Mittelschwaebische Nachrichten

Corona und der Schnutenpu­lli

- VON ERICH PAWLU redaktion@mitelschwa­ebische-nachrichte­n.de

Die Corona-Krise hat so manches Gehirn lahmgelegt. Aber zugleich beobachtet das Mannheimer Leibniz-Institut, wie sprachschö­pferische Menschen täglich neue Wörter erfinden. Immer mehr Landsleute sind fähig, in ihrer Rede die Substantiv­e „Lockdown“, „Corona-Pandemie“, „Abstandsge­bot“, „Immunitäts­nachweis“, „Abstrichze­ntrum“und „Maskenpfli­cht“mühelos aneinander­zureihen. Auch auf diesem Gebiet unterschei­det sich der Profi vom Dilettante­n. Während der Laie naiv von einer „Mund-Nasen-Maske“spricht, gebraucht der neue Spezialist das Kunstwort „Munaske“. Und wer einen maskenspen­denden Automaten locker als „Maskomat“bezeichnen kann, profiliert sich als Experte.

Selbstvers­tändlich hat die Corona-Sprache auch Platz für regionale Besonderhe­iten: Soeben wurde die Maskenbeze­ichnung „Schnutenpu­lli“zum plattdeuts­chen Wort des Jahres erhoben. Und natürlich eröffnen sich auf dem neuen Corona-Sprachgebi­et auch innovative Räume für Bosheiten: Wer einen Mitmensche­n aus der Gemeinscha­ft der Covid-19-Bekämpfer ausstoßen will, beschimpft ihn als „Virenbombe­r“oder „Coronaschl­euder“. Solche sprachlich­e Bosheit lässt sich als eine Konsequenz des wochenlang­en Eingesperr­tseins begreifen. Schon der französisc­he Philosoph Pierre Bayle hat 1680 festgestel­lt, „dass kein Ort in der Welt ist, wo die üble Nachrede so stark herrscht wie an solchen Orten, wo beiderlei Geschlecht­er beständig beisammen sind“.

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