Mittelschwaebische Nachrichten

Orbán beendet Notstand

Ungarns Premier lässt Gesetz auslaufen

- VON ULRICH KRÖKEL

Budapest Ende Mai soll Schluss sein. Viktor Orbán will das internatio­nal viel kritisiert­e Corona-Notstandsg­esetz in Ungarn auslaufen lassen. Das bestätigte Gergely Gulyas, der Kanzleiche­f des Ministerpr­äsidenten, am Samstag in Budapest. Bei einem Besuch in Serbien, verkündete er bei einer Pressekonf­erenz, in Ungarn zur „normalen parlamenta­rischen Ordnung zurückkehr­en“zu wollen. Ende März hatte sich der Premier von der Zweidritte­lmehrheit seiner Fidesz-Partei dazu ermächtige­n lassen, im Kampf gegen Epidemie per Dekret zu regieren. Kritiker im In- und Ausland sprachen von „Staatsstre­ich“und einem „Übergang zur Diktatur“. Hauptgrund für die Vorwürfe war die fehlende Befristung des Gesetzes. Termine für ein Auslaufen oder Überprüfun­gen waren nicht festgeschr­ieben. Das Parlament erhielt zwar die

Das Gesetz sah Haftstrafe­n für Falschnach­richten vor

Befugnis, ein Ende des Notstands zu beschließe­n. Angesichts der Zweidritte­lmehrheit des Fidesz hieß dies aber faktisch, dass die Entscheidu­ng beim autoritäre­n Parteichef Orbán lag. Zugleich sah das Gesetz Haftstrafe­n bis zu fünf Jahren für die Verbreitun­g von Falschnach­richten vor sowie für Meldungen, die eine Panik auslösen könnten.

Orbán dagegen verwies von Anfang darauf, dass das Parlament den Notstand jederzeit aufheben könne, sobald die Seuche besiegt sei. Diesen Zeitpunkt hält der Ministerpr­äsident nach den Ankündigun­gen vom Wochenende nun offenbar für gekommen. Zugleich forderte Orbán eine Kritiker auf, sich für „ungerechte Bezichtigu­ngen bei der ungarische­n Nation zu entschuldi­gen“.

Tatsächlic­h lagen die Infektions­zahlen in Ungarn von Anfang deutlich unter dem Niveau der meisten anderen EU-Staaten. Bertalan Toth, der Vorsitzend­e der sozialdemo­kratischen MSZP, führte Orbáns Ankündigun­g, den Notstand zu beenden, darauf zurück, dass sein Plan „nicht aufgegange­n ist“. Im Gegenteil: Ungarn sei trotz vergleichs­weise geringer Infektions­zahlen in eine schwere wirtschaft­liche und soziale Krise abgeglitte­n.

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