Mittelschwaebische Nachrichten
Corona und der Schnutenpulli
Die Corona-Krise hat so manches Gehirn lahmgelegt. Aber zugleich beobachtet das Mannheimer Leibniz-Institut, wie sprachschöpferische Menschen täglich neue Wörter erfinden. Immer mehr Landsleute sind fähig, in ihrer Rede die Substantive „Lockdown“, „Corona-Pandemie“, „Abstandsgebot“, „Immunitätsnachweis“, „Abstrichzentrum“und „Maskenpflicht“mühelos aneinanderzureihen. Auch auf diesem Gebiet unterscheidet sich der Profi vom Dilettanten. Während der Laie naiv von einer „Mund-Nasen-Maske“spricht, gebraucht der neue Spezialist das Kunstwort „Munaske“. Und wer einen maskenspendenden Automaten locker als „Maskomat“bezeichnen kann, profiliert sich als Experte.
Selbstverständlich hat die Corona-Sprache auch Platz für regionale Besonderheiten: Soeben wurde die Maskenbezeichnung „Schnutenpulli“zum plattdeutschen Wort des Jahres erhoben. Und natürlich eröffnen sich auf dem neuen Corona-Sprachgebiet auch innovative Räume für Bosheiten: Wer einen Mitmenschen aus der Gemeinschaft der Covid-19-Bekämpfer ausstoßen will, beschimpft ihn als „Virenbomber“oder „Coronaschleuder“. Solche sprachliche Bosheit lässt sich als eine Konsequenz des wochenlangen Eingesperrtseins begreifen. Schon der französische Philosoph Pierre Bayle hat 1680 festgestellt, „dass kein Ort in der Welt ist, wo die üble Nachrede so stark herrscht wie an solchen Orten, wo beiderlei Geschlechter beständig beisammen sind“.