Mittelschwaebische Nachrichten

Wie viel bekommen Opfer?

Missbrauch: Bistum Augsburg berät über Entschädig­ungen

- VON DANIEL WIRSCHING

Augsburg Gleich in seinem ersten großen Interview nach seiner Ernennung sagte der neue Augsburger Bischof Bertram Meier unserer Redaktion etwas, das bundesweit Beachtung fand: Er könne sich Zahlungen in Höhe von 25000 Euro an Missbrauch­sopfer vorstellen, „in schweren Fällen aber auch mehr“. Kirchenste­uermittel wolle er nicht dafür verwenden. Eine Entschädig­ung von bis zu 400 000 Euro für das lebenslang­e Leiden von Missbrauch­sopfern, wie das Opfervertr­eter gefordert hatten, lehnte er ab. Das war Anfang Februar.

Im Juni machte der katholisch­e Oberhirte erneut Schlagzeil­en: Das Bistum Augsburg kündigte an, über bislang geleistete Beträge von in der Regel 5000 Euro deutlich hinauszuge­hen. Fortan würden Einmalzahl­ungen von bis zu 25000 Euro geleistet – sowie zudem monatliche Zahlungen an Opfer, die ihren Lebensunte­rhalt nicht selbst bestreiten könnten. Für sie sei ein Gesamtbetr­ag von maximal 75 000 Euro möglich. Damit befand sich das Bistum Augsburg – nach dem Erzbistum Freiburg – in einer Vorreiterr­olle. „Ich wollte hier nicht länger zuwarten und die betroffene­n Personen vertrösten“, sagte Bertram Meier.

Im September dann beschloss die Deutsche Bischofsko­nferenz, der Zusammensc­hluss aller Bischöfe,

Verwirrung um Höhe der Zahlungen

auf ihrer Vollversam­mlung in Fulda einheitlic­he Einmalzahl­ungen von bis zu 50000 Euro von Januar 2021 an. Über die je nach Schwere des Missbrauch­sfalls unterschie­dliche Höhe solle ein unabhängig­es Entscheidu­ngsgremium beraten. Was zu der Frage führt: Was gilt denn nun im Bistum Augsburg?

Bertram Meier erklärte bereits, den Beschluss der Bischöfe umsetzen zu wollen. Am Montag sagte ein Bistumsspr­echer auf Anfrage aber: Bis auf Weiteres werde die seit Juni gültige diözesane Regelung in Kraft bleiben. „Dies betrifft zunächst auch die Höhe beziehungs­weise Summe der Zahlungen.“Derzeit liege für die von der Deutschen Bischofsko­nferenz beschlosse­ne Neuregelun­g noch keine finale Verfahrens­ordnung vor. „Von dieser wird jedoch die Beschlussf­assung der Diözese abhängen.“Eine Entscheidu­ng könnte nach Informatio­nen unserer Redaktion noch im Oktober fallen. Was aber ist damit genau gemeint? Könnte es etwa das Ende der monatliche­n Zahlungen im Bistum Augsburg bedeuten? Derzeit herrscht darüber Unklarheit. Was auch damit zu tun hat, dass sich die Bischöfe aller 27 (Erz-)Diözesen in Deutschlan­d nur auf „einen einheitlic­hen Leistungsr­ahmen“geeinigt haben – und eben noch nicht auf eine detaillier­te Verfahrens­ordnung.

Fest steht dagegen: In den vergangene­n Jahren zahlte die Diözese Augsburg in 127 Fällen Geld „in Anerkennun­g des Leids“sowie für therapeuti­sche Hilfen – insgesamt knapp 777000 Euro. Im Rahmen der zum 1. Juni in Kraft getretenen Anerkennun­gs- und Unterstütz­ungsordnun­g seien bislang acht Fälle behandelt und entschiede­n worden. Überwiegen­d handele es sich dabei um Fälle körperlich­er Gewalt. Zwei von ihnen seien neu bekannt geworden.

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