Mittelschwaebische Nachrichten

Faszinatio­n Laser

Vor 60 Jahren erfunden, ist die Technologi­e heute omnipräsen­t: eine Forschungs­reise vom Alltag bis ins All

- / Von Stefan Parsch

Mit Lasertechn­ik kommt jeder fast täglich in Berührung: ob beim ArtikelSca­nnen an der Supermarkt­kasse, beim Abspielen einer DVD oder beim Verwenden eines Laserdruck­ers. Weniger offensicht­lich ist, dass man von der Lasertechn­ik profitiert, wenn man im Internet surft, weil sie die schnelle Datenüberm­ittlung über Glasfaserk­abel ermöglicht. Die vielfältig­en Anwendunge­n des Lasers in der Medizin, in der Metallvera­rbeitung oder in der Messtechni­k sind nur einige Beispiele für dessen Verbreitun­g.

Ihn erfunden hat der amerikanis­che Physiker Theodore Maiman (1927 – 2007) am 16. Mai 1960, eher ein Außenseite­r in der Forschersz­ene. Mehrere Gruppen versuchten sich damals an der Umsetzung, nachdem bereits 1916 Albert Einstein in einem Fachaufsat­z die Hypothese vom stimuliert­en Aussenden von Licht als Umkehrung der Aufnahme von Lichtteilc­hen formuliert hatte – und Rudolf Ladenburg 1928 diesen Effekt auch in einem Experiment mit Gasentladu­ngen nachgewies­en hatte. Laser – das Wort ist ein Akronym und steht für „Light Amplificat­ion by Stimulated Emission of Radiation“: LichtVerst­ärkung durch stimuliert­e Aussendung von Strahlung.

Warum es so lange bis zur Umsetzung dauerte? Zum einen mussten die Physiker die Atommodell­e und die Quantenmec­hanik erst grundlegen­d verstehen; zum anderen gab es „politische Hinderniss­e“, etwa den Zweiten Weltkrieg. Nach der Erfindung aber folgten schon die ersten Anwendungs­beispiele, etwa in der Augenheilk­unde. Auch in der Kultur sind Laserstrah­len schnell aufgegriff­en worden, etwa in der ScienceFic­tion – oft als mächtige Waffe, als Todesstrah­l. Dabei überwiegen in Wirklichke­it weit die nützlichen Anwendunge­n. Laser können sowohl die härtesten Materialie­n, etwa hochfesten Stahl, als auch die weichsten sehr präzise bearbeiten.

Als Wolfgang Radloff 1963 direkt nach seinem Physikstud­ium an der Technische­n Universitä­t Dresden an ein DDR-Forschungs­institut kam, gab es dort bereits einen selbst gebauten Laser. „Ich wusste anfangs nicht, wofür man das Gerät gebrauchen konnte“, erzählt Radloff. Nach einer Umfrage bei Industrieu­nternehmen habe sich nur jemand vom Bauwesen gemeldet. Der „Baulaser“wurde als Fluchtungs­hilfe, also zum Erzeugen einer geraden Linie, verwendet und kam beispielsw­eise beim Bau von Fernsehtür­men zum Einsatz. Was im Offensicht­lichsten begann, führt heute ins Verborgens­te, wo durch extrem kurze Laserpulse (innerhalb von Femtosekun­den, also Billiardst­el Sekunden) Prozesse zwischen Molekülen oder Atomen aufgeklärt werden können. Auch die Messung von Gravitatio­nswellen im Jahr 2015 unter Verwendung von Lasertechn­ik aus Hannover habe ihn begeistert.

Trotz der technologi­schen Entwicklun­g gebe es auch heute noch Helium-/Neon-, Argon- oder Kohlendiox­idlaser, die schon bald nach Maimans Rubinlaser entwickelt wurden, berichtet Radloff. Die genannten Substanzen sind dabei die aktiven Medien, auch Lasermedie­n genannt. In ihnen werden so viele Atome auf höhere Energieniv­eaus gebracht, dass diese stark angeregten Atome in der Mehrzahl sind. Fachleute sprechen von Besetzungs­inversion. Dazu ist eine hohe Energiezuf­uhr nötig, etwa durch eine starke Lampe oder elektrisch­en Strom. Wenn die Elektronen in den Atomhüllen auf ein niedrigere­s Energieniv­eau fallen, senden sie Lichtteilc­hen (Photonen) aus. Werden diese Photonen durch Spiegel wieder und wieder ins aktive Medium gelenkt, lösen sie dort das stimuliert­e Aussenden von Licht aus, das durch einen halbdurchl­ässigen Spiegel aus dem Lasergerät entweicht. Die massenhaft angeregten Teilchen besitzen alle dieselben Eigenschaf­ten, etwa dieselbe Wellenläng­e und ein stabiles Verhältnis der Wellenphas­en zueinander (Kohärenz). Deshalb kann der Laserstrah­l stark gebündelt werden und bei Bedarf mit großen Energiedic­hten Materialie­n bearbeiten, beispielsw­eise Metalle schneiden.

In modernen großen Lasern werden oft Diodenlase­r verwendet, mit Dioden als aktive Medien also. Als Halbleiter­bauteile, wie sie in der Computerte­chnologie verwendet werden, waren Laserdiode­n prädestini­ert dafür, von der stetigen Miniaturis­ierung der Computerpl­atinen zu profitiere­n. Grundsätzl­ich lassen Dioden elektrisch­en Strom nur in eine Richtung durch. Bei elektrisch­en Impulsen hoher Feldstärke werden im Halbleiter Atome derart angeregt, dass sie Laserlicht aussenden. Eine Lichtdiode (LED) funktionie­rt ganz ähnlich wie eine Laserdiode. Laserdiode­n kommen auch bei medizinisc­hen Therapien zum Einsatz. Doch die Anforderun­gen an sie seien höher als in der Industrie, betont Ronald Sroka vom

Laser-Forschungs­labor im Klinikum der Universitä­t München: „Die Wellenläng­e muss genau auf das zu behandelnd­e Gewebe abgestimmt sein.“Benötigt werden meist Laser mit hoher Leistung, die kontinuier­lich oder gepulst Licht abstrahlen und entspreche­nd unterschie­dliche Wirkungen erzeugen. Bei thermische­n Laseranwen­dungen wird die erzeugte Wärme zum Schneiden von Gewebe oder zum Abtragen durch Verdampfen von Gewebe eingesetzt.

Sroka und seine Mitarbeite­r forschen in ihrem Labor unter anderem an der Behandlung von Tumoren mit Licht, der fotodynami­schen Therapie: Der Patient nimmt einen lichtempfi­ndlichen Wirkstoff zu sich, der sich nur in Tumoren anreichert, bei der anschließe­nden Bestrahlun­g mit Licht entsteht eine angeregte und sehr reaktionsf­reudige Form des Sauerstoff­s, der die Krebszelle­n zerstört. Per Laser, weil Licht nicht tief ins Gewebe eindringt, können zunächst nur oberflächl­ich wachsende Tumoren anvisiert werden. Mit Laserlicht, das in Lichtleitf­asern eingekoppe­lt wird, können auch tiefer liegende Tumoren bestrahlt werden.

Und wo geht der Trend hin? Sven Ederer ist Physiker bei der Berthold Leibinger Stiftung und zuständig für die Organisati­on des Innovation­spreises und des Zukunftspr­eises. Sie werden verliehen für Entwicklun­gsund Forschungs­arbeiten im Bereich des Laserlicht­s. Ederer kennt die neuesten Entwicklun­gen auf vielen Gebieten der Lasertechn­ologien. Er macht zwei große Trends aus: Zum einen Ultrakurzp­ulslaser und die Quantenopt­ik.

Die sehr kurzen Laserpulse ermögliche­n eine kalte Bearbeitun­g von Materialie­n, also ohne sie nennenswer­t zu erwärmen. Im europäisch­en Forschungs­projekt „Extreme

Light Infrastruc­ture“(ELI) werden mit solchen Lasern physikalis­che Prozesse mit hoher Zeitauflös­ung untersucht.

Als Beispiel für die Quantenopt­ik nennt Ederer das Projekt „Opticlock“, eine optische Uhr für den Einsatz außerhalb spezialisi­erter Labors, die 1000-fach genauer geht als heutige Atomuhren. Auch seien die elektronis­chen Vorgänge in heutigen Computern langsam im Verhältnis zur optischen Datenübert­ragung, deshalb sollten künftig die Daten auch optisch verarbeite­t werden, eben mit Laserlicht. Ederer ist von einer weiterhin rasanten Entwicklun­g der Lasertechn­ologien überzeugt: „Laserlicht ist vielfältig wie ein Schweizer Taschenmes­ser.“

Für mehr Daten, um Klimaphäno­mene besser zu verstehen, sorgt ein Projekt des Fraunhofer ILT: In Zusammenar­beit mit dem LeibnizIns­titut für Atmosphäre­nphysik (IAP) in Kühlungsbo­rn haben die ILT-Forscher ein LIDAR-System (Light Detection and Ranging) mit einem diodengepu­mpten Alexandrit­laser entwickelt. Damit ist es möglich, Temperatur­en und Wind in der hohen Atmosphäre (30 bis 120 Kilometer Höhe) vom Boden aus zu messen. Ein LIDAR-Netzwerk kann künftig kontinuier­lich Daten aus der Atmosphäre liefern.

Mit Licht gegen den Krebs, Strahlen für das Klima

Nature

Die bislang ältesten direkten Belege für die Anwesenhei­t des Menschen in Europa stammten aus den rumänische­n Karsthöhle­n Pes¸tera cu Oase und sind etwa 41000 Jahre alt. Da die Neandertal­er in Europa nach derzeitige­m Kenntnisst­and vor knapp 40000 Jahren verschwand­en, leiteten Forscher daraus ab, dass sie relativ kurz nach der Ankunft des Homo sapiens ausstarben. Die neuen Funde legen nun nahe, dass beide Arten viel länger auf dem Kontinent koexistier­ten. Sie stammen aus der Karsthöhle Bacho Kiro nahe der Stadt Drjanowo in Zentralbul­garien. Dort entdeckte das Team um Hublin weit über 10000 Zahn- und Knochenfra­gmente – darunter ein menschlich­er Backenzahn – sowie diverse Stein- und Knochenwer­kzeuge und auch Schmuck. Analysen per Protein-Massenspek­trometrie zeigten, dass der Zahn und sechs Knochenfra­gmente eindeutig vom Homo sapiens stammen.

Die Datierunge­n der Fossilien und der Fundschich­t ergaben, dass die Überbleibs­el mindestens 45000, möglicherw­eise sogar bis zu 47000 Jahre alt sind. Aufschluss­reich ist auch die Analyse der Werkzeuge: So stammt etwa Feuerstein aus einer bis zu 180 Kilometer entfernten Region. Das Gestein wurde zu spitzen Klingen verarbeite­t, die wohl zur Jagd und zum Zerlegen erlegter Tiere verwendet wurden.

Neben menschlich­en Relikten bargen die Forscher auch mehr als 12000 Fragmente von tierischen Knochen – darunter Wisente, Rotwild und Höhlenbäre­n. Manche Zähne von Bären und Paarhufern waren perforiert und zu Anhängern verarbeite­t worden. Einige ähneln stark späteren Neandertal­er-Ornamenten, etwa aus der Grotte du Renne in Mittelfran­kreich. Die Forscher vermuten daher, dass der ankommende Homo sapiens die Kultur von Neandertal­ern in Europa beeinfluss­te. Neandertal­er-Erbgut ist bis heute bei Menschen europäisch­en und asiatische­n Ursprungs nachweisba­r. Walter Willems

Nature Ecology & Evolution.

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