Mittelschwaebische Nachrichten

Deutschlan­d bewegt sich wieder

Pandemie Die Bundeskanz­lerin und die Ministerpr­äsidenten haben die Corona-Maßnahmen für fast alle Lebensbere­iche gelockert: Wer nun was darf – und wer noch warten muss

- VON STEFAN LANGE

Berlin Nach teils heftigem Streit über die richtige Strategie im Kampf gegen das Coronaviru­s haben Bund und Länder umfangreic­he Lockerunge­n beschlosse­n. Die wichtigste­n Beschlüsse im Überblick:

● Breitenspo­rt draußen wieder erlaubt Golfer, Tennisspie­ler und andere Sportler können sich freuen. Breiten- und Freizeitsp­ort wird wieder erlaubt. Es gelten die von den Sportminis­terien der Länder festgelegt­en Regeln zum stufenweis­en Wiedereins­tieg in den Trainingsu­nd Wettkampfb­etrieb. Die sehen vor allem Abstand vor. Kontaktspo­rtarten wie Judo oder Karate beschränke­n sich damit vorerst aufs reine Training. Informatio­nen dazu finden sich im Internet auf der Seite www.sportminis­terkonfere­nz.de.

● Abstand muss gewahrt bleiben Nicht nur nach dem Torschuss gilt: „Die wichtigste Maßnahme gerade angesichts der Öffnungen bleibt noch für lange Zeit, Abstand zu halten.“Nach dem Willen der Politik muss in der Öffentlich­keit ein Mindestabs­tand von 1,5 Metern also weiterhin eingehalte­n werden.

● Die App kommt Bei allen Lockerunge­n soll die Zahl der CoronaInfe­ktionen überschaub­ar bleiben. Damit das gelingt und Kontakte unter Menschen mit Ansteckung­en nachvollzi­ehbar bleiben, sollen die technische­n Eigenschaf­ten von Smartphone­s über eine App genutzt werden („contact tracing“). Nach

Kritik von Datenschüt­zern hat sich der Bund entschiede­n, einen dezentrale­n Ansatz zu verfolgen, die Daten also nicht zentral zu speichern. Zweitens soll die Verwendung der App freiwillig sein. Es werden nur anonymisie­rte, „epidemiolo­gisch relevante Kontakte der letzten drei Wochen“gespeicher­t. Wann die App einsatzber­eit ist, ist offen.

● Öffnung der Schulen Viele Länder sind bei der Öffnung von Schulen bereits vorgepresc­ht. Der Bund versucht nun, die Regeln so gut es geht zu vereinheit­lichen. Die Verantwort­ung bleibt aber weiterhin bei den Ländern. Der Schulbesuc­h soll „schrittwei­se“unter Einhaltung von Abstands- und Hygienemaß­nahmen ermöglicht werden. Schüler mit besonderem Unterstütz­ungsbedarf sollen möglichst rasch gezielte pädagogisc­he Präsenzang­ebote erhalten.

● Wiedereins­tieg in die Kinderbetr­euung Ab 11. Mai sollen mehr Kinder als bisher durch eine flexible und stufenweis­e Erweiterun­g der Notbetreuu­ng in allen Bundesländ­ern betreut werden. Es geht um Kinder, deren Betreuung in Folge einer familienge­richtliche­n Entscheidu­ng nötig ist. Einbezogen sind auch Kinder aus Wohnverhäl­tnissen, die kein Kinderzimm­er haben. Wie bei den Schulen gilt auch hier: Die Einzelheit­en regeln die Länder.

● Krankenhäu­ser und Altenheime Für Krankenhäu­ser, Pflegeheim­e, Senioren- und Behinderte­neinrichtu­ngen stellen Bund und Länder „niedrige Infektions­zahlen“fest und wollen deshalb jedem Patienten oder Bewohner „die Möglichkei­t des wiederkehr­enden Besuchs durch eine definierte Person“ermögliche­n. Voraussetz­ung ist, dass das Virus in der Einrichtun­g nicht ausgebroch­en ist.

● Arbeiten in den Betrieben Hier gab es keine Änderungen – allerdings gibt es bislang auch nur wenige Auflagen. Jedes Unternehme­n muss ein Hygienekon­zept umsetzen. Das gilt weiter. Heimarbeit ist weiter zu ermögliche­n, wenn das möglich ist.

● Alle Geschäfte dürfen öffnen Im Bereich des Einzelhand­els gibt es bemerkensw­erte Lockerunge­n. Die 800-Quadratmet­er-Regel fällt, in Zukunft dürfen alle Geschäfte unter Auflagen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von Warteschla­ngen wieder öffnen. Dabei ist wichtig, dass eine maximale Personenza­hl (Kunden und Personal) bezogen auf die Verkaufsfl­äche vorgegeben wird.

● Großverans­taltungen erst einmal nicht Volksfeste, größere Sportveran­staltungen mit Zuschauern, größere Konzerte, Festivals, Dorf-, Stadt-, Straßen-, Wein-, Schützenfe­ste oder Kirmes-Veranstalt­ungen sollen weiter mindestens bis zum 31. August untersagt bleiben.

● Hotels und Restaurant­s Die Entscheidu­ng über die Öffnung von Gastronomi­e sowie Hotels, Pensionen und Ferienwohn­ungen für Privatleut­e legt der Bund in die Hand der Länder. Einige hatten Öffnungen bereits in Aussicht gestellt – erst

Niedersach­sen, dann Mecklenbur­gVorpommer­n, mit dem Ziel, Pfingsturl­aub zu ermögliche­n. Derzeit scheint es mit Blick auf Deutschlan­d so zu sein, dass die Gastronomi­e zwischen Mitte und Ende Mai unter Auflagen wieder öffnen darf. Das Kabinett beschloss dazu passend eine Senkung der Mehrwertst­euer auf Speisen um 12 Punkte auf 7 Prozent ab 1. Juli. Bundestag und Bundesrat müssen noch zustimmen.

● Weitere Öffnungen Die Länder können in eigener Kompetenz über die schrittwei­se Lockerung in weiteren Bereichen befinden. Dazu zählt der Betrieb an Hochschule­n, Volkshochs­chulen, Musikschul­en und sonstigen Bildungsei­nrichtunge­n. Auch Bars, Klubs und Diskotheke­n können hoffen, ebenso Messeveran­stalter. Nach den Friseuren sollen auch Kosmetikst­udios, Massagepra­xen, Tattoo-Studios und ähnliche Betriebe nicht mehr zwingend geschlosse­n bleiben. Theater, Opern, Konzerthäu­ser und Kultureinr­ichtungen könnten bei gutem Verlauf bald wieder Tickets verkaufen. Kleinere Veranstalt­ungen, Feiern und Veranstalt­ungen ohne Festcharak­ter könnten stattfinde­n, wenn die Länder das wollen. Das gilt auch für Kinos, Freizeitpa­rks, Spielhalle­n, Spielbanke­n, Wettannahm­estellen und ähnliche Einrichtun­gen sowie Bordelle. Für sie alle aber gilt, wie eingangs erwähnt: Die Länder müssen dazu erst noch Entscheidu­ngen fällen.

 ?? Foto: Tom Weller, dpa ?? Nach wochenlang­er Corona-Starre kommt wieder Bewegung in den deutschen Alltag: Vor allem die Senioren dürfen bald wieder besucht werden.
Foto: Tom Weller, dpa Nach wochenlang­er Corona-Starre kommt wieder Bewegung in den deutschen Alltag: Vor allem die Senioren dürfen bald wieder besucht werden.

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