Mittelschwaebische Nachrichten
Bayerns grüne Staatskanzlei
Statt Florentiner Seide zieren tropische Pflanzen die Wände im Kabinettssaal. Was es mit dem „Tapetenwechsel“auf sich hat
München Grüner geht’s fast nimmer. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will es so. Rund 30 Jahre lang zierte edle Florentiner Seide die Wände im Ministerratssaal der Bayerischen Staatskanzlei. Jetzt wachsen dort, wo normalerweise das Kabinett tagt, Farne und anderes kleinblättriges tropisches Grünzeug.
„Im Grunde ist das ein Tapetenwechsel“, sagt Söder, als er am Donnerstagvormittag die Fotografen und Fernsehteams empfängt. Die ganze Staatskanzlei sei schließlich grüner und ökologischer geworden. Da sei dieses „Bekenntnis zur Natur und zum Erhalt der Schöpfung“nur folgerichtig. Als parteipolitisches Bekenntnis zu einer möglichen schwarz-grünen Koalition will er die Neugestaltung des Raumes allerdings nicht verstanden wissen. „Pflanzen sind halt nun mal grün und nicht schwarz, gelb oder rot“, sagt Söder und betont auch gleich noch, dass grüne Wände eine ökologische Politik selbstverständlich nicht ersetzen können.
Die Gelegenheit für die Neugestaltung des Raumes, der 27 Jahre nach der Fertigstellung der neuen
Staatskanzlei schon länger als renovierungsbedürftig galt, war günstig. Seit die Corona-Pandemie zum Abstandhalten zwingt, tagt das Kabinett im großen Kuppelsaal.
Die Pflanzen an den Wänden wachsen in kleinen Töpfen, die von oben bewässert werden. Das überschüssige Wasser sammelt sich unten in integrierten Auffangbehältern. Und das Ganze hat, wie Mitarbeiter der Staatskanzlei erklären, nicht nur optische Effekte. Es sei auch gut fürs Raumklima. Bisher sei es hier drinnen „eher trocken“gewesen. Nun sorgen die tropischen Pflanzen für eine optimale Luftfeuchtigkeit
zwischen 40 und 60 Prozent. So, wie er jetzt gestaltet ist, finden sich im Ministerratssaal die Spuren von drei Ministerpräsidenten. Die eher luxuriösen Elemente – der ovale Konferenztisch unter der ovalen Lichtdecke – gehen noch auf Max Streibl zurück. Die einfachen Stühle hat Edmund Stoiber ausgesucht. Unter Söder wurden jetzt die Wände neu gestaltet und die alte, zerkratzte Tischplatte ersetzt. Horst Seehofer hat in dem Saal keine sichtbaren Spuren hinterlassen. Er hat die bayerische Machtzentrale so verlassen, wie er sie bei seinem Amtsantritt vorgefunden hatte.