Mittelschwaebische Nachrichten
Wie ein Sportverein durch die Krise kommt
Coronavirus Seit dem 11. Mai darf auf den Sportplätzen in Kleingruppen trainiert werden. Wie der TSV Niederraunau mit seinen 970 Mitgliedern durch die Krise kommt
Niederraunau „Es ist das erste Mal, dass sich unsere A-Jugend im Handball für die Bundesliga qualifizieren könnte“, erzählt die Vorsitzende des TSV Niederraunau, Birgitta Pickl. Sie stockt: „In so einer wichtigen Zeit nicht wie gewöhnlich trainieren zu können, das ist wirklich schlimm.“
Erst seit 11. Mai darf auf den Sportplätzen in Bayern wieder trainiert werden. Allerdings nur in Kleingruppen und unter strengen Auflagen. Als die Sportanlagen noch gesperrt waren, hätten sich die Jugendlichen im Alter von 17 bis 18 Jahren von zu Hause aus und unter Anweisung ihres Trainers auf die Qualifikationsspiele vorbereitet.
„Wir haben versucht, das Beste aus der Situation zu machen“, sagt sie. Ein Training von zu Hause und ohne Teamkollegen sei für so einen wichtigen Wettkampf allerdings nicht optimal. Oftmals fehle die notwendige Disziplin alleine zu trainieren. „Die Jugendlichen sind Mannschaftssportler und keine Einzelkämpfer“, sagt Birgitta Pickl. Natürlich würde es in jeder Gruppe Spieler geben, die von Haus aus gerne Sport treiben und ohne Training freiwillig joggen gehen oder Kraftübungen machen.
Das sei, so Pickl, aber nicht der Großteil. Auch das Training in Kleingruppen sei für die Handballer eine richtige Herausforderung. Jeden Ball, den die Sportler benutzen, müssten sie vorher desinfizieren. Während des Trainings müssten die Spieler den Mindestabstand von anderthalb bis zwei Meter einhalten, dürften sich untereinander keine Bälle zuspielen und keinen Körperkontakt haben.
„Natürlich kann man in Kleingruppen die Ausdauer trainieren oder den Wurf auf das Tor verbessern“, erklärt sie. Das reiche für eine gute Handballmannschaft allerdings nicht aus. Im Handball sei das taktische Spiel von herausragender Bedeutung. „Wie soll man das üben, wenn die Spieler sich keine Bälle zuwerfen dürfen?“
Ob die Handballsaison in diesem Jahr überhaupt stattfinde, sei, so
Pickl, noch ungewiss. Falls der Startschuss für die Qualifikationsrunde aber komme, könnten die Jugendlichen nicht erst mit der Vorbereitung beginnen. In der Leichtathletik sei die Saison bereits gestartet. Wegen des Coronavirus wurden die Wettkämpfe abgesagt. Die auferlegten Schutzmaßnahmen, gerade das Trainieren in Kleingruppen, seien in der Leichtathletik besser umsetzbar. „In der Leichtathletik wird auch unter normalen Umständen nebeneinander gesprintet. Anders als im Fuß- oder Handball geht es da nicht um Körperkontakt“, erklärt sie.
Mindestens neun Wochen sei das Training beim TSV Niederraunau komplett eingestellt gewesen. „Wenn die Mannschaften wieder wie gewohnt in größeren Gruppen trainieren, wird es Unterschiede in der Fitness der Sportler geben“, berichtet die Vorsitzende. Da müsse man die Mitglieder erst wieder motivieren, Sport zu machen. Auch sei mit einem Rückgang der Mitgliederzahlen zu rechnen. Nach so einer langen Zeit, ohne wöchentliches
Training, würde sich bei dem einen oder anderen Mitglied, so Birgitta Pickl, die Frage stellen, ob er überhaupt noch weiter trainieren möchte. „Gerade in unserer Sportgruppe für ältere Menschen denke ich, dass viele dann ganz zu Hause bleiben.“
Durch die auferlegten Schutzmaßnahmen leide allerdings nicht nur die körperliche Fitness. Es sei der soziale Kontakt mit den Teamkollegen, der den Sportlern wirklich fehle. „Gerade die Kinder sehnen sich danach, wieder gewohnt trainieren zu können“, sagt sie betrübt. Das Einstellen des Trainingsbetriebs hätten der Vorstand und die Abteilungsleiter aber auch erfinderisch gemacht. „Wir haben versucht Videos mit Trainingseinheiten zu drehen und an unsere Mitglieder per WhatsApp zu schicken.“
Der bayrische Handball- und Leichtathletikverband hätte Youtubevideos mit verschiedenen Übungen bereitgestellt. Anders als beim realen Training könnte man aber nicht kontrollieren, ob die Übungen wirklich daheim nachgemacht werden.
Da sich auch der Vorstand wegen den auferlegten Schutzmaßnahmen nicht treffen durfte, wäre insbesondere die Abstimmung für den Einzug des Kindergartens St. Gabriel auf das Sportgelände über WhatsApp erfolgt. Als Ausweichquartier während der Um- und Anbauphase wurde der Kindergarten nördlich des TSV Heims in Niederraunau eingerichtet.
Die Verlagerung eines Kindergartens auf das Sportgelände bringe, so Pickl, natürlich Einschränkungen mit sich.
„Wenn die Kinder nach den Schutzmaßnahmen wieder wie gewohnt in den Kindergarten gehen dürfen und auch die Mittagsbetreuung im Sportheim stattfindet, wird es für uns als Sportverein bestimmt eine Umstellung werden.“
Wichtig sei es da, dass Sportverein und Kindergarten zusammenarbeiten. Der Umgang mit dem Coronavirus sei für den TSV Niederraunau eine ganz neue Herausforderung. Wann die Generalversammlung stattfinde, sei, so Birgitta Pickl, noch ungewiss.