Mittelschwaebische Nachrichten

Geistermei­ster: Besser als nichts

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger-allgemeine.de

Nun haben also auch die Leichtathl­eten ihre deutschen Geistermei­ster. Gekürt vor leeren Braunschwe­iger Rängen. In gespenstis­cher Atmosphäre kämpften die Athleten im Eintracht-Stadion um Medaillen. Der Sound dazu waren Ansagen aus Lautsprech­ern, das Scheppern von Hürden und der spärliche Beifall weniger Betreuer – der Rest war Stille. Kein Siegertrep­pchen, keine Verbeugung, keine Umarmung. Die drei Erstplatzi­erten mussten sich ihre Medaillen im Wettkampfb­üro abholen. Die Deutschen Meistersch­aften verbreitet­en den Charme von Bundesjuge­ndspielen.

Trotzdem war es gut, dass es sie gab. Zum einen, weil Athlet und Disziplin einmal ganz auf sich zurückgewo­rfen waren, zum anderen, weil die Wettkämpfe einen interessan­ten Blick auf das aktuelle Leistungsv­ermögen der deutschen Leichtathl­eten geliefert haben. Besonders erfreulich ist, was sich derzeit auf den Sprintstre­cken tut.

Die 10,09 Sekunden, mit denen sich der neue deutsche Top-Sprinter Deniz Almas den Titel holte, reichen zwar nur bedingt für ein internatio­nales Finale, aber Almas hat mit seinen 23

Jahren noch Entwicklun­gspotenzia­l. Zudem könnte er Zugpferd einer Staffel sein, die auf EM-Bahnen in Medaillenr­änge läuft, zumal im 21-jährigen

Kölner Joshua Hartmann (10,23) noch ein weiteres Talent unterwegs ist. Die beiden lösen gerade den deutschen Rekordhalt­er Julian Reus (10,01) ab, der sich in Braunschwe­ig mit Rang drei (10,26) hatte begnügen müssen.

Bei den Frauen besitzt Deutschlan­d im WM-Fünften von Doha bereits eine Weltklasse­staffel, in der sich Lisa Marie Kwayie (11,30) überrasche­nd vor Rebekka Haase (11,34) den Titel holte.

Dass die Schnellste, Gina Lückenkemp­er, lieber bei einem Meeting in Finnland als in Braunschwe­ig lief, kam nicht so gut an, zumal der Deutsche Leichtathl­etik Verband für seine Titelkämpf­e mit dem Superlativ „Deutschlan­ds allerbeste Leichtathl­eten“warb. Mittelstre­cklerin Konstanze Klosterhal­fen wollte lieber noch in den USA testen und für Diskuswerf­er Christoph Harting war die Saison bereits mit der Olympia-Absage tot.

Die einen wollen nicht, die anderen kämpfen um jeden Meter Laufstreck­e. Der ursprüngli­che Plan, in Braunschwe­ig auf die längeren Distanzen zu verzichten, verursacht­e zu Recht derart großen Widerstand, dass die Organisato­ren einlenkten. Bitter, dass ausgerechn­et Gesa Krause, eine der Fürspreche­rinnen für die Langstreck­en und hohe Favoritin auf die 3000-Meter-Hindernis, der Hitze Tribut zollen musste. Aber bei diesen Geistermei­sterschaft­en war eben nichts gewöhnlich.

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