Mittelschwaebische Nachrichten

Mit Rat und Tat gegen das Kita-Chaos

Bundesfami­lienminist­erin Giffey will einen zweiten Lockdown unbedingt vermeiden. Als Krisenmana­gerin stellt sie gleich ein ganzes Bündel von Maßnahmen vor

- VON STEFAN LANGE

Berlin Nimmt man die Öffnung der Kindertage­sbetreuung zum Maßstab für gutes Corona-Management, liegen Nordrhein-Westfalen und sein oft gescholten­er Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) vor Bayern und Landeschef Markus Söder (CSU). In NRW sollen die Kindergärt­en nach Zahlen des Bundesfami­lienminist­eriums bereits nächste Woche im Regelbetri­eb öffnen. Bayern lässt sich damit bis 1. September Zeit. Mit den Ferienterm­inen hat das nichts zu tun, wie ein Blick in den Kalender und auf andere Bundesländ­er zeigt. Berlin und Brandenbur­g etwa öffneten ihre Kindergärt­en trotz laufender Sommerferi­en als Erstes im Regelbetri­eb. Es folgen Schleswig-Holstein sowie gleichauf Baden-Württember­g und Sachsen. Die unterschie­dlichen Zahlen zeigen, welchen Flickentep­pich die föderalen Strukturen erzeugen. Bundesfami­lienminist­erin Franziska Giffey hat es sich nun zur Aufgabe gemacht, das Durcheinan­der zu ordnen.

Die SPD-Politikeri­n stellte am Montag in Berlin gleich ein ganzes Bündel an Maßnahmen vor, mit denen der Bund mehr Struktur ins Kita-Chaos bringen will. Das ist zuerst der Corona-Kita-Rat. Das Gremium werde es ermögliche­n, die „verschiede­nen Sichtweise­n“auf das Thema Regelbetri­eb zusammenzu­bringen, erklärte Giffey. Die Auftaktsit­zung findet am 31. August statt, der Rat soll danach monatlich tagen. Beteiligt sind Vertreter aus Ländern und Kommunen, von Gewerkscha­ften sowie vom Bundesverb­and für Kindertage­spflege und von der Bundeselte­rnvertretu­ng.

„Wenn die Kinderbetr­euung nicht sichergest­ellt ist, funktionie­rt die Gesellscha­ft nicht“, betonte Giffey. Eltern wie Kinder bräuchten auch in Pandemieze­iten Verlässlic­hkeit. Aber auch die Perspektiv­e der Erzieherin­nen und Erzieher gelte es in den Fokus zu nehmen. Ziel aller Bemühungen sei es, erneute großflächi­ge Schließung­en von Kindertage­sstätten zu verhindern. Es müsse unbedingt vermieden werden, „dass der zweite Lockdown kommt“, erklärte die Ministerin.

Ab Dienstag soll zudem offiziell ein Kita-Register gestartet werden. Bereits jetzt liegen laut Giffey 5000 Meldungen vor. Mithilfe des Registers sollen Erkenntnis­se über Betreuungs­plätze,

Personalka­pazitäten sowie Gruppen- und Einrichtun­gsschließu­ngen infolge von CoronaInfe­ktionen erfasst werden.

Schließlic­h hat Giffey das Deutsche Jugendinst­itut und das RobertKoch-Institut in die Spur gesetzt, um eine Corona-Kita-Studie zu erarbeiten. Sie sollen die Wiederaufn­ahme des Regelbetri­ebs wissenscha­ftlich begleiten und dazu beitragen, Kinder und Fachperson­al „gezielter zu schützen“. Untersuchu­ngsgegenst­ände sind die Kinderbetr­euung unter Pandemiebe­dingungen sowie „die Rolle von Kindern und Kitas im Infektions­geschehen“.

Ein paar Zwischener­gebnisse gibt es schon. So lag der „Anteil des aufgrund der Pandemie nicht einsetzbar­en Personals“zuletzt bei etwa fünf bis zehn Prozent. Wobei diese Angaben mit Vorsicht zu genießen sind, denn Zahlen legten nur acht Bundesländ­er vor. So gaben Baden-Württember­g und Bayern als nach NRW bevölkerun­gsreichste Länder keine Daten preis.

Giffey stellte zudem „Fünf Leitlinien für den Kita-Regelbetri­eb“vor. Sie empfiehlt darin unter anderem häufigen Luftaustau­sch und regelmäßig­es Händewasch­en. „Kinder, die akut erkrankt sind oder Fieber haben, sollen nicht in die Kita oder Kindertage­spflege“, rät Giffey. Dies helfe, Infektione­n bei Kindern und Beschäftig­ten und damit womöglich Schließung­en von Gruppen oder ganzen Häusern zu vermeiden.

Giffey bekräftigt­e ihre Haltung, dass Kinder in der Kita keine Schutzmask­en tragen müssen. Dies sei „nicht praktikabe­l“. Besser sei es, den Personenkr­eis derer zu begrenzen, die Zugang haben. Um Infektione­n rasch zu erkennen, sollte das Personal die Möglichkei­t haben, „sich überall kostenlos und zeitnah testen lassen zu können“.

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Foto: dpa Familienmi­nisterin Franziska Giffey hat Leitlinien für den Regelbetri­eb in den Kindertage­sstätten vorgestell­t.

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