Mittelschwaebische Nachrichten
Schneller als die Polizei erlaubt
Verkehr Frisierte Fahrräder – ein neues und gefährliches Phänomen
Die Kunst, ein lahmes Zweirad flottzumachen, hat noch jede Generation von Jugendlichen beherrscht. Wenn das Mofa tatsächlich nur 25 fuhr oder das Moped die erlaubten 40 Stundenkilometer partout nicht überschreiten wollte, genügten häufig schon ein paar kleine Eingriffe, um ein biederes Schnauferl in ein Geschoss für Halbstarke zu verwandeln. Mal rasch ein neues Ritzel eingebaut, den Luftfilter etwas durchlässiger gemacht oder den Ansaugstutzen aufgebohrt – und schon war die Karre fast doppelt so schnell.
In den 70er und 80er Jahren war das sogenannte Frisieren eine Art Volkssport – dass der mit dem Entzug
der Betriebserlaubnis enden konnte und gefährliche Unfälle provozierte, kümmerte die wenigsten. Zeitweise war in Deutschland jedes zweite Moped oder Mofa frisiert.
Ein Fahrrad war damals etwas für Spaßbremsen, für Ewiggestrige oder langmähnige Grünen-Sympathisanten. Heute dagegen werden Fahrräder genauso getunt wie Mofas – die Kits zum Manipulieren von EBikes, den sogenannten Pedelecs, sind dabei nicht größer als eine Streichholzschachtel und machen ein Fahrrad mit Elektromotor mit wenigen Handgriffen doppelt so schnell wie die erlaubten 25 Stundenkilometer. Einige dieser Geräte können die Manipulation bei einer Kontrolle sogar auf Knopfdruck verbergen. Im Rausch der Geschwindigkeit, dem offenbar immer mehr Radler verfallen, sei eines allerdings nicht vergessen: Durch das Frisieren ermüden wichtige Bauteile wie Lenker, Rahmen oder Sattelstützen schneller – und brechen irgendwann. Schon jetzt steigt die Zahl der Menschen, die mit ihrem E-Bike tödlich verunglücken, jedes Jahr mit zweistelligen Raten.