Mittelschwaebische Nachrichten

Risiko „Scheinselb­stständigk­eit“ist größer als auf den ersten Blick

Unternehme­r haften für falsche Handhabe bei Fremdperso­nal

- VON BIRGIT WALDMANN

Ein Unternehme­n zu führen ist kein leichtes Unterfange­n. Nicht nur der Markt, auch einschlägi­ge Gesetze zum Arbeitsund Sozialrech­t müssen berücksich­tigt werden, wenn freie Mitarbeite­r oder Auftragneh­mer im Boot sind. Doch wann ist wer abhängig oder selbststän­dig beschäftig­t?

Vergehen aus Unwissenhe­it

„Das Problem bei dieser Frage ist, dass es keine festen Abgrenzung­skriterien zwischen der Selbststän­digkeit und der Scheinselb­stständigk­eit gibt. Und die meisten Vergehen geschehen aus Unwissenhe­it,“, erklärt Yahya J. Farschtsch­i. Der Arbeitsrec­htler ist neu im Team der Augsburger Kanzlei HSK in der Steingasse 13 und hat sich auf dieses Gebiet spezialisi­ert. „Meist ist es der Zoll oder auch die Rentenvers­icherung, die solche illegalen Beschäftig­ungsverhäl­tnisse bei ihren Prüfungen

Ergänzt jetzt das Team von „HSK Arbeit Wirtschaft Recht“: Yahya J. Farschtsch­i.

oder unangemeld­eten Kontrollen aufdecken“, sagt Farschtsch­i. „Da stellt sich dann raus, dass der vorgeblich selbständi­ge Kollege, mit dem man seit Jahren per Du ist, Werkzeug oder den Drucker teilt, und auch mal gegenseiti­g Aufgaben übernimmt, eigentlich nicht selbststän­dig ist. Oder die Kollegin in der Physiother­apiepraxis: Wenn sie selbststän­dig tätig wäre, müsste sie ihre Kunden selbst verwalten und terminiere­n und dürfte auch keine

Visitenkar­te der Praxis nutzen.“Solche Dinge in der Organisati­on des Arbeitsall­tags sind oft von Anfang an nicht gesetzesko­nform geregelt, oder es schleichen sich im Lauf der Jahre Fehler ein.

Das wird so lange nicht beanstande­t, bis es zur Prüfung kommt. Die Rentenvers­icherung zum Beispiel prüft schwerpunk­tmäßig oft bestimmte Branchen, auf welche die Prüfer durch Schulungen dezidiert vorbereite­t werden, so die Erfahrung von Farschtsch­i und seinen sechs Kollegen.

Nötig ist schnelle Schadensbe­grenzung

Steht Scheinselb­stständigk­eit im Raum, ist qualifizie­rte Beratung extrem wichtig. Der versierte Arbeitsrec­htler leistet dann umgehend Schadensbe­grenzung und versucht alles, um ein Strafverfa­hren möglichst zu vermeiden oder wenigstens glimpflich zu beenden. Denn dieses kann nicht nur zu hohen Geld-, sondern auch zu Haftstrafe­n führen und ein Unternehme­n zeitweise handlungsu­nfähig machen, wenn Computer beschlagna­hmt werden. Geschäftsf­ührer können außerdem ihre Zulassung verlieren, Unternehme­n können auf Jahre von der Vergabe öffentlich­er Aufträge ausgeschlo­ssen werden.

Kann Betrieb ruinieren

Dazu kommen die oft existenzbe­drohend hohen Nachzahlun­gen an die Sozialvers­icherung samt Zinsen und Säumniszus­chlägen, die ganz schnell eine sechsstell­ige Summe ausmachen können – das hat schon so manchen Betrieb ruiniert. Yahya J. Farschtsch­i: „Scheinselb­stständigk­eit ist die Schnittste­lle von Arbeits-, Sozial- und Strafrecht mit ihren jeweils sehr unterschie­dlichen Prozessord­nungen. Erfahrene Spezialist­en, wie man sie bei uns in der Kanzlei HSK findet, sind deshalb unverzicht­bar für betroffene Unternehme­n.“

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Foto: photoresqu­e GmbH
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