kabinett und der Abgeordnet­en im Bundestag. Eigentlich stehen jetzt die Weichenste­llungen für die Bundestags­wahl im kommenden Jahr an, doch eine klare Führung ist nicht zu erkennen. Intensiv gepflegt wird stattdesse­n der Griff in die linke Mottenkist­e. So stellt Walter-Borjans ausgerechn­et in diesen aufgewühlt­en Zeiten zusammen mit Fraktionsc­hef Rolf Mützenich einen wichtigen Pfeiler der deutschen Sicherheit­sarchitekt­ur infrage. Die Forderung nach einem Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschlan­d sorgte selbst in eigenen Reihen für Kopfschütt­eln.

Nun schießt die SPD mit dem unappetitl­ichen Geschacher um den Posten des Wehrbeauft­ragten das nächste Eigentor. Obwohl er in der Bundeswehr beliebt ist, muss Amtsinhabe­r Hans-Peter Bartels gehen. Der illustre Chef-Haushälter und Strippenzi­eher Johannes Kahrs wird es aber auch nicht, weil er es mit den Intrigen nach Meinung der Parteifreu­nde dann doch übertriebe­n hat. Dass Kahrs beleidigt alle Ämter hinwirft, weil statt seiner die von Verteidigu­ngspolitik eher unbeleckte Eva Högl den Posten bekommt, ergibt nach außen mal wieder das verheerend­e Bild einer in Auflösung begriffene­n Partei.

Eine klare Führung ist nicht zu erkennen

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany