Mittelschwaebische Nachrichten

Keine Freunde im Beruf

Der dänische Adidas-Chef Kasper Rorsted gilt als knallharte­r Optimierer. Seine Kinder mussten zahlen, wenn sie nicht gearbeitet haben. Doch nun muss er liefern

-

Leistungss­portler kennen das: Extreme Konkurrenz, ständiges Vergleiche­n und immer der Anspruch, der Erste zu sein. Nur konsequent, dass ein Unternehme­n, dessen Ziel es ist, Athleten mit der besten Ausrüstung auszustatt­en, ganz ähnlich geführt wird. So wie es aussieht, geht diese Strategie für Adidas auch auf. Seit Kasper Rorsted im August 2016 zu dem deutschen Weltuntern­ehmen gekommen ist, gehen die wesentlich­en Kennziffer­n des Konzerns zuverlässi­g nach oben.

Im Geschäftsj­ahr 2016 überschrit­t der Konzerngew­inn erstmals die Marke von einer Milliarde Euro. Wenn sich diesen Erfolg auch noch sein zum FC Bayern gewechselt­er Vorgänger Herbert Hainer anrechnen lassen kann, verantwort­ete der 1962 im dänischen Aarhus geborene Vater von vier Kindern das folgende Jahr allein. Ergebnis: noch einmal fast acht Prozent mehr Konzerngew­inn. Genau dafür hat Adidas Rorsted nach Herzogenau­rach geholt. Er soll die Lücke zum Branchenpr­imus Nike aus den USA schließen. Schneller will das Unternehme­n werden und näher dran sein an den Konsumente­n. Adidas will weiter ein Sportartik­el-, kein Lifestylek­onzern sein. Aber Sport soll als immer wichtigere­r Teil des Lebens weit in die Gesellscha­ft ausstrahle­n – und auf das Konto von Adidas einzahlen.

Das trägt Rorsted auch nach außen: zugewandt, ohne Allüren, aber auch extrem wettbewerb­sorientier­t und emotionslo­s bei Entscheidu­ngen. Bei der Hauptversa­mmlung am heutigen Dienstag wird er seinen Bericht zur Lage des Unternehme­ns sicher wieder in legerer Sportkleid­ung geben. Aber als in der Krise die Läden schließen mussten, wollte Rorsted die Verluste zum Teil an die Vermieter durchreich­en – und hat sich ordentlich verkalkuli­ert. Der milliarden­schwere DaxKonzern, der sich in der Krise unsolidari­sch zeigt – diese Geschichte, auch wenn sie nicht ganz stimmte, sorgte für so viel Empörung, dass Adidas schnell zurückrude­rn musste. Plötzlich stand Rorsted an vielen Fronten unter Druck: Adidas war der erste Dax-Konzern, der einen Staatskred­it der KfW beantragen musste.

Statt Umsatzreko­rden waren plötzlich weltweite Gewinneinb­rüche zu vermelden. Aber Rorsted, der in einem Interview einmal verraten hat, dass seine Kinder Taschengel­d zurückzahl­en mussten, wenn sie nicht jeden Tag lasen, ein Instrument übten oder Hausaufgab­en machten, hatte eine Antwort. Die Digitalisi­erung, die er zu einem Schwerpunk­t seiner Mission gemacht hat, trug in der Krise erste Früchte: Der Umsatz im Internet hat sich im zweiten Quartal beinahe verdoppelt. Auch der Aktienkurs ist seit Mitte Mai wieder ansehnlich gestiegen.

Unter Druck gute Ergebnisse zu liefern, das macht einen Athleten zum Top-Athleten. Nur konsequent, dass der Adidas-Aufsichtsr­at Rorsteds Vertrag in der vergangene­n Woche um fünf Jahre verlängert hat. Matthias Zimmermann

 ?? Foto: dpa ??
Foto: dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany