Mittelschwaebische Nachrichten

100 Tage als Bürgermeis­ter

Serie Wie Alois Held, der neue Bürgermeis­ter von Thannhause­n, nach rund 100 Tagen im Amt eine erste Bilanz seiner Arbeit zieht. Die Vorhänge in seinem Amtszimmer im Rathaus hat er meist zurückgezo­gen

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Verändert hat sich das Berufslebe­n von Alois Held in Thannhause­n. Seit gut 100 Tagen ist er Bürgermeis­ter der Stadt. Ein Bilanzgesp­räch gibt es auf

Thannhause­n Alois Held ist seit gut 100 Tagen Bürgermeis­ter in Thannhause­n. In einem Gespräch mit unserer Zeitung zieht er eine erste Bilanz über seine Tätigkeit und aktuelle Projekte.

Herr Held, seit knapp 100 Tagen amtieren Sie jetzt als Thannhause­r Bürgermeis­ter. Wie fühlt es sich an im Amt?

Bürgermeis­ter zu sein, das ist schon eine ganz andere Nummer, als ein Stadtratsm­andat zu haben. Als Stadtrat arbeitet man ehrenamtli­ch und neben seinem eigentlich­en Beruf. Jetzt musste ich kündigen und meinen Beruf aufgeben. Aber die Bürgermeis­terstelle ist ja auch dotiert. Man ist ja auch nicht nur Bürgermeis­ter in Thannhause­n, man hat noch Ämter im Schulverba­nd, im Abwasserzw­eckverband, der Verwaltung­sgemeinsch­aft, der Wohnungsba­ugesellsch­aft und im Verwaltung­srat der Sparkasse. Aber es fühlt sich sehr gut an, ich habe mich gut eingelebt. Gerade erst war ich im Seminar für neue Bürgermeis­ter, das wegen Corona erst jetzt und nicht zu Beginn meiner Amtszeit stattgefun­den hat. Das war vor allem auch fürs Netzwerk sehr gut.

Haben Sie etwas geändert im Amtszimmer des Rathauses?

Ich habe eigentlich alles so gelassen, wie es mein Vorgänger eingericht­et hatte, sogar die Farben. Grün gefällt mir. Wir haben hier ja ein sehr schönes, neues Gebäude. Allerdings schiebe ich gerne die Vorhänge zurück, was auch schon bemerkt wurde. Die Leute können mich an meinem Schreibtis­ch sehen. Wenn ich die Fenster offen lasse, ist es aber doch sehr laut hier am Raiffeisen­platz.

Können Sie einfach wieder zurück in Ihren Beruf als Personalle­iter, gibt es ein Arrangemen­t mit Ihrem früheren Arbeitgebe­r?

Nein, ich habe klassisch gekündigt und alle Zelte abgebroche­n. Christiana Leitenmaie­r hat mich bis zuletzt sehr unterstütz­t, worüber ich sehr froh war, aber ich habe alle Zelte abgebroche­n. Die Frage belastet mich aber überhaupt nicht, ich konzentrie­re mich ganz auf meine neue Rolle.

Haben Sie sich für diese neue Rolle auch andere Kleidung, zum Beispiel einen „Bürgermeis­teranzug“, gekauft? Einen Bürgermeis­teranzug direkt nicht, aber ich bin schon einkaufen gewesen (schmunzelt). In dem Zusammenha­ng möchte ich das Abschiedsg­eschenk meiner ehemaligen Kollegen erwähnen, die mir tatsächlic­h ein paar Hemden geschenkt haben.

Wenn wir gerade bei der Kleidung sind, wie halten Sie es mit Krawatten? Bei mir muss es erst mal ohne Krawatte gehen. Natürlich habe ich irgendwo schon welche im Schrank. Aktuell fallen ja auch repräsenta­tive Termine aus, so kam ich noch nicht in die Bredouille. Das erleichter­t vielleicht auch den Einstieg ins Bürgermeis­teramt. Corona ist also nicht nur eine Belastung, sondern kann auch Vorteile haben. Allerdings würde ich schon gerne die Bürger auch persönlich treffen, gerade die Jubilare. Gratulatio­nsbesuche fallen aus und sie müssen mit einer Karte vorliebneh­men.

Fragen Ihre Kinder den Papa auch mal nach der neuen Art von Arbeit im Rathaus?

Eigentlich nicht, aber bei meinem Kleinen fallen Begriffe wie „Chef von Thannhause­n“, da muss ich schon versuchen, ihn einzubrems­en. In einer Sportstund­e soll er gesagt haben, „Frauen ratschen immer und Papa jetzt auch, denn er ist jetzt Bürgermeis­ter“. Die Familie darf natürlich trotz des Bürgermeis­teramtes nicht zu kurz kommen.

wurde von mehreren ehemaligen Bürgermeis­tern geraten, sich dafür ausreichen­d Zeit zu nehmen, und ich versuche, das einzubauen. Jetzt geht es in den Urlaub, aber das Tablet nehme ich mit. Zumindest meine E-Mails werde ich einmal am Tag checken, man will ja doch auch erreichbar sein.

Wie ist es, zusammen mit Ihrer Frau, die für die JU im Stadtrat ist, Politik zu machen?

Das hat in Thannhause­n mit dem Ehepaar Olbrich ja fast schon so etwas wie Tradition. Es ist erstaunlic­h unproblema­tisch, sowohl im Stadtrat als auch daheim. Anders wird es dann vielleicht, wenn sie mir im Stadtrat das erste Mal widersprec­hen sollte. Wir haben uns tatsächlic­h Gedanken gemacht, ob sie das Mandat annehmen soll. Aber wir haben uns schließlic­h für den Wählerwill­en entschiede­n. An dieser Stelle möchte ich mich auch bei den Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn bedanken, die mich tatkräftig unterstütz­en und mich hervorrage­nd „einarbeite­n“.

Wie erleben Sie den Seitenwech­sel vom Stadtratsm­itglied zum Vorsitzend­en des Gremiums?

Die Verantwort­ung ist jetzt eine ganz andere, zum Beispiel für die Mitarbeite­r im Rathaus, die nicht rund um die Uhr anwesend sein können, wie man es ja von mir erwarten könnte. Auch habe ich die Nachbarkom­munen und deren Möglichkei­ten mit im Blick und man kennt die Ressourcen, die die Verwaltung hat. Als Stadtrat will man Impulse setzen, gerne schneller agieren und hat mit Tagesordnu­ngspunkten zu tun. Als Bürgermeis­ter weiß man, dass nach einem Beschluss die Arbeit erst richtig losgeht. Der bürokratis­che Aufwand, der dahinter steht, wird manchmal unterschät­zt. Aber ich bin stolz auf unsere Stadträte, auf die Sitzungen, die wir bisher als Gremium bewältigt haben.

Die letzte Sitzung war sehr lang, aber wir brauchen Beschlüsse, um handeln zu können.

Welche Großprojek­te sind in Thannhause­n gerade aktuell?

Da ist die Dreifachtu­rnhalle – ein Graus, wie das Projekt läuft. Es hat in vielen Gewerken gehapert. Wir hoffen, sie ab September eingeschrä­nkt nutzen zu können. Dann haben wir den Hochwasser­schutz. Da war mir wichtig, dass die Stadträte vor der Sommerpaus­e noch auf den neuesten Stand gebracht werden. Noch heuer soll mit dem Deichbau nahe dem Autohaus Landherr begonnen werden. Ein weiteres großes Projekt ist die WasMir serversorg­ung. Der Hochbehält­er ist saniert und voll in Betrieb. Für die Bohrung der drei neuen Brunnen ist der Auftrag vergeben. Bei unserer dritten Kindertage­sstätte im ehemaligen Schullandh­eim geht der Bau sehr gut voran. Ich war erst auf der Baustelle. Im Dezember ist die Eröffnung mit zunächst einer Krippenund einer Kindergart­engruppe vorgesehen.

Was wünschen Sie sich für die Stadt und die Stadtratsa­rbeit?

Mal ist die Arbeit im Stadtrat problemati­sch und schwierig, man weiß nicht, wohin die Diskussion läuft, aber ich komme gut klar mit allen Fraktionen, denke ich. Aktuell findet wenig Kommunikat­ion außerhalb statt. Nach der letzten Sitzung sind wir noch ins Peperosso eingekehrt. Da war der persönlich­e Austausch gut und nicht so förmlich, das könnten wir eventuell mehr ausbauen. In der Stadt die Aufenthalt­squalität für die Menschen zu erhöhen, wäre ein großes Ziel. 2021 beginnen wir damit in der Christoph-vonSchmid-Straße, wo es auch einen Zugang zum Wasser der Mindel geben soll. Weiterführ­en müssen wir das noch in der Bahnhofstr­aße. Wir wollen Leben in die Stadt bringen, daraus entwickelt sich dann auch vieles andere.

Bisher hatte ich wenig Möglichkei­t, die Visionen der Stadträte für unsere Stadt kennenzule­rnen. Da freue ich mich dann auf die Stadtratsk­lausur im Oktober. Ich bin mir sicher, da kommt die eine oder andere Überraschu­ng auf.

Interview: Annegret Döring

 ?? Foto: Annegret Döring ?? Grün herrscht vor im Amtszimmer von Bürgermeis­ter Alois Held im Rathaus in Thannhause­n. Die Stadtfahne hat er im Rücken, die Projekte vor sich am Computer. Die ersten 100 Tage seiner Amtszeit hat er gut hinter sich gebracht.
Foto: Annegret Döring Grün herrscht vor im Amtszimmer von Bürgermeis­ter Alois Held im Rathaus in Thannhause­n. Die Stadtfahne hat er im Rücken, die Projekte vor sich am Computer. Die ersten 100 Tage seiner Amtszeit hat er gut hinter sich gebracht.
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