Mittelschwaebische Nachrichten

Der neue Feind unserer Honigbiene

Die Asiatische Hornisse gilt als aggressive Bedrohung. Bald soll das exotische Insekt Bayern erreichen. Die Bürger werden um Mithilfe gebeten

- Carolin Gißibl, dpa

Würzburg Der neue Gegner der bayerische­n Honigbiene ist rund drei Zentimeter groß, kann rückwärts fliegen, in der Luft wie ein Helikopter stehen und ist blitzschne­ll. Der Name: „Vespa velutina“alias Asiatische Hornisse. Das Problem: Die Biene kennt ihren neuen Feind noch nicht, doch der lauert vor ihren Fluglöcher­n. Die Folge: Das Bienenvolk stellt die Arbeit ein, verbraucht aber weiterhin Nektar.

Der Exot aus dem südostasia­tischen Raum ist nach Angaben der Europäisch­en Union eine der gefährlich­sten invasiven Arten überhaupt – für Imker eine ernsthafte Bedrohung. Laut Prognosen soll die Asiatische Hornisse bald die Grenzen zum Freistaat überfliege­n. Derzeit sei sie nur noch 30 bis 40 Kilometer von Unterfrank­en entfernt, sagt Bienenexpe­rtin Nicole Höcherl von der Landesanst­alt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Würzburg. Jederzeit müsse man mit dem ersten Fund in Bayern rechnen.

Das Würzburger Institut für Bienenkund­e und Imkerei der LWG Bayern etablierte ein bayernweit­es Frühwarnsy­stem. Im Rahmen des Forschungs­projekts „BeeWarned“werden Daten gesammelt, wann, wo und wie schnell sich das Insekt im Freistaat ausbreiten wird. Jeder bayerische Imker sollte eine Asiatische Hornisse sicher bestimmen können. Auch die Bevölkerun­g ist gebeten, mögliche Sichtungen der neuen Art zu melden. Denn wenn sich die Asiatische Hornisse erst mal einrichtet, ist es schwer, nachzukomm­en: Die Asiatische­n Hornissen bilden stabile Population­en und haben wenige Fressfeind­e oder Jagdkonkur­renten in der Gegend.

Zwar jagt auch die heimische Hornisse Honigbiene­n, aber diese machen laut Höcherl nur fünf Prozent der Beute aus. „Bei der Asiatische­n Hornisse sind es mindestens 37 bis maximal 85 Prozent“, sagt Höcherl. Zudem sind die Völker mit 1000 bis über 2000 Tieren viel größer, bei der einheimisc­hen Hornisse sind es 400 bis 700. Die Nistplätze der Asiatische­n Hornisse befinden sich meist in Baumwipfel­n in über zehn Meter Höhe und werden oft erst im Spätherbst gefunden, wenn Laub von den Bäumen fällt. Dann können die Königinnen, die ab September begattet werden und im nächsten Jahr die Nester gründen, schon in ihr Winterquar­tier ausgefloge­n sein.

In Europa wurde das erste Exemplar der Art „Vespa velutina“im Jahr 2004 in Bordeaux entdeckt, vermutlich durch Töpferware eingeschle­ppt. In Deutschlan­d konnte das erste Tier 2014 in Baden-Württember­g nachgewies­en werden. Im September vergangene­n Jahres identifizi­erten Wissenscha­ftler des

Centrums für Naturkunde der Universitä­t Hamburg erstmals ein lebendes Exemplar. Ein halbes Jahr später, im Frühling 2020, fanden Naturschüt­zer ein ganzes Nest in der Hansestadt.

In diesem Jahr wurde in den USA eine rund fünf Zentimeter große Asiatische Hornisse gefunden, laut Entomologe­n eine der größten Hornissen der Welt. Ihr Stachel soll für manche Menschen tödlich sein. Daher wurde sie in den Medien auch als „Mörderhorn­isse“oder „Honigbiene­nkillerin“

betitelt. Allerdings: Bei dieser Riesenhorn­isse handelt es sich um die eingeschle­ppte Art „Vespa mandarinia“, die in Deutschlan­d nicht vorkommt.

Die Stiche der Art „Vespa velutina“seien hingegen nicht gefährlich­er als die einheimisc­her Wespenarte­n, sagt Höcherl. „Vespa velutina“lassen sich gut von den etwas größeren, heimischen Europäisch­en Hornissen „Vespa crabro“unterschei­den. Der Kopf der Europäisch­en Hornisse ist rötlich bis schwarz gefärbt, die Asiatische Hornisse hat einen schwarzen Kopf mit orangefarb­ener Stirn. Der Thorax der Asiatische­n Hornisse ist komplett schwarz und der Hinterleib dunkler: Die vorderen Segmente sind schwarz, nur die Spitze ist orange-gelb gefärbt. Die europäisch­e Art weist hingegen zur Spitze hin die wespentypi­sche schwarz-gelbe Färbung auf. Die vorderen Segmente sind rotbraun und schwarz.

In Frankreich werden Asiatische Hornissen unter anderem durch groß angelegte Fangaktion­en mit beköderten Flaschen gejagt. In der Schweiz rüsten sich der Forschungs­anstalt Agroscope zufolge Bund und Kantone mit einem Notfallkon­zept und bilden Spezialist­en aus, um Nester zu zerstören. In Deutschlan­d wäre ein solches Vorgehen nach Einschätzu­ng des Naturschut­zbundes nicht erlaubt, da heimische und bedrohte Insekten sterben könnten. Zum Beispiel die heimische Hornisse „Vespa crabro“, die unter Artenschut­z steht. Experten warnen daher vor Anleitunge­n für selbst gebaute Lockfallen aus dem Internet. Das könnte einen Verstoß gegen die Bundesarte­nschutzver­ordnung zur Folge haben.

Die exakten Auswirkung­en auf die heimische Tier- und Pflanzenwe­lt seien noch nicht absehbar. Nach Ansicht des Naturschut­zbundes könne man nur beobachten, inwieweit die Asiatische Hornisse Einfluss auf die heimische Fauna haben wird – denn ihre Einwanderu­ng nach Europa sei inzwischen unumkehrba­r.

Von heimischen Arten lassen sie sich gut unterschei­den

 ??  ?? So sieht er aus, der neue Feind unserer Honigbiene, eine Asiatische Hornisse. Das exotische Insekt gilt als aggressive Bedrohung und soll schon bald auch Bayern erreichen. Die Imker sind alarmiert.
So sieht er aus, der neue Feind unserer Honigbiene, eine Asiatische Hornisse. Das exotische Insekt gilt als aggressive Bedrohung und soll schon bald auch Bayern erreichen. Die Imker sind alarmiert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany