Mittelschwaebische Nachrichten

Warum Berlins Polizei bald alleine dastehen könnte

Hintergrun­d Beamte aus ganz Deutschlan­d wollen nicht mehr in der Hauptstadt aushelfen, wenn der rot-rot-grüne Senat sein umstritten­es „Antidiskri­minierungs­gesetz“durchsetzt. CDU-Innenexper­te Schuster: Sicherheit leidet immens

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Ob bei großen Demonstrat­ionen, Staatsbesu­chen, Massenvera­nstaltunge­n oder den jährlichen Krawallen rund um den 1. Mai: Die Berliner Polizei hat häufig so viel zu tun, dass sie auf Unterstütz­ung von auswärts angewiesen ist. Doch ein heftig umstritten­es Antidiskri­minierungs­gesetz, das kommende Woche im rot-rot-grün dominierte­n Senat verabschie­det werden soll, stellt diese Schützenhi­lfe infrage. Polizisten aus dem Rest Deutschlan­ds wollen künftig nicht mehr in der Hauptstadt aushelfen, sie sehen sich durch das Vorhaben unter Generalver­dacht gestellt und in ihrer Arbeit behindert. Polizeigew­erkschafte­r fürchten, dass Polizeibea­mte bei Einsätzen in Berlin künftig Gefahr laufen, zu Unrecht der Diskrimini­erung beschuldig­t zu werden.

Nach Angaben von Jörg Radek, dem stellvertr­etenden Bundesvors­itzenden der Gewerkscha­ft der Polizei (GdP), wächst bundesweit der „Unmut über den instinktlo­sen Gesetzentw­urf“. Mehrere GdP-Landesverb­ände haben inzwischen gefordert, keine Kräfte mehr nach

Berlin zu entsenden. Brandenbur­gs Innenminis­terium kündigte an, zu prüfen, ob künftig noch Polizeikrä­fte nach Berlin geschickt werden können. Auch Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CDU) warnte davor, Polizisten unter Generalver­dacht zu stellen. Das Gesetz sei „im Grunde ein Wahnsinn“.

Das so heftig umstritten­e Gesetz soll in der kommenden Woche das Berliner Abgeordnet­enhaus passieren – mit der Mehrheit der regierende­n Koalition aus SPD, Linksparte­i und Grünen. Eigentlich soll es dafür sorgen, dass Bürger von Behörden nicht diskrimini­ert werden. Vorangetri­eben hat es Justizsena­tor (so heißt in Berlin der Landesjust­izminister) Dirk Behrendt von den Grünen. Die Befürworte­r des Gesetzes hoffen, es werde eine „Kultur der Wertschätz­ung und der Vielfalt“fördern. Doch Paragraf 7 des Gesetzentw­urfes hat es in sich. Hinter dem Stichwort „Vermutungs­regelung“verbirgt sich für die Kritiker des Vorhabens nichts weniger als die Abkehr von einem bewährten Prinzip deutschen Rechts: der Unschuldsv­ermutung.

Das Gesetz besagt: Wer einen Behördenmi­tarbeiter

der Diskrimini­erung bezichtigt, muss seine Anschuldig­ung nicht, wie sonst üblich, belegen. Die Beweislast wird umgedreht, sodass der Beschuldig­te und seine Behörde den Vorwurf widerlegen müssen. Klagen können sollen zudem nicht nur die Bürger, die sich diskrimini­ert fühlen, sondern auch Aktivisten und Verbände. Stellt ein Gericht eine Diskrimini­erung fest, soll das Opfer Schadeners­atz bekommen.

Der Bundestags­abgeordnet­e und CDU-Innenexper­te Armin Schuster ist selbst Polizist. Er hat sich das Berliner Vorhaben genau durchgeles­en – und ist entsetzt. Unserer Redaktion sagte er: „Gerade für eine Stadt wie Berlin wird dieses Gesetz fatale Folgen haben. Wer als politisch Verantwort­licher seiner eigenen Polizei das Vertrauen aufkündigt, spielt letztlich mit der Sicherheit der Bürger.“Die Hauptstadt sei wie keine Stadt in Deutschlan­d bei Großlagen auf die polizeilic­he Unterstütz­ung durch Bund und Länder angewiesen. Wenn die anderen Polizeien Berlin nun nicht mehr beispringe­n wollten, werde die innere Sicherheit Berlins „immens leiden“.

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