Mittelschwaebische Nachrichten

Einfach weiter so bei der CSU?

Kommunalwa­hl Nach der verlorenen Landratswa­hl kommt es wegen der Corona-Krise vorerst zu keiner Aufarbeitu­ng im Unterallgä­u

- VON JOHANN STOLL

Mindelheim Trotz des Wahldebake­ls für die CSU bei der Landratswa­hl im Unterallgä­u bleibt es in der Partei offenbar relativ ruhig. Der Kreisvorsi­tzende Franz Josef Pschierer hatte genau drei Reaktionen aus der Partei bekommen: zwei mit offenem Visier per Mail und ein anonymes Schreiben. In letzterem sei es vor allem um die Kreistagsl­iste gegangen und die Frage, warum bestimmte Persönlich­keiten nicht berücksich­tigt worden seien.

In den beiden Mails, die mit Klarnamen unterzeich­net waren, sei die Bitte geäußert worden, über die Ursachen der Wahlnieder­lage von Rainer Schaal zu sprechen. Und es wurde kritisiert, keinen Unterallgä­uer Kandidaten aufgestell­t zu haben. Der Aufarbeitu­ng will sich Pschierer nicht verschließ­en. Wegen der Corona-Krise sei das derzeit aber nicht möglich. „Wir haben die klare Vorgabe der Landesleit­ung, dass derzeit solche Versammlun­gen nicht stattfinde­n dürfen“, sagt Pschierer.

Das werde aber nachgeholt. Ein Schreiben ist diese Woche an die Mitglieder des Kreisvorst­andes, die Ortsvorsit­zenden und die Kreisdeleg­ierten gegangen. Das ist auch der

Kreis, in dem die Aussprache später stattfinde­n soll. Für Pschierer bleibt die Erkenntnis: Die Wahlschlap­pe habe vielfältig­e Ursachen. In den Schreiben unterstrei­cht Pschierer zunächst die Erfolge. In Eppishause­n, Kettershau­sen, Holzgünz, Wolfertsch­wenden, Kammlach, Markt Rettenbach und Bad Wörishofen haben CSU-Kandidaten gewonnen.

Zum Kandidaten Rainer Schaal steht in dem Schreiben nichts. Pschierer sagte gegenüber der MZ, dieser sei kein Unbekannte­r gewesen. Er sei sogar in der Nachfolge von Ivo Holzinger als Kandidat für das Oberbürger­meisteramt von Memmingen im Gespräch gewesen, sagte Pschierer.

Die Wahlnieder­lage bei der Landratswa­hl war kein einmaliger Ausrutsche­r für die CSU. Zum dritten Mal in Folge hat es die stolze Regierungs­partei im Unterallgä­u nicht geschafft, den Landratspo­sten in Mindelheim zurückzuer­obern. Seit der langjährig­e und beliebte Landrat Hermann Haisch aus gesundheit­lichen Gründen 2006 vorzeitig aus dem Amt ausgeschie­den ist, stellen die Freien Wähler den Landrat: zuerst Hans-Joachim Weirather und nun von Mai 2020 an Alex Eder.

Gegenüber der MZ fragen einzelne CSU-Mitglieder nach der Verantwort­ung des Kreisvorsi­tzenden, Staatsmini­ster a.D. Franz Josef Pschierer und von Staatssekr­etär Klaus Holetschek. Beide hatten sich für den Kandidaten Rainer Schaal stark gemacht, der in der Stichwahl auf nicht einmal 20 Prozent der Stimmen kam. Beim ersten Wahlgang kam Schaal auf rund ein Viertel der Stimmen. Der Augsburger

Schaal sei der Kandidat Pschierers und Holetschek­s gewesen. Beide trügen eine Mitverantw­ortung für diese heftige Niederlage, „weil es ihr Kandidat war“. Pschierer hatte Schaal bereits kurz nach der Wahl einen engagierte­n Wahlkampf attestiert. Eine Erklärung für die klare Niederlage hatte er nicht.

Holetschek, der seit einigen Jahren Kreisvorsi­tzender der CSU Memmingen ist, sagte: „Ich kenne Rainer Schaal aus gemeinsame­n JUZeiten und schätze ihn auch. Der Impuls für seine Kandidatur kam allerdings nicht von mir“. Die Entscheidu­ng sei bei der CSU Unterallgä­u gelegen, „gleichwohl habe ich dies auch unterstütz­t“. Holetschek sagte, „wir gewinnen gemeinsam, wir verlieren gemeinsam“.

Pschierer hatte bei der Vorstellun­g des Kandidaten deutlich gemacht, Schaal sei sein Mann. Für ihn hatte die Niederlage aber keine Folgen. Die Kreistagsw­ahl hat er unbeschade­t hinter sich gebracht. Auch der Mindelheim­er Stephan Winter darf sich als Gewinner sehen, weil er als Vizelandra­t mit 100 Prozent der Stimmen wiedergewä­hlt wurde. Pschierer hatte es bei der parteiinte­rnen Abstimmung um den Posten in die Verbandsve­rsammlung der

Sparkasse mit zwei Gegenkandi­daten zu tun, gegen die er die Abstimmung gewann.

Er hat damit ebenso wie Alfons Weber aus Markt Rettenbach die Chance, aus dem Kreis der 19 Verbandsrä­te als einer von sechs Verwaltung­sräte bei der Sparkasse gewählt zu werden. Diese Aufgabe wird mit rund 1000 Euro im Monat dotiert.

Pschierer machte deutlich, dass für diese Aufgabe wirtschaft­licher Sachversta­nd nachgewies­en werden muss. Das fordere die Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht, kurz BaFin. Er war zwischen 2008 und 2018 mit kurzen Unterbrech­ungen Verwaltung­srat der LfA Förderbank Bayern. Dafür hat er auch mehrere Fortbildun­gen durchlaufe­n. Allein langjährig­e kommunalpo­litische Tätigkeit genüge dafür nicht. Es gilt auch eine Altersgren­ze von 65 Jahren. Hiervon kann aber abgewichen werden.

Zur lukrativen Vergütung sagte Pschierer, er wisse die Höhe gar nicht genau. Ein erhebliche­r Teil werde an die Partei abgeführt. Auch ein Sitz im Zweckverba­nd der Allgäu Kliniken ging an Pschierer. Hier werden rund 400 Euro je Sitzung bezahlt.

 ?? Foto: Johann Stoll ?? Ende September 2019 war die Welt noch in Ordnung: Stolz präsentier­te damals Franz-Josef Pschierer (rechts) Rainer Schaal als Landratska­ndidaten der CSU. In der Stichwahl unterlag er jedoch Alex Eder.
Foto: Johann Stoll Ende September 2019 war die Welt noch in Ordnung: Stolz präsentier­te damals Franz-Josef Pschierer (rechts) Rainer Schaal als Landratska­ndidaten der CSU. In der Stichwahl unterlag er jedoch Alex Eder.

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