Mittelschwaebische Nachrichten
Dem Leben mehr Luft lassen
„
In den Medien spielen die wirtschaftlichen Auswirkungen oder die Probleme im Sport eine viel größere Rolle. Dort gibt es einflussreiche und starke Verbände, die die Interessen ihrer Mitglieder vertreten. Für Familien sieht das anders aus, sie haben kein Sprachrohr, das ihre Anliegen öffentlich macht“: Es ist eine leider wohl zutreffende Aussage. Sie stammt von der promovierten Sozialpädagogin Severine Thomas, die derzeit für die Universität Hildesheim und die Goethe-Universität Frankfurt eine Studie über die Auswirkungen der Corona-Krise auf Familien mitbetreut. In der Tageszeitung Die Welt hat sie das Projekt vor einigen Tagen in einem Interview ausführlich vorgestellt.
Was dort nachzulesen ist, stimmt mitunter sehr nachdenklich. Deutlich wird unter anderem, wie die Doppelherausforderung Homeoffice und Kinderbetreuung offensichtlich für nicht wenige Familien zu einer großen Belastung geworden ist. Diese Belastung konnte Menschen schlichtweg in die Nähe des Burn-outs oder gar in diesen hinein führen. Welche Langzeitfolgen in solchen Fällen bleiben – es lässt sich derzeit schwer abschätzen.
Die Corona-Krise scheint jetzt glücklicherweise allmählich abzuklingen. Vielleicht war und ist es aber gerade diese Krise, die den Blick auf Lebensentwürfe offenlegt, die bei so manchen regelrecht bis auf den letzten Millimeter durchgeplant sind. Sie sind gewissermaßen „auf Kante genäht“und kennen „keine Reserve“. Dem Leben generell wieder „etwas mehr Luft lassen“: Das mag eine Erkenntnis sein, die nach der Corona-Krise hoffentlich bleiben wird.