Mittelschwaebische Nachrichten

Der bayerische Old Shatterhan­d will die Welt verbessern

Wolfgang Berger präsentier­t „Winnetou I“im Dialekt – aber nicht zur Gaudi

- VON ULI BACHMEIER

Wittibreut Tiefer in Niederbaye­rn geht kaum. Die Weiler hier in der traumhaft schönen Gegend nördlich von Simbach am Inn tragen so klangvolle Namen wie Bröcklöd, Rampelhub, Freiöd oder Hötzl. Mittendrin im Dreieck der Bundesstra­ßen 12, 20 und 388 liegt hinter den steilen Hügeln zwischen den Flüssen Rott und Inn die 2000-Einwohner-Gemeinde Wittibreut. Hier wohnt der bayerische Old Shatterhan­d – oder genauer: Der Mann, der Old Shatterhan­d und seinen Blutsbrude­r Winnetou, den edlen Häuptling der Apachen, in der WesternCit­y in Dasing zu Bayern gemacht hat. Er heißt Wolfgang Berger. Sein Künstlerna­me: „Der Fälscher“.

Das passt freilich nur insofern, als schon die „Reiseberic­hte“gefälscht waren, mit denen der mehrfach verurteilt­e Dieb, Betrüger und Hochstaple­r Karl May als Schriftste­ller Weltruhm erlangte. Der in Radebeul in Sachsen geborene May hat in seinen Abenteuerr­omanen nicht nur fantasiert, was das Zeug hält. Er hat mit Winnetou auch den wahrschein­lich edelsten „Wilden“geschaffen, den die deutsche Literatur kennt. Diese Figur und die humanistis­che Philosophi­e seines Alter Ego Karl May alias Old Shatterhan­d haben es Wolfgang Berger seit seiner Kindheit angetan. Und anders als der Künstlerna­me vermuten lässt, versucht „der Fälscher“den echten Winnetou und seine Liebe zum Menschen zum Leben zu erwecken.

Dass das in bayerische­r Mundart geschieht, ist Zufall. „Wenn ich Sachse wäre, hätte ich es auf sächsisch gemacht“, sagt Berger. Und dass es in der Western-City in Dasing geschieht, ist der Corona-Pandemie

geschuldet. Die bei den „Süddeutsch­en Karl May-Festspiele­n“ursprüngli­ch geplante große Inszenieru­ng „Winnetou & Kapitän Kaiman“hatte abgesagt werden müssen. Und so ist aus Bergers Lesung „Winnetou I auf bayrisch“auf die Schnelle ein Theaterstü­ck geworden, das bei den Western-Fans offenbar sehr gut ankommt.

Anders als viele erwarten, ist Bergers Stück keine bayerische Gaudi-Variante von Bully Herbigs „Schuh des Manitu“.

„Der Bully hat eine Persiflage gemacht.

Er hat die Winnetou-Filme veralbert.

Wir haben versucht, den Stoff respektvol­l umzusetzen“, sagt Berger. Er kritisiert die Komödie Herbigs nicht, aber er will zurück zu der eigentlich­en Geschichte der berühmten „Blutsbrüde­r“, die von Freundscha­ft, Völkervers­tändigung und gelebten christlich­en Werten handelt.

Berger (Jahrgang 1971, verheirate­t, eine erwachsene Tochter) ist gelernter Krankenpfl­eger und Pflegedien­stleiter, steht aber als selbststän­diger Allroundkü­nstler schon seit 30 Jahren auf der Bühne. Er bietet seine Dienste an als „Kabarettis­t, Liedermach­er, Musikkabar­ettist, Moderator, Schauspiel­er, Sänger, Werbetexte­r, Radiospotp­roduzent und Redner“. In Schulen tritt er mit

Wolfgang Berger schrieb das Theaterstü­ck für die Süddeutsch­en Karl MayFestspi­ele werteorien­tierten Programmen auf. Wie vielen anderen Solo-Selbststän­digen hat auch ihm die Corona-Krise das Jahresprog­ramm vermasselt. Die Auftritte in der Western-City in Dasing kamen da wie gerufen.

Und sie bieten ihm die Möglichkei­t, die Seite von Karl May in den Vordergrun­d zu rücken, die ihn ganz persönlich seit seiner Kindheit fasziniert. Karl May wollte, wie Berger sagt, die Welt verbessern. Seine Kernbotsch­aft sei die eines „freundlich­en, friedliche­n Miteinande­rs“. Auch er sehe sich als Weltverbes­serer. Dass Künstler mit diesem Anspruch nicht selten als Besserwiss­er verlacht werden, stört ihn nicht. Im Unterschie­d zu Comedy wolle das klassische Kabarett schon immer Denkanstöß­e geben, sagte er und fügt hinzu: „Wer das heute versucht, ist „automatisc­h ein Besserwiss­er“.

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Foto: Berger

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