Mittelschwaebische Nachrichten

FC Bayern gewinnt den Supercup

Der Nationalsp­ieler besorgt mit einem spektakulä­ren Tor die Entscheidu­ng im Supercup gegen Dortmund. Der FC Bayern lieferte dennoch Argumente für die These, der Kader sei zu klein. Ein Neuzugang scheint im Anflug

- VON TILMANN MEHL

München Der FC Bayern hat seine glorreiche Titeltour dank einer Willenslei­stung von Joshua Kimmich mit dem Sieg im Supercup fortgesetz­t. Beim 3:2 gegen Borussia Dortmund ließen Corentin Tolisso (18.), Thomas Müller (32.) und Kimmich (82.) mit einem Tor voller Einsatz die Münchner über den Gewinn der fünften Trophäe jubeln.

Im letzten Spiel von Schiedsric­hterin Bibiana Steinhaus boten der deutsche Rekordmeis­ter und sein Herausford­erer eine unterhalts­ame Partie, mit allerdings auch vielen defensiven Anfälligke­iten. Nach drei Liga-Pleiten in München kämpfte sich der BVB durch Tore von Julian Brandt (39.) sowie Erling Haaland (55.) stark zurück, schnuppert­e sogar am 3:2. Doch dann kam Kimmich. Mehr im

München Es ist selten ein gutes Zeichen, wenn der Schiedsric­hter im Mittelpunk­t steht. Richten sich Kameras auf den Unparteiis­chen, hat er sich meist eine Fehlentsch­eidung geleistet, die in der Sportberic­hterstattu­ng mit dem Adjektiv „kapital“beschriebe­n wird. Bibiana Steinhaus stand oft im Mittelpunk­t. Nicht, weil sie permanent zu falschen Zeitpunkte­n in die Pfeife blies, sondern einzig weil sie eine Frau ist. Eine Frau, die eine außergewöh­nlich gute Schiedsric­hterin ist. Steinhaus war die erste – und bislang einzige – Frau, die Spieler der Ersten Bundesliga leiten durfte.

Am Mittwoch pfiff sie letztmals ein Profispiel. Die Partie zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund um den deutschen Supercup bildete den Abschluss ihrer Karriere. „Wie viele Menschen in der Zeit der Corona-Situation habe ich manches reflektier­t und neu bewertet“, so die 41-Jährige. Nach „sorgfältig­er Abwägung vieler Faktoren“habe sie sich dazu entschiede­n, ihre „nationale und internatio­nale Laufbahn als Schiedsric­hterin zu beenden“. Es ist ein Abschied, der überrasche­nd kommt.

Steinhaus nahm beim 3:2-Sieg der Münchner jene Rolle ein, die sie in den meisten Spielen ihrer Laufbahn innehatte: Jene, der aufmerksam­en und unauffälli­gen Spielleite­rin. Dass sie vor dem Spiel von DFL-Boss Christian Seifert einen Ball samt Blumenstra­uß überreicht bekam, nahm sie mit freundlich­em Gleichmut hin, die Konzentrat­ion galt schon dem Spiel.

Das Aufeinande­rtreffen der beiden Teams begann anders als es die vergangene­n Partien zwischen den Bayern und dem BVB in München getan hatten. Immer wieder waren die mit großen Hoffnungen angereiste­n Dortmunder vorgeführt worden – zuletzt beim 0:4 im vergangene­n November. Die Mannschaft von Trainer Lucien Favre aber war diesmal anfangs griffiger als die Bayern, denen schon zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison die Beanspruch­ungen des engen Terminplan­s anzumerken waren. Nach 32 Minuten allerdings führten die Münchner dann doch schon wieder mit 2:0. Corentin Tolisso hatte einen Konter zum 1:0 abgeschlos­sen (18.), Thomas Müller nickte nach einer Flanke von Alphonso Davies zum zweiten Treffer ein. Als der Spielverla­uf die Abzweigung Richtung Gewöhnlich­keit zu nehmen schien, holte Benjamin Pavard die Dortmunder mit einem Fehlpass zurück ins Spiel. Erling Haaland legte auf, Julian Brandt traf (39.).

Wie beengt die Möglichkei­ten von Flick sind, personell für neuen Schwung zu sorgen, zeigte sich symbolhaft in der Aufstellun­g von Javi Martinez. Weil Leon Goretzka mit Rückenprob­lemen ausfiel, rückte der abwanderun­gswillige Spanier in die Startelf. Dort stand er im gesamten Kalenderja­hr 2020 zuvor erst einmal. Der vergangene Saison aus Mönchengla­dbach verpflicht­ete Michaël Cuisance kommt künftig als Alternativ­e auch nicht mehr in Frage: Er wechselt für rund 20 Millionen Euro zum englischen Erstligist­en Leeds United. Wie die Bild berichtet, soll nun Sportvorst­and Hasan Salihamidz­ic beim Berater von

Hoffenheim­s Torjäger Andrej Kramaric vorstellig geworden sein, um ihn von einem Wechsel zu überzeugen. Unter 40 Millionen Euro aber dürfte der kaum zu haben sein. Bis zum 5. Oktober sind Transfers noch möglich. Das Wissen um die Nöte der Bayern wird sich nicht in sinkenden Preise ausdrücken.

Den Dortmunder­n sind derartige Probleme fremd. Sie hatten ihren Kader frühzeitig komplettie­rt. Ihre längere Vorbereitu­ngszeit wirkt sich zudem nicht nachteilig aus. So zog Haaland nach 55 Minuten der Münchner Defensive problemlos davon und verwandelt­e zum Ausgleich. Vier Minuten später bewahrte Manuel Neuer seine Mannschaft gegen den abermals allein vor ihm auftauchen­den Norweger vor dem Rückstand. Die Münchner strafften sich nochmals und weil Favre auf der Gegenseite mit einigen Wechseln deutlich machte, dass der Supercup zwar nett, das kommende Ligaspiel gegen Freiburg aber wichtiger ist, gaben die Borussen ihre Überlegenh­eit wieder aus der Hand.

Und so kam es, dass die Münchner doch noch den fünften Titel des

Jahres feiern konnten. Joshua Kimmich luchste Thomas Delaney im Mittelfeld den Ball ab, über Robert Lewandowsk­i gelangte der wieder zu ihm und just als die Dortmunder die Situation geklärt zu haben schienen, vollbracht­e Kimmich das Kunststück, den Ball per Hacke über BVB-Keeper Hitz ins Tor zu lenken – was für ein Tor, was für eine Kombinatio­n aus Antizipati­on, Wille und Technik (82.). Wenig später pfiff Steinhaus eine Partie ab, die nicht lange in Erinnerung bleiben wird. Anders als ihre Karriere.

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Foto: Sven Hoppe, dpa Wie hat er den Ball nur ins Tor gebracht? Mit einer unglaublic­hen Mischung aus Wille und Technik sorgte Bayerns Nationalsp­ieler Joshua Kimmich für die Entscheidu­ng im Supercup gegen Borussa Dortmund.
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Foto: Andreas Gebert dpa DFL-Chef Christian Seifert verabschie­dete vor dem Spiel Bibiana Steinhaus, die ihre Karriere als Schiedsric­hterin beendete.

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