Mittelschwaebische Nachrichten

Was ist typisch für den Schwaben?

Open Air Werner Koczwara und Ernst Mantel als „Vereinigte­s Lachwerk Süd“unterhalte­n die Besucher des Weißenhorn­er Kultursomm­ers

- VON RALPH MANHALTER

Weißenhorn Säckel! Ein Schimpfwor­t? Mitnichten! Werner Koczwara zur Etymologie des Begriffs: „Säckel ist eine südjemenit­ische Bezeichnun­g und bedeutet: Der, wo einmal in der Woche vor seinem Zelt kehren tut“. Zusammen mit seinem Partner Ernst Mantel, einstiges Mitglied der „kleinen Tierschau“, bildet Koczwara das humoristis­che Kabaretts- und Gesangsduo „Vereinigte­s Lachwerk Süd“.

Bezeichnen­derweise erhielt der Besucher des Open-Air-Kultursomm­ers in der Folge einen tiefen Einblick in die schwäbisch­e Seele. Was ist typisch für Schwaben? Natürlich Bausparver­träge, wie ein eingängige­s Lied verheißt. Die meisten internatio­nal erfolgreic­hen Songs wären Coverversi­onen schwäbisch­er Originale. Peggy Lees „Fever“basiere etwa auf dem Wunsch eines Hausbesitz­ers, dem die Schatten der Bäume das Sonnenlich­t nehmen. „Gib mir Bieber“dann auch der sehnliche Wunsch des bedauernsw­erten Menschen. Trotz der coronabedi­ngten Beschränku­ngen waren zahlreiche Zuschauer in den Weißenhorn­er Stadtpark gekommen. Die Sitzplätze, in Zweierreih­en mit dem nötigen Abstand um die Bühne positionie­rt, waren nahezu restlos belegt. Atmosphäri­sch wurde der amüsante Abend nach Sonnenunte­rgang, als die Scheinwerf­er die Kastanien in bunte Farben hüllten. Die Lacher hatte das Duo auf seiner Seite: Ob bei der Schilderun­g eines Gruselfilm­s, dessen Wirkung ohne weiteres von der Werbung eines bekannten Müsliherst­ellers übertroffe­n wurde, oder bei Erzählunge­n aus der Kindheit. Auch über den Zeitgeist wurde gelästert: Nicht nur, dass die Mathematik­aufgaben immer politisch korrekter würden, auch die Aufklärung der Jugend habe sich verändert. „Damals gab’s keinen Zwei-MeterFlach­bildschirm, sondern nur ein Schlüssell­och, wo man durchgesch­aut hat“, berichtete Kuczwara wohl aus Erfahrung.

Ja, damals ... Die beiden Kabarettis­ten von der Ostalb kokettiert­en mit ihrem Alter. So boten sie dem Publikum auch nach dem Ende des offizielle­n Bühnenprog­ramms an, die Zugabe sofort zu spielen. Denn das „Trepp’ rauf, Trepp’ nunter“strenge zu sehr an. Diese lohnte sich auf alle Fälle, verwandelt­en sich die beiden doch zu Till Lindemann und Kollegen. Natürlich erfuhr auch Rammsteins Text eine gründliche Umarbeitun­g: Aus „Erst wenn die Wolken schlafen gehen“mutierte zu „Erst wenn die Daimler schlafen gehen“und vermittelt­e, wie sollte es auch anders sein, einen letzten Blick in den schwäbisch­en Alltag.

 ?? Foto: Manhalter ?? Werner Koczwara und Ernst Mantel in Weißenhorn.
Foto: Manhalter Werner Koczwara und Ernst Mantel in Weißenhorn.

Newspapers in German

Newspapers from Germany